Windkraft-Ausbau in Brandenburg - Ein Ort stimmt gegen Windräder - und bekommt vielleicht trotzdem welche

Di 05.09.23 | 20:49 Uhr | Von Carl Winterhagen
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Symbolbild. Das Luftbild einer Drohne zeigt am 01.11.2016 eine Baustelle für den Neubau einer Windenergieanlage in Brandenburg. (Quelle: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.09.2023 | Carl Winterhagen | Bild: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Im Großprojekt Energiewende hat eine kleine Brandenburger Gemeinde wenig mitzureden. Und so kommt es, dass in Münchehofe bald Windräder gebaut werden könnten, obwohl eine Mehrheit im Ort dagegen ist. Von Carl Winterhagen

  • Unternehmen will sechs Windräder bei Münchehofe (Dahme-Spreewald) bauen
  • Zwei Drittel der Einwohner stimmen dagegen – aber die Entscheidung liegt nicht in der Hand der Gemeinde
  • Bislang gibt es noch keinen Regionalplan für die Region Lausitz-Spreewald, der die Flächen für Windräder festlegt

Windkraft- oder Solaranlagen in Münchehofe? "Am liebsten keins von beidem", meinten knapp zwei Drittel der Einwohner, die am Sonntag ihre Stimme abgegeben hatten. Die Wahl diente laut Bürgermeister Ralf Irmscher dazu, sich ein Meinungsbild aus dem Ort zu verschaffen. Anlass der Abstimmung waren Pläne von Unternehmen, in einem Landschaftsschutzgebiet östlich von Münchehofe (Dahme-Spreewald) Fotovoltaik-Anlagen und Windräder zu errichten.

Bürgermeister und Gemeinderat haben angekündigt, sich gemäß des Votums der Einwohner zu verhalten und sich dafür einzusetzen, dass die Anlagen nicht so gebaut werden wie geplant. Bei den Solaranlagen ist das einfach möglich, denn an den Planungen ist die Gemeinde direkt beteiligt.

Verträge mit Eigentümern sind bereits unterzeichnet

"Bei der Windkraft ist das Problem: Wir werden gar nicht mehr gefragt", sagt Ralf Irmscher gegenüber dem rbb. In der Tat ist die Angelegenheit bei Windrädern komplexer, denn die Entscheidung liegt nicht in der Hand der Gemeinde, auch wenn ihre Zustimmung den Bau erleichtert hätte.

Das Brandenburger Unternehmen Energiequelle plant nach derzeitigem Stand, sechs Windräder in Münchehofe zu bauen. Dafür hatten Vertreter im Frühjahr bei Info-Veranstaltungen im Ort geworben. Die Zustimmung der Eigentümer der Flächen hat das Unternehmen schon: Alle Verträge seien unterzeichnet, teilte Energiequelle dem rbb mit. Bei den Eigentümern handelt es sich um Landwirte aus der Region und Anwohner, die ihre Grundstücke an die Landwirte verpachtet haben.

Er respektiere das Wahlergebnis aus Münchehofe, sagt Vincent Wahrenburg. Er ist Projektleiter beim Unternehmen Energiequelle und zuständig für die Planungen in der Gemeinde. Die Entscheidung bedeute aber nicht, dass die Planungen gestoppt werden. Gutachten und Genehmigungsverfahren liefen derzeit weiter. "Aktuell ist es möglich, dort Windkraftanlagen zu errichten, weil kein gültiger Regionalplan in der Planungsregion Lausitz-Spreewald existiert", betont Wahrenburg.

Illustration: Sechs Windräder in Münchehofe in Brandenburg. (Quelle: rbb)Ursprünglich waren einmal acht Windräder bei in dem Landschaftsschutzgebiet bei Münchehofe geplant. Weil bei einem Gutachten ein Seeadler nördlich des Gebiets gefunden wurde, hat das Unternehmen die Planung auf sechs Windräder reduziert.

Windräder könnten gebaut werden – ohne oder wegen Regionalplan

In einem Regionalplan wird unter anderem festgelegt, wo und wieviel Fläche für Windräder zur Verfügung gestellt wird. Dass dieser Plan fehle, sei ein Problem, sagt Benjamin Raschke, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brandenburger Landtag: "Alle arbeiten mit Hochdruck daran, dass neue Gebiete ausgewiesen werden, damit Planungssicherheit herrscht und nicht Investoren kommen und wild bauen können." Der erste Entwurf für den Regionalplan soll am 14. September vorgelegt werden. Vorher wollte sich die zuständige Planungsgemeinschaft dem rbb gegenüber nicht äußern.

In Münchehofe blickt Bürgermeister Ralf Irmscher mit Spannung auf den kommenden Entwurf: "Ich weiß nicht, was da drinstehen wird. Wir werden uns das sehr genau angucken."

Es könnte nämlich sein, dass in dem Regionalplan genau die derzeit beplanten Flächen im Landschaftsschutzgebiet als potenzielle Windkraftstandorte auftauchen, wenn die Planungsgemeinschaft sie für geeignet hält. Dagegen kann die Gemeinde dann Widerspruch einlegen – mit ungewissen Erfolgsaussichten. Ralf Irmscher gibt sich trotzdem noch nicht geschlagen: "Ganz zahnlos sind wir nicht! Ein paar juristische Möglichkeiten gibt es, die werden wir dann sicherlich beraten und ausschöpfen." Sollte das nicht funktionieren, erhofft sich die Gemeinde eine finanzielle Kompensation.

Gemeinde würde von Windrädern finanziell profitieren – "aber nicht genug"

Wobei Münchehofe auch so von der Windkraft profitieren würde: 0,2 Cent pro vor Ort erzeugter Kilowattstunde würden laut Energiequelle an die Gemeinde gehen. Um die 200.000 Euro würde die Gemeinde durch die kommunale Beteiligung pro Jahr an den Windrädern verdienen, rechnet Projektleiter Vincent Wahrenburg vor.

Das sei aber gerade einmal die Summe, die gesetzlich vorgeschrieben sei, kritisiert Bürgermeister Ralf Irmscher und sagt: "Die Frage ist: Wiegt Geld die Lebensqualität auf?" Seiner Ansicht nach müsste die gesamte Gemeinde stärker von der Windkraft profitieren. Die Münchehofer scheinen das ähnlich zu sehen, wie bei der Wahl am Sonntag deutlich wurde.

"Für mich ist das Abstimmungsergebnis ein Signal, dass wir noch nicht genügend Aufklärungsarbeit betrieben haben", kommentiert Brandenburgs Wirtschafts- und Energieminister Jörg Steinbach (SPD) die Wahl vom Wochenende. Einerseits sei offenbar nicht deutlich geworden, welche enormen Vorteile eine Kommune davon haben könnte. Andererseits müsse sich jede Kommune klarmachen, dass Stromerzeugung Daseinsvorsorge sei, die man nicht nur den Nachbarn überlassen könne, so Steinbach.

Ähnlich äußert sich auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Benjamin Raschke und betont, dass es darum ginge, die Bürger zu beteiligen und zu gucken, welche Lösung für die Gemeinden jeweils passe.

"Ökogemeinde" plant eigenes Energiekonzept

In Münchehofe schmieden die Verantwortlichen derzeit eigene Pläne. Bereits 2012 hatte sich Münchehofe vorgenommen, eine "Ökogemeinde" zu werden. Seitdem sei einiges passiert, sagt Bürgermeister Irmscher: "Wir sind nicht gegen erneuerbare Energien." Inzwischen gebe es im Dorf fast 40 Solaranlagen, in der Gemeinde werde mehr Strom produziert als verbraucht. In den Leitsätzen von 2012 heißt es, im Ort solle ein ökologisches Energiekonzept erarbeitet und umgesetzt werden.

Nun haben die Gemeindevertreter am Donnerstag vor der Abstimmung – offenbar in Erwartung des Ergebnisses – beschlossen, 70.000 Euro aus dem Kreisstrukturfonds zu beantragen. Damit soll geprüft werden, welche Art der Energieerzeugung für das Dorf am sinnvollsten und profitabelsten ist. Und wenn dabei herauskommt, dass sich Windkraftanlagen gut eignen würden? "Dann ist das so", sagt Ralf Irmscher. Vielleicht könne man die Anlagen mit der Unterstützung vom Land dann auch ohne großen Investor bauen, hofft er. Auf welchem Weg auch immer: Es würde ohnehin noch einige Jahre dauern, bis sich Windräder in Münchehofe drehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.09.2023, 14:25 Uhr

Beitrag von Carl Winterhagen

85 Kommentare

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  1. 85.

    Sie sind WKA-Spezialist, ein Verfechter von Photovoltaik und nun noch Biologe.
    Sie können stolz auf sich sein, ein total gebildeter Mensch, der nur 500m von einer WKA entfernt wohnte, wahrscheinlich der einzige. Bei soviel Arroganz bleibt nur der Faktenfuchs, mein Beileid gilt denen, die auf irgendeine Weise mit Ihnen auskommen müssen auch wenn sie das nicht wollen.

  2. 84.

    Um es zu verdeutlichen was es bedeutet, nicht genug Abstand einzuhalten:
    Wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch, wisch.... es hört nie auf. NIE.

  3. 83.

    Antwort an René.
    Ja in Radensdorf dicht dran gelebt, nichts mitbekommen von den WKAs. Und …Münchehofe selbst wird von den WKAs selbst kaum etwas mitbekommen. Der dortige Weinberg / Mühlenberg war früher selbst mit Mühlen bebaut. Dieser lange Wall schützt Münchehofe schon seit Anbeginn der Zeit vor klimatischen Einflüssen aus dem Osten.
    So wird es für die Einwohner keine negative ( wenn überhaupt) Einflüsse“““ auf das Dorf geben. Daher Zero- Problem

  4. 81.

    Mir ist vollkommen egal, wenn Leute keine WKA vor der Tür haben wollen oder der Meinung sind, PV würde zusätzliche Sonnenstrahlen einfangen und damit zur Klimaerwärmung beitragen.

    Ich lasse mir von Ihnen allerdings nicht verbieten, dass mit Fakten richtig zu stellen.

    WKA Bau muss einfach so gehandhabt werden, wie Straßenbau. Da gibt's auch keine Volksentscheide unter betroffenen....

  5. 80.

    Kennen sie die Gegend? Der Ort Münchehofe bekommt von den Dingern gar nichts mit. Der stark bewaldete Wall der „Weinbergkette“ schützt den Ort vor allen Einflüssen oberhalb in Richtung Gr.Eichholz. Das ist so extrem das selbst der ehemalige oberhalb stehende O2Mast speziell nachgerüstet werden mußte um das Dorf selbst zu „erreichen“.
    Schluß mit Mythen.

  6. 79.

    Es ist leicht sich als Nichtbetroffener über WKA den Kopf wund zu denken!
    Wenn ihr ein haus hättet und dann kommt ein Profitorientiertes WKA Unternehmen auf die Idee eine Anlagen in der nährern Umgebung zu errichtet, würdet ihr dann auch noch so denken?
    Schon mal Nachts in 500m Entfernung von 2-3 Anlagen gestanden?
    Da wo Ruhe war, wird nun für immer 40-50dB Infraschall herrschen. Ihr würdet euch Windstille herbeisehnen.
    Nebenbei, der Osten produziert soviel Strom, dass für Millarden eine Gleichspannungsleitung in den Süden verlegt werden muss.
    SüdOstLink
    Spannung: 500KV!
    Sowas gabs noch nie, Auswirkungen unbekannt.

  7. 78.

    Was glauben Sie eigentlich wer Sie sind. Ihre überhebliche Art geht einem langsam auf den Zeiger.
    Das es Menschen gibt die ebend keine WKA vor der Nase haben wollen, sollte man langsam mal akzeptieren. Es gibt Flächen mit genug Abstand zu Dörfern oder Städten zB Kippenflächen alter Tagebaue,die kann man nutzen, da braucht man nicht mal Wald zu roden.
    Wenn man sich immer über die Bedenken der betroffenen Menschen hinwegsetzt wird es immer schwieriger den Ausbau der EE voranzutreiben. Es geht nur mit einander und nicht gegeneinander und da gehört dazu nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu entscheiden. Jeder hier hat zu dem Thema eine Meinung wenn Sie damit nicht umgehen können, halten Sie sich einfach raus.

  8. 77.

    Siehe Link in meinem Kommentar 74.

    Zu der Naturerfahrung des Durchschnittsdeutschen hatte ich in #60 schon was gesagt.

    Als Biologe kommt es mir manchmal vor, einige Mitbürger können ein Rapsfeld nicht von einer Blühwiese unterscheiden, blüht ja beides, also muss es "Natur" sein, analog Kiefernwald vs echter Wald.

    Mikroklima ist verständlich der neue heiße Scheiß bei Vernunftkraftfans, nachdem alle bisherigen "Gegen WKA" Argumente wissenschaftlich nicht standhalten konnten. Aber das schlimme Blinken bleibt ja auch noch...

  9. 76.

    Faktenfuchs, Fläche, ok. Der Landesbetrieb Forst verfügt über ausgezeichnete Fachkräfte. Was Wald oder Forst angeht, sind die Erkenntnisse dieser Fachleute nützlicher. Jede Medaille hat 2 Seiten. Erst wenn man sie umdreht...aber Sie denken nur an den Strom, nicht an die fatalen Folgen.

  10. 75.

    Es ging um den Anblick von grünen Pflanzen statt eines Betonpfeilers auf dem Acker. Für WKA im Wald ging es nicht um CO2, nicht um Ertrag sondern um die Folgen für den Wald/Forst also um Folgen für Alle, auch für Sie und auch dann, wenn Sie glauben, nur Ihre Meinung zählt. Das erwähnte ich bereits.

  11. 74.

    Im Gegensatz zu mancher Einzelmeinung dafür bekannter "Ökologen" findet sich z.B. unter

    https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-weniger-waldrodung-fuer-windraeder-als-behauptet,SsKyxci

    Ein sehr gut recherchierten Artikel zu WKA im Wald bzw. eigentlich Forst. Wie wärs RBB mal ein entsprechender Artikel für ein Vorhaben in Brandenburg?

  12. 73.

    Es ging mir direkt ums Fundament.

    Drumherum wächst Wiese und die Zuwegung ist standortspezifisch und wird oft mehrfach genutzt, bzw. kann unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Größter Nachteil ist, dass bestehende Wege oft massiv verdichtet werden müssen.

  13. 72.

    https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-08/energiekosten-frankreich-kernkraftwerke-niger-uran

    Für alle die von französischen Verhältnissen träumen...

  14. 71.

    Bei der Fläche pro WKA fehlen ein, zwei Nullen. Ansonsten gibt es hier aber in der Tat wieder mal erwartbar vernunftkräftige Mythen.

  15. 70.

    Na das will ich sehen mit nur PV.

    Für echte autark braucht man eigentlich 3 Stromquellen: PV, WKA und Biogasanlage.

    Gibt durchaus auch Gemeinden, die das schon gemacht haben. Die Biogasanlage liefert dann Strom und Nahwärne fürs Dorf. Super Sache, geht aber nur MIT WKA.

  16. 69.

    Ach weil 100 qm Fläche pro WKA nicht mehr mit Photosynthese betreibenden Pflanzen bewachsen ist?

    Ist das die neue Ersatzbehauptung für die Falschbehauptung "der Wald bindet mehr CO2 als die WKA einspart"?

    Der Ertrag an Energie ist schon bei OV rund 12mal größer als bei Energiepflanzen, bei WKA geht das in mehrere Zehnerpotenzen gesteigerten Energiertrag.

    Energiepflanzen sollte es zukünftig nur noch für die chemische Grundstoffindustrie geben, bzw. Biogas zb aus Sekundärrohstoffen wie Stroh.

    Das wäre ein riesen Gewinn für die Natir, durch die Effizienz von PV und WKA!

  17. 68.

    Im Artikel steht das die Gemeinde bereits jetzt mehr Strom produziert als verbraucht.
    Seien sie lieber froh das die Anwohner nicht autark werden und ihnen den Strom abstellen.

  18. 67.

    Tja so ist das manchmal mit der Beruflichen Mobilität.

    Ich würde gern wieder an 20 WKA wohnen, wenn dafür die Landstraße weg wäre.

  19. 66.

    Noch ein Argument für mehr als nur eine Strompreiszone in Deutschland. Wenn die Bayern teuren Gasstrom nachfragen, treibt das auch die Preise für diejenigen, die im Norden eine hohen Anteil an erneuerbarer Energie haben.

    Bzgl. WKA in Berlin bin ich bei Ihnen. RRG hat auch das Thema ausgesessen.

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