Auslandstierschutz - Wenn deutsche Tierheime Hunde aus Rumänien aufnehmen

Mi 04.10.23 | 12:23 Uhr | Von Franziska Eberlein
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Welpen in dem Tierheim Smeura sitzen in Zwinger
Audio: Antenne Brandenburg | 02.10.2023 | Franziska Eberlein | Bild: Tierhilfe Hoffnung/Huib Rutten

Trotz überfüllter Tierheime adoptieren immer mehr Menschen Hunde aus dem Ausland. Ein junger rumänischer Vierbeiner schlägt sich in der Vermittlung oft besser als ein einheimischer mit Vorgeschichte. Doch was bedeutet das für die deutschen Heimtiere?

Der Auslandstierschutz steht zunehmend in der Kritik: Angesichts der Überfüllung heimischer Tierheime wird die Aufnahme von Hunden aus dem Ausland in Brandenburg und Berlin kontrovers diskutiert. Gerettete Hunde aus dem Ausland machen inzwischen ein Viertel der Hundepopulation in Deutschland aus, wie der "MDR" zuletzt berichtete.

Auch die Leiterin des Tierheims am See, Jana Feister, ist der Kritik ausgesetzt, wie sie dem rbb sagt. Ihr Tierheim in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) vermittelt jährlich etwa 200 aus Rumänien stammende Hunde. Mit den rumänischen Vierbeinern könne sie die steigende Nachfrage von Tierschutzhunden decken, doch oft werde ihr gesagt, dass sie lieber "den deutschen" Hunden helfen sollte. Zudem gebe es auch immer wieder Tierheimbesucher, die ausschließlich deutsche Hunde adoptieren wollen.

Doch der Tierschutz habe für die Tierheim-Leiterin keine Grenzen. Erfahrungen im Ausland haben sie geprägt: "Ich habe schon vieles erlebt und gesehen, wie Hunde getötet wurden. Wer will mir verbieten, einem Tier zu helfen, das dieses Schicksal hat?", fragt Feister. Kritik an dem Auslandstierschutz gebe es vermutlich auch, weil der seriöse Auslandstierschutz oftmals für die zunehmenden Online-Portale mit gewerblichem Interesse und dem illegalen Welpenhandel verwechselt wird.

Abgabetiere gehen ins Geld

Doch Feister könne den meisten Besuchern gar keine deutschen Hunde vermitteln. Grund dafür seien die charakterlichen Eigenschaften der Hunde: Denn viele der deutschen Hunde im Tierheim am See seien stark verhaltensauffällig, wie Feister betont. "Die Tiere, die hier festsitzen, sind hier, weil noch ein Gerichtsprozess dranhängt, weil sie einen Vorfall hatten oder weil sie sterbenskrank sind", sagt Feister. Die Aufnahme dieser Tiere ziehe die Finanzen fast immer ins Minus.

"Selbst wenn ich keinen Auslandstierschutz machen würde, würde ich meine bissigen und sehr alten Tiere nicht loswerden." Auch deshalb sei die Kritik, das Auslandstiere den deutschen Tieren den Platz wegnehmen, nicht gerechtfertigt.

Auslandshunde oft sozialverträglich und sensibel

Hunde, die über die Partnerschaft mit dem rumänischen Tierheim Smeura in das brandenburgische Tierheim gelangen, seien hingegen oftmals weniger kostenintensiv. Sie kommen medizinisch versorgt, gechipt und kastriert nach Deutschland. Zudem seien die anfallenden Kosten im Voraus einfacher zu kalkulieren. "Wir wissen, was das Tier gesundheitlich für Probleme hat und in etwa wie viel Geld wir noch in dessen Versorgung stecken müssen", sagt Feister.

Zudem seien Hunde aus Rumänien oftmals weniger verhaltensauffällig, verträglich mit Artgenossen und Menschen gegenüber freundlich. Oftmals könne im Voraus auch entschieden werden, welcher Hund realistische Vermittlungschancen hat. "Man hat dieses Überraschungspaket nicht wie bei einem deutschen Fundtier", so Feister. Dass Hunde aus dem Ausland im Durchschnitt eine ausgeprägte soziale Verträglichkeit und hohe Sensibilität beherrschen, hinterlegt auch eine Umfrage des deutschen Haustierzentralregisters Tasso [Externer Link].

Der Auslandstierschutz würde sich auch deshalb immer wieder als wichtiger Faktor für die finanzielle Sicherheit des Tierheims am See beweisen. Ein kurzzeitiger Überschuss, auch durch die rumänischen Hunde, sei schließlich in einen neuen Anbau investiert worden.

Kein Platz für Auslandstiere im Tierheim Berlin

Dennoch lehnen viele weitere nationale Tierheime die Aufnahme von Hunden aus dem Ausland ab, darunter auch das Tierheim Berlin. Obwohl man ein Tierheim vor Ort in der Türkei unterstützt, ist die Übernahme von Hunden laut der Vorstandsvorsitzenden Eva Rönspieß nicht vorgesehen. "Wir haben im Vorstand entschieden, dass wir keine Hunde aus dem Ausland aufnehmen, die sich natürlich toll vermitteln und in den sozialen Medien verkaufen lassen, aber wir möchten unseren Tieren gerecht werden", so Rönspieß.

Denn derzeit herrscht im Berliner Tierheim trotz konstanter Vermittlung ein Platzproblem. "Mit 300 Hunden sind wir derzeit gut ausgelastet. Deshalb ist es eine moralische Entscheidung”, so Rönspieß weiter. "Wenn wir eines Tages mal die 300 Hunde bei uns vermittelt haben, dann kann man darüber nachdenken, Tierheime wie die Smeura zu unterstützen. Aber definitiv nicht jetzt."

Wenig kleine Kuschelhunde in deutschen Tierheimen

Zudem hätten viele der derzeit beherbergten Hunde bereits ohne ausländische Tiere Schwierigkeiten, ein Zuhause zu finden, da sie teilweise sehr anspruchsvoll sind. Nach eigenen Angaben sind derzeit über 90 Prozent der Hunde im Berliner Tierheim stark verhaltensauffällig.

In der Regel würden Menschen im Tierheim nach niedlichen kleinen Kuschelhunden suchen, die noch nie gebissen haben, sagt Rönspieß. Doch davon gäbe es in deutschen Tierheimen nicht viele. "Interessenten äußern uns auch gegenüber, wenn sie bei uns nicht fündig werden", so Rönspieß. Viele würden dann im Internet weitersuchen. Dabei handele es sich des öfteren um Tiere aus dem Ausland - sowohl von seriösen Tierschutzorganisationen wie auch unseriösen Online-Portalen und dem illegalen Welpenhandel.

Interessenten werden an Ebay und Züchter verloren

Auch deshalb appelliert Matthias Schmidt, Leiter der Smeura in Rumänien, an die Unterstützung des Auslandstierschutzes von deutschen Tierheimen. "Als Tierheim zu sagen, wir machen dicht und beherbergen unsere harten Kerne, unsere verhaltensauffälligen Tiere, das kann nicht die Lösung sein. Es ist die Selbstmorderklärung jedes Tierheims”, betont Schmidt gegenüber dem rbb.

"Jedes Tierheim sollte Hunde aus dem Ausland aufnehmen", so Schmidt. In Rumänien gebe es viele Hunde, die den Anforderungen einer Vermittlung gerecht werden - freundlich, sozial und gesund. "Wenn wir in deutschen Tierheimen keine vermittelbaren Hunde und Katzen vorstellen können, die normalen Menschen aufnehmen können, dann verlieren wir all diese Menschen an Online-Portale wie Ebay oder Züchter." Schmidt zufolge finden genau diese Hunde auch am häufigsten den Weg zurück ins Tierheim.

Über 6.000 Hunde warten in dem größten Tierheim der Welt

Seit über zehn Jahren leitet Schmidt das Tierheim Smeura etwa 120 Kilometer von der rumänischen Hauptstadt Bukarest enfernt. Derzeit sitzen etwa 6.150 Hunde, darunter fast 2.000 Welpen und Junghunde, in dem größten Tierheim der Welt. "Das ist wirklich eine dramatische Situation, auch in Anbetracht, dass der Winter in Kürze vor der Tür steht", so Schmidt weiter.

Um sein Tierheim aufrechtzuerhalten, müssen Tiere nach Deutschland oder in andere Länder mit besseren Chancen auf eine Adoption vermittelt werden. "Wir sind in einem Land wie Rumänien, wo ein Tötungsgesetz herrscht, darauf angewiesen, dass Hunde nach Deutschland kommen können. Denn in Rumänien blüht diesen Hunden der Einfang von städtischen Tierfängern“, so Schmidt.

Smeura Tierheim von obneDie Smeura befindet sich in der Stadt Pitesti, etwa 120 Kilometer von der rumänischen Haupstadt Bukarest

Einfangen und Einschläfern mit EU-Geldern gefördert

Um auf den Rettungstransport nach Deutschland weniger angewiesen zu sein, braucht es laut Schmidt ein Eingreifen der Politik, denn derzeit wird das Einfangen und Einschläfern von rumänischen Straßenhunden von der EU mit bis zu 75 Euro pro Hund finanziert. Das würde für viele Hundefänger eine lukrative Einahmequelle darstellen, denn Straßenhunde gibt es in Rumänien genug - derzeit etwa sechs Millionen.

"Deshalb ist es wichtig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Nachfrage nach sozialen, freundlichen Hunden in Deutschland besteht, dass Tierheime sich am Auslandstierschutz beteiligen. Die Tierheime stehen zwar am Kapazitätslimit, aber wir sind trotzdem auf die Rettung und Aufnahme in Deutschland angewiesen, weil wir ansonsten blockiert sind und nicht mehr weiterarbeiten können", sagt Schmidt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.10.2023, 16:12 Uhr

Beitrag von Franziska Eberlein

7 Kommentare

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  1. 7.

    Sie wissen aber schon noch dass auch Sie etwas spenden dürfen. Und dies sogar an mehren Organisationen gleichzeitig o.abwechselnd. Meckern alleine hilft diesen Tieren rein gar nicht.

  2. 6.

    Haben vor 5 Jahren eine Hündin aus Rumänien adoptiert, Elsa mußte alles lernen, einen so tollen Hund hab ich noch nicht gehabt, Agility und Hoopers, kein Problem,wir sind sehr zufrieden

  3. 4.

    Ich finde es gut, dass Tiere aus dem Ausland nach Deutschland kommen.Jedes Tier egal welcher Art ,egal woher Sie stammenhat ein Recht auf ein gutes Leben und viel Liebe.

  4. 3.

    Die Tierheime sollten alle unterstützt werden. Alle holen sich kleine niedliche Welpen und vergessen dann das da noch einiges dran hängt. Mein einer Hund starb letztes Jahr und es sollte dann mal ein anerer her. Ich habe ein aus Rumänien genommen. In unserem Tierheim waren keine jungen Hunde,leider. Ich wollte einen jungen der zu meinem alten Hund passt. Ja ich habe zwei und drei Katzen. Und ich verzichte gerne auf was um mir das leisten zu können. Die wollen ja auch gut versorgt sein. Tierarzt kostet ja auch. Ich Spende auch regelmäßig. Ich unterstütze auch unser Tierheim wenn es möglich ist. Tiere sind dankbarer als Menschen. Deswegen Spende ich nur dafür. Kann ja jeder wie er will. Die anderen bekommen schon genug von EU und Ämtern. Ein Tier kann nichts für seine Situation. Der Mensch kann sich alleine helfen. Wenn ich Tierleid sehe, muss ich was tun,sonst wäre ich nicht ich. Schönen Tag noch.

  5. 2.

    Deutsche Tierheime haben Auflagen, die ein Normalbürger kaum erfüllen kann. 2 Etagen Treppenlaufen und 60 qm-Wohnung ...da vermittelt das Tierheim keinen Hund. Ich war in mehreren Tierheimen, es war keine Vermittlung möglich. Nicht verständlich!!! Also kam meine Hündin aus Rumänien und es geht ihr blendend. Wir haben viele große Parks und umliegende Wälder, da brauche ich keinen Garten, wo meine Hündin gelangweilt rumliegt.
    Also liebe Tierheime: überdenkt eure Auflagen zur Vermittlung von Hunden, dann bekommen auch deutsche Tiere ein tolles Zuhause!!!

  6. 1.

    Jetzt migrieren also schon die Tiere u. natürlich soll gespendet werden, dafür sinkt dann ja, wie zu lesen, die Sparquote fürs Alter. Wir wäre es die Tierheimfinanzierung der dortigen Bevölkerung zu überlassen o. hat in Rumänien schon jemand für deutsche Tierheime um Hilfe gebeten? Und inwiefern angeblich, es klingt wie besser, die Tiere sozialverträglich sind erschließt sich mir nicht. Bezieht sich das von Hund zu Katze o. Maus zu Elefant oder zum Menschen?
    2. Versuch! Ach ja, die Obdachlosenhilfe benötigt ja auch Geld, also bitte abwägen!

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