Eigner der PCK-Raffinerie Schwedt - Bundesverwaltungsgericht überprüft Treuhandverwaltung von Rosneft-Töchtern
Seit September hat der Bund bei den deutschen Töchtern des russischen Staatskonzerns Rosneft das Sagen. Hintergrund sind die Sanktionen gegen Moskau wegen des Angriffs auf die Ukraine. Vor Gericht wehren sich die Eigentümer.
- Der russische Staatskonzern Rosneft beantragt vor Gericht Ende der Treuhandverwaltung des Bundes für Tochterunternehmen
- Die Rosneft-Töchter sind die Mehrheitseigner der PCK-Raffinerie Schwedt
- Bund argumentiert mit Versorgungssicherheit und Sorge vor Kapital-Abzug
- PCK-Mitarbeiter fordern in einem offenen Brief den Bau einer zweiten Pipeline
Der Zugriff des Bundes auf zwei deutsche Töchter des russischen Ölkonzerns Rosneft beschäftigt seit Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Anwälte von Rosneft beantragten in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der im September angeordneten Treuhandverwaltung der Tochterfirmen Rosneft Deutschland und RN Refining Marketing. Vertreter des Bundes hielten dagegen, die Maßnahme sei rechtens.
Wieder russischer Einfluss in Schwedt?
Das Verfahren könnte auch Auswirkungen auf Verbraucher in Deutschland haben: Sollte das Gericht der Klage von Rosneft stattgeben, bekäme der staatlich geführte Konzern in Moskau wieder Einfluss auf die wichtige PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt und damit auf den Ölmarkt in Deutschland.
Bund argumentiert mit Versorungssicherheit
Hintergrund des Verfahrens ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Zuge der Sanktionen gegen Russland hat sich die Bundesregierung entschlossen, ab 2023 auf russisches Rohöl zu verzichten. Die deutschen Rosneft-Töchter halten die Mehrheit an der PCK-Raffinerie, die noch 2022 vor allem russisches Öl aus der Druschba-Pipeline verarbeitete. Nach Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten sie kein Interesse, davon abzurücken.
Im September übernahm der Bund die Kontrolle; Treuhänder ist die Bundesnetzagentur. Inzwischen wird im PCK nicht-russisches Öl verarbeitet. Der Bund hatte den Zugriff auf die Rosneft-Töchter mit Gefahren für die Versorgungssicherheit in Deutschland begründet, zumal die beiden Firmen auch an zwei anderen Raffinerien beteiligt sind.
Eigentumsrechte oder Versorgungssicherheit?
Die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab gab während der Verhandlung Hinweise, dass sie wegen des Eingriffs in Eigentumsrechte eine große Tragweite sieht: "Da sehen wir schon einen Eingriff deutlicher Intensität", sagte sie. Andererseits sei die Energieversorgungssicherheit "ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut" und von überragender Bedeutung. Das sei abzuwägen.
Zum Auftakt der Verhandlung ging es zunächst um Verfahrensfragen. Dazu zählte, ob der russische Rosneft-Mutterkonzern in Moskau und ein Ableger in Luxemburg überhaupt als Kläger auftreten durften. Weiterer Streitpunkt war, ob die Kläger vor der Treuhand-Anordnung formal hätten angehört werden müssen.
Bund: Treuhand als Schutz vor Kapital-Abzug
Die Anwälte des Bundes argumentierten, im Sommer 2022 sei Eile geboten gewesen. Der russische Mutterkonzern hätte systematisch Vermögen abziehen und seine Töchter in die Insolvenz treiben können. Darauf habe ein Informant Hinweise gegeben, sagte der Anwalt Ulrich Karpenstein, Rechtsvertreter des Bundes.
Die Klägervertreter um den Anwalt Bertrand Malmendier ließen das nicht gelten. Nach seinen Worten hatte Rosneft Deutschland 2022 ein "extrem gutes Jahr" und "Kassenbestände von oberhalb einer Milliarde Euro". Selbst wenn Beträge abgezogen worden wären - was nicht der Fall gewesen sei -, so wäre dies nicht ausreichend gewesen, die deutschen Töchter in die Insolvenz zu treiben.
Urteil möglicherweise noch am Mittwoch
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte dem rbb am Dienstag im Vorfeld der Verhandlung, dass er auf ein Scheitern der Rosneft-Klage hoffe. "Ich will da keine Prognosen abgeben, aber ich halte die Entscheidung, die die Bundesregierung getroffen hat im letzten September, für die richtige Entscheidung." Woidke hoffe, dass die rechtlichen Grundlagen ausreichten, auf die sich die Bundesregierung berufe.
Das Bundesverwaltungsgericht ist in dem Verfahren erste und letzte Instanz. Ob am Mittwoch bereits ein Urteil fällt, ist offen. Ein möglicher weiterer Verhandlungstermin in dem Verfahren wurde für den 7. März festgelegt.
PCK-Mitarbeiter fordern Bau einer zweiten Pipeline
Unterdessen haben die Mitarbeiter der PCK Raffinerie Schwedt am Dienstag in einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Bau einer zweiten Pipeline gefordert. Dieser Brief liegt dem rbb vor. Darin heißt es, die Beschäftigten hätten mit Erstaunen und Befremden auf die Entscheidung der Bundesregierung gegen den Neubau einer zweiten Pipeline von Rostock nach Schwedt reagiert.
Es liege in der Verantwortung des Bundes, den Standort Schwedt vor den Auswirkungen zu schützen. Die Bundesregierung habe mehrfach erklärt, sich unabhängig machen zu wollen, hieß es weiter. Eine neue, zweite Pipeline könne in Zukunft auch Wasserstoff transportieren.
Woidke: Bestehende Pipeline für bessere Auslastung ertüchtigen
Deutschland importiert seit Jahresbeginn kein russisches Öl mehr. Deshalb ist die Anlage in Schwedt zurzeit nur zu knapp 60 Prozent ausgelastet. Ministerpräsident Woidke fordert deshalb, die bestehende Pipeline von Rostock nach Schwedt möglichst schnell auszubauen. "Wenn diese Pipeline-Ertüchtigung durchgeführt ist, können allein aus Rostock 75 Prozent geliefert werden", sagte er im rbb24 Inforadio. Der SPD-Politiker verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es sich nicht um einen Neubau handele und deutlich unkomplizierter sei als der Neubau einer Pipeline: "Aber es muss jetzt begonnen werden. Das ist, was die Menschen erwarten in der Region."
Staatssekretär Michael Kellner aus dem Bundeswirtschaftsministerium hatte erst vor kurzem erklärt, dass es den Gesellschaftern der Schwedter Raffinerie freistehe, selbst eine neue Pipeline auf den Weg zubringen. Dafür könnten dann auch die vom Bund für die Ertüchtigung der alten Leitung bereitgestellten 400 Millionen Euro verwendet werden. Eine Bereitschaft dazu habe es aus dem Unternehmen aber nicht gegeben, so Kellner. Daher sei eine weitere Belastung der Steuerzahler nicht zu verantworten.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.02.2023, 7:30 Uhr