Kreistagsbeschluss - Elbe-Elster-Klinikum soll mit neuer Struktur gerettet werden

Di 11.07.23 | 13:13 Uhr
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Das Krankenhaus in Finsterwalde (Foto: rbb/Schiller)
Audio: Antenne Brandenburg | 11.07.2023 | Daniel Friedrich | Bild: rbb/Schiller

Hohe Energiepreise, Inflation, Fachkräftemangel und weniger Patienten: eine herausfordernde Gemengelage, heißt es vom Elbe-Elster-Klinikum. Das soll raus aus der wirtschaftlichen Schieflage. In einer Sondersitzung hat der Kreistag entschieden, wie.

Das wirtschaftlich angeschlagene Elbe-Elster-Klinikum soll umstrukturiert werden. Der Kreistag hat in einer Abstimmung Montagabend in einer Sondersitzung mehrheitlich den Landrat beauftragt, das angeschobene "3+1-Konzept" weiterzuverfolgen und es Land und Bund vorzustellen.

Das Klinikum, das zu 100 Prozent in der Hand des Landkreises ist, soll auf diese Weise gerettet und die medizinische Versorgung in dem Flächenlandkreis aufrechterhalten werden.

Standorte erhalten - neue Klinik bauen

Nach dem Konzept würden die drei Klinikstandorte Herzberg, Elsterwerda und Finsterwalde erhalten bleiben und zu ambulant-stationären Gesundheitszentren umfunktioniert werden. Darin wären verschiedene Ärzte unter einem Dach, die eine Grundversorgung absichern und die kleinere Eingriffe durchführen könnten.

Der Schwerpunkt soll auf die ambulante Behandlung gelegt werden, bei der keine Übernachtung im Krankenhaus nötig ist. "Immer mehr Behandlungen erfolgen ambulant", heißt es in der Beschlussvorlage [ratsinfo-online.net]. "In der bisherigen Struktur und Größe werden die drei Krankenhausstandorte auf Dauer nicht bestehen bleiben können."

Darüber hinaus soll ein neues Krankenhaus gebaut werden, in dem laut Beschlussvorlage "über eine reine Grundversorgung hinaus auch komplexe medizinische Fälle wie Herzinfarkte und Schlaganfälle auf hohem medizinischem Niveau" behandelt werden können. Damit würde auch die Qualität des Elbe-Elster-Klinikums steigen, das im Moment ein Haus der gehobenen Grundversorgung ist, sagte Landkreissprecher Torsten Hoffgaard.

Ein genauer Standort muss noch gesucht werden, es soll aber zentral im Landkreis sein. Nach ersten Schätzungen würde die Umstrukturierung etwa 150 Millionen Euro kosten.

Die Neuaufstellung steht auch im Zusammenhang mit der geplanten Krankenhausreform des Bundes [tagesschau.de], über die seit Monaten diskutiert wird und in der Bund und Länder sich am Montag auf einen Kompromiss verständigten.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft befürchtet trotz Krankenhausreform Klinikschließungen. "Das ist unsere größte Sorgen, dass in den kommenden Jahren, bevor die Reform überhaupt wirken kann, viele kleine Krankenhäuser gerade im ländlichen Raum wegfallen werden", sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin".

Manche Abteilung nur dank Fremdpersonal offen

Die finanzielle Lage des Elbe-Elster-Klinikums ist so angespannt wie noch nie. "Wir werden in diesem Jahr erstmals ein negatives Ergebnis erzielen", sagte Landrat Christian Jaschinski (CDU) vergangene Woche dem rbb. Erwartet werde ein Verlust von neun Millionen Euro. Das ergäben die ersten Zahlen aus den Quartalsrechnungen.

Klinik-Geschäftsführer Michael Neugebauer sagte Ende Juni im Kreistag, dass das Klinikum erhebliche Belastungen für dieses Jahr erwarte, falls nicht gegengesteuert werde. "Hohe Energiepreise und die Inflation, aber auch die im Elbe-Elster Klinikum spürbaren Auswirkungen des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen sowie weniger Patienten schaffen für die drei Klinikstandorte eine 'herausfordernde Gemengelage', sagte Neugebauer laut Pressemitteilung. Jedes zweite der rund 450 Betten im Klinikum ist nicht belegt.

Viel Geld werde zusätzlich für ärztliche Honorarkräfte ausgegeben, heißt es in der Mitteilung weiter. "Aufgrund des Ärztemangels im ländlichen Raum können einige Fachabteilungen des Elbe-Elster Klinikums nur mit teurem ärztlichen Fremdpersonal aufrechterhalten werden."

Die schwierige Personalsituation sprach auch Landrat Jaschinski im rbb an: "Wir - der Landkreis, ich als Landrat und auch der Aufsichtsrat - sind fest davon überzeugt, dass der Personalmangel im ärztlichen und pflegerischen Dienst ohne Gegenmaßnahmen dazu führen wird, dass Fachbereiche oder Einrichtungen des Klinikums in Zukunft nicht mehr betrieben werden können."

In der Folge gäbe es Versorgungsengpässe, so Jaschinski. Außerdem würde nach seiner Aussage die Versorgungsqualität leiden sowie die Attraktivität für Mitarbeiter und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sinken.

Gutachter: Krankenhausreform hilft kleinen Häusern nicht

Dass sich die medizinische Versorgung im Landkreis Elbe-Elster verändern muss, um nicht weiter rote Zahlen zu schreiben, betonte in der Sondersitzung des Kreistags auch Jan Hacker. Er hat als Gutachter bundesweit schon mehr als 100 Krankenhäuser bei der medizinischen Weiterentwicklung beraten. Für kleinere Krankenhäuser wie in Elbe-Elster helfe auch die geplante Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministeriums nicht weiter, so Hacker.

Es gebe das Dilemma, dass einerseits immer mehr Patienten in die ambulante Versorgung gingen, wodurch die kleinen Krankenhäuser weniger Patienten hätten, so Hacker. Auf der anderen Seite "nehmen die aufwendigeren Patienten immer längere Wege auf sich, um in große und größere Krankenhäuser zu kommen".

Jan Hacker kritisierte auch, dass künftig 60 Prozent der Kosten von Kliniken über Vorhaltepauschalen gedeckt werden sollen. Die Idee dahinter ist, den Kliniken den finanziellen Druck zu nehmen. Das klinge zunächst gut, so Hacker, hieße aber nur, "dass ein Teil des Geldes pauschal bezahlt wird, was vorher nach Leistung bezahlt wurde. Aber es ist klargemacht worden, dass es nicht mehr Geld wird." Die Kliniken bräuchten jedoch mehr Geld, so Hacker weiter, "weil die Kosten über die ganzen letzten Jahre stärker gestiegen sind als die Erlöse."

Bürgerinnen und Bürger dürfen mitreden

Iris Schülzke (Freie Wähler) gehört zu denjenigen, die jetzt im Elbe-Elster-Kreistag gegen die Beschlussvorlage stimmten. Es würden "viel zu wenige Informationen vorliegen, wie es weitergeht", sagte sie dem rbb. Es sei nicht klar, ob zum Beispiel das Land Brandenburg die Umstrukturierung mitfinanziert. Aus ihrer Sicht sei außerdem nicht gesichert, dass es möglich ist, die Krankenhäuser zu erhalten. "Wir sind ein dünn besiedelter Kreis, haben große Probleme."

Im August sollen sich alle Einwohner des Landkreises Elbe-Elster zu dem Klinikkonzept äußern können. Auch die ambulanten Ärzte und lokale Gesundheitsdienstleister, wie Apotheken und Sanitätshäuser, bekommen laut Landkreis die Möglichkeit, ihre Ideen beizusteuern. Im September soll schließlich eine neue Gesundheitsstruktur für den Kreis vorgestellt werden.

Das Elbe-Elster-Klinikum ist nach eigenen Angaben mit rund 1.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in der Region und versorgt jährlich rund 40.000 stationäre und ambulante Patienten.

Mit Informationen von Daniel Mastow

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.07.2023, 08:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Also ich kann sofort 3 Fachärzte, Qualifikation mindestens OA nennen, die in den letzten Jahren das KH Finsterwalde verlassen und sich selbständig gemacht haben.
    Das muss ja Gründe haben.

  2. 2.

    Wenn ihr keine Ärzte findet, als Honorarkräfte dann aber doch, zeigt doch, dass ihr zuwenig bezahlt.
    Für 200 Euro Stundenlohn kommt auch jemand nach EE.

  3. 1.

    Ich lach mich schlapp.
    Die Frage muss heißen , ist überhaupt noch wat zu retten.
    Dutzende Krankenkassen die ihre Hände aufhalten.
    Das langsame Sterben der Spezialisten , der Hausärzte und unsere unfähigen Politiker.
    Ich sehe Schwarz.

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