Zwangsversetzung nicht rechtmäßig - Brandenburger Justizministerium unterliegt erneut im Streit um Arbeitsrichter

Mo 27.03.23 | 20:45 Uhr
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Der Ärmel-Aufnäher eines Beamten der Justiz mit Brandenburger Adler. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Nach der Schließung des Arbeitsgerichts in Eberswalde wollte das Brandenburger Justizministerium zwei Richter zwangsversetzen. Dieses Vorhaben ist jedoch bereits zum zweiten Mal für unrecht erklärt worden. Justizministerin Hoffmann steht unter scharfer Kritik.

Im Konflikt um die Versetzung von zwei Arbeitsrichtern aus Eberswalde (Barnim) hat das von Susanne Hoffmann (CDU) geführte Justizministerium auch in zweiter Instanz eine Niederlage erlitten. Der zuständige Dienstgerichtshof des Landes Brandenburg kassierte die Zwangsversetzungen der beiden Richter nach Cottbus bzw. Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) als rechtswidrig. Im Brandenburger Landtag übte die oppositionelle Linke daraufhin scharfe Kritik an der Justizministerin, die Freien Wähler fordern sogar ihren Rücktritt.

Die Zwangsversetzungen der beiden Richter aus Eberswalde nach Neuruppin und Cottbus waren Folge der Arbeitsgerichtsreform, die zum 1. Januar 2023 in Kraft trat: Dabei wurden die Arbeitsgerichte in Eberswalde und Potsdam aufgelöst – die dort tätigen Richter sollten an andere Gerichte versetzt werden. Zwei Richter wehrten sich jedoch gegen diese Pläne - und bekamen jetzt in zweiter Instanz Recht.

Nach dem Beschluss des Dienstgerichtshofes des Landes Brandenburg wäre für die Versetzung die Zustimmung des Richterwahlausschusses des Landtags notwendig gewesen. Weil diese jedoch fehlte, hatte im Dezember 2022 bereits das Dienstgericht Cottbus die Zwangsversetzungen als unrechtmäßig verworfen. Die Beschwerde des Justizministeriums gegen diese Entscheidung wurde jetzt zurückgewiesen.

Landtagsopposition kritisiert Justizministerin

Der Richterwahlausschuss ist das Gremium, das für die Einsetzung von Richterinnen und Richtern zuständig ist. Ihm gehören Landtagsabgeordnete und Juristen an.

Die Linksfraktion im Brandenburger Landtag kritisierte am Montag, dass Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) das Gremium bei ihrer Entscheidung übergangen habe. "Frau Hoffmann ist damit ihrer Aufgabe im demokratischen System nicht gerecht geworden", so Marlen Block, justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion in einer Stellungnahme. Damit habe sie das Vertrauen der Richterschaft verspielt und gefährde das Ansehen der Justiz des Landes.

Die Fraktion von BVB/Freie Wähler fordert sogar den Rücktritt der Ministerin. Fraktionschef Péter Vida: "Die Justizministerin hat gegen ein Heiligtum des Rechtsstaates, die Gewaltenteilung, gravierend und vorsätzlich verstoßen." Deshalb sei sie "nicht mehr tragbar und muss ihren Posten räumen", so Vida.

Freie Wähler: "Peinlicher Formfehler"

Gemäß dem Gerichtsbeschluss, der rbb|24 im Wortlaut vorliegt, erfüllte die nun zurückgewiesene Beschwerde des Justizministerium noch nicht einmal die formalen juristischen Anforderungen. Die Beschwerde sei unzulässig, heißt es in der Begründung des Gerichts, weil sie nicht in der "vorgeschriebenen Form als elektronisches Dokument übermittelt" wurde, sondern "nur als Fax und in einfacher Briefpost in Papierform". Die Freien Wähler nennen das "extrem peinlich fürs Justizministerium".

Das Justizministerium bedauert in einer schriftlichen Stellungnahme, dass "der Dienstgerichtshof seiner Rechtsauffassung nicht gefolgt" sei. Der Formfehler bei der Übermittlung der Beschwerde beruhe auf einem "Fehler der Arbeitsebene, der derzeit der Aufklärung unterliegt".

In der Sache will das Justizministerium aber offenbar nicht nachgeben. Um zu vermeiden, dass die beiden betroffenen Richter "auf Kosten der Allgemeinheit beschäftigungslos besoldet werden", habe man bereits die Amtsenthebung eingeleitet, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.03.2023, 9 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Die Exekutive ist nur zu blöd ordentlich von Rechtsmitteln Gebrauch zu machen. Mit Gewaltenteilung hat das nichts zu tun…

  2. 9.

    Doch, nur mit dem kleinen Privileg fachlich weisungsungebunden zu sein. Ansonsten gilt die beamtenrechtliche Gehorsamspflicht, gell…

  3. 8.

    Man stellt zunehmend fest, wie man von verantwortlicher Seite versucht, bestehende Regeln, Urteile und Gesetze, zu biegen, umzuinterpretieren und somit die Grenzen auszutesten, wie weit man sich darüber hinwegsetzen kann. Gut, daß es in diesem Fall scheinbar nicht gelungen ist. Trotzdem heißt es, wachsam sein und keine Chance Denjenigen einzuräumen, die sich auf die Trägheit oder Unwissenheit der Massen verlassen, um ihre Süppchen zu kochen.

  4. 7.

    Es ist traurig, aber auch bezeichnend, daß die Exekutive die einzuhaltenden Gesetze nicht kennt bzw. nicht befolgen will. In der Politik scheint immer mehr und öfter das absolutistische " Der Staat, das bin ich" die Regel zu sein.

  5. 6.

    Es ist symptomatisch für unsere Gesellschaft und die damit verbundene überbordende Regelungs- und Verordnungswut, dass das Justizministerium nicht mehr in der Lage ist die Formvorschriften für eine Eingabe bei Gericht einzuhalten.

  6. 5.

    Ich denke ja, sofern nicht anderweitige Gründe dagegen sprechen, wie z.B. GdB, familiäre oder Alter. Alleine der Berufsstatus sollte ethisch kein Grund sein.

  7. 4.

    Eberswalde hat kein Arbeitsgericht mehr, aber ist jetzt eine Außenstelle des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder).

    Bleibt also alles am Ort. Nur möchte man die beiden Richter aus Eberswalde nicht mehr in Eberswalde, statt dessen sollen dort Richter aus Frankfurt (Oder) eingesetzt werden...

  8. 3.

    Ist ein anderes Rechtsgebiet wirklich zumutbar? Wir Richter sind keine Beamte, die man einfach versetzen kann.

  9. 2.

    Die Ministerin greift unzulässig in die Gewaltenteilung ein.

    Es liegt auch mein Grund zur Amtsenthebung vor. Auch dieses Verfahrens wird das Land absolut sicher verlieren.

    Letztlich bleibt nur noch eine Möglichkeit: die Kollegen sind bei vollen Bezügen freizustellen.

    Bevor man diese Reform umsetzt, hatte man fragen sollen,ob die Richterschaft an andere Gerichte wechseln will.

    Wird in anderen Bundesländern so gemacht

  10. 1.

    Von Eberswalde nach Neuruppin oder Cottbus. Das ist tatsächlich nicht um die Ecke und ich würde mich auch mit allen Mitteln dagegen wehren. Wenn Eberswalde kein Gericht mehr hat, warum dann nicht Bernau. Einem Richter ist ein anderes Fachgebiet zumutbar, aber doch keine Reise durch halb Brandenburg!

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