Keine Kopplung mit Semesterticket - Warum sich Studierende über das 49 Euro-Ticket nicht freuen können

Di 21.02.23 | 18:42 Uhr | Von Hasan Gökkaya
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Archivbild: Studenten der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) steigen aus einen Bus aus. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Video: rbb24 Abendschau | 21.02.2023 | T. Rostek | Bild: dpa/P. Pleul

Studierende in Berlin und Brandenburg müssen für das geplante Deutschland-Ticket den vollen Preis abdrücken - selbst wenn sie bereits für das obligatorische Semesterticket bezahlt haben. Das löst Unmut aus, Studentenvertretungen fordern Nachbesserungen.

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets ist da - fast. Das geplante bundesweit gültige 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr kann zumindest seit dieser Woche zum Beispiel bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) vorbestellt werden. Gültig ist es ab dem 1. Mai - Inhaberinnen und Inhaber können dann Busse, Bahnen und den Regionalverkehr deutschlandweit nutzen.

Das im Abo erhältliche Ticket soll jeder und jedem zur Verfügung gestellt werden; egal ob bisher Abo-Kunde oder Neueinsteiger. Und auch für Besitzerinnen und Besitzer des Jobtickets soll es verschiedenen Varianten geben. Doch mindestens an eine Gruppe wurde bei dem Nachfolger des 9-Euro-Tickets nicht genügend gedacht: Studierende. Die müssen nämlich für ihr Semesterticket zahlen - und dann noch einmal 49 Euro für das Deutschland-Ticket, da beide Tickets sich nicht koppeln lassen.

Semesterticket lässt sich nicht koppeln

"In anderen Bundesländern gibt es seitens der Regierungen zumindest Bestrebungen, die Kosten für das Semesterticket anzurechnen. In Berlin ist das aber nicht so", sagt Franziska Westel vom Asta der HU Berlin im Gespräch rbb|24. Das Land Berlin habe sich zuletzt trotz mehrfacher Aufforderung nicht an einer entsprechenden Regelung beteiligen wollen.

Die Folge seien nun "massive" Zusatzkosten, auf die sich Studierende in Berlin gefasst machen müssten. "Datenerhebungen haben gezeigt, dass gut 30 Prozent der Studierenden regelmäßig nach Hause fahren. Ihnen bleibt jetzt nichts anderes übrig, als sich das 49-Euro-Ticket zusätzlich zu kaufen." Dem Asta zufolge können Studenten das bereits bezahlte Semesterticket nicht zurückgeben, um etwa ihr Geld wiederzubekommen. Zumindest gehe das nicht in einem regulären Semester.

Dass das Semester- und Deutschland-Ticket nicht gekoppelt werden können, könnte gerade für Berliner Studierende ärgerlich sein, denn das in der Hauptstadt erhältliche Semesterticket ist ohnehin nicht einmal gültig für einen Trip jenseits des Speckgürtels. Das Semesterticket umfasst in Berlin nämlich nur die Tarife ABC. In Brandenburg hingegen befähigt das Semesterticket dazu, es in Brandenburg und in Berlin zu nutzen.

Bekanntlich unterscheiden sich Semestergebühren von Universität zu Universität. Laut Franziska Westel vom Asta der Berliner HU müssen Studierende in Berlin gut 200 Euro bezahlen, um für das kommende Sommersemester immatrikuliert zu sein - und das dazu gehörende Semesterticket zu bekommen. Sie weist darauf hin, dass das Land Berlin für das kommende Sommersemester einmalig einen Zuschuss von 75 Euro gewährt habe, betont aber, diesen werde es im Wintersemester 2023/2024 nicht geben. Auf die Studierenden würden also ohnehin bald noch höhere Kosten zukommen. Deshalb sei es nötig, die Kosten für das Deutschland-Ticket für Studierende zu senken, fordert Westel.

Auch in Brandenburg kommen Mehrkosten auf Studierende hinzu

In Brandenburg sieht es nicht besser aus. Die Interessengemeinschaft Semesterticket Brandenburg, die die Studierenden an sechs der acht staatlichen Hochschulen in Brandenburg vertritt, befürchtet die Entstehung einer Zweiklassengesellschaft: "Es wird die einen geben, die Deutschland bereisen können und die anderen, die aus Berlin-Brandenburg nicht rauskommen - so schön es hier auch ist", sagt Verhandlungsführer Matthias Weingärtner im Gespräch mit dem rbb.

Er fordert, einen aus Bayern kommenden Vorschlag zu unterstützen und eine bundesweite Regelung für alle Studierenden festzulegen. Die könnte laut Weingärtner so aussehen, dass Studierende monatlich etwa 29 Euro pro Semester zahlen - inklusive Deutschland-Ticket. Derzeit würden Studierende in Brandenburg auf den Monat gerechnet noch rund 33 Euro pro Semester zahlen.

Im Brandenburger Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung scheint das Problem bekannt zu sein, ändern wird sich bis zum Beginn des Sommersemesters trotzdem nichts. Eine möglichst bundesweite Regelung werde zwar angestrebt: "Dies ist aber bis zur Einführung des Deutschland-Tickets nicht möglich, da unter anderem Verhandlungen mit den Allgemeinen Studierendenausschüssen und Urabstimmungen unter Studierenden durchzuführen und zum Abschluss zu bringen sind", heißt es in einer Erklärung. Konkreter wird das Ministerium nicht.

Sendung: rbb Abendschau, 21.02.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Hasan Gökkaya

41 Kommentare

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  1. 41.

    "Dann fallen noch über 100€ monatlich an die Krankenkasse ab." Als Student:in????

  2. 40.

    "Dann fallen noch über 100€ monatlich an die Krankenkasse ab." Als Student:in????

  3. 39.

    "Ich bin froh,dass es das Deutschlandticket gibt und dieser Tarifdschungel aufhört." Der nächste logische Schritt wäre dann die Vereinigung der vielen Verkehrsbetriebe zu einem Anbieter, da ja der Unterschied in der Preiskalkulation für die Beförderungsleistung kaum mehr gegeben ist.

  4. 38.

    "Das Ticket soll für Pendler und Berufstätige sein." Wenn dem so ist, wäre es zielführender, wenn dieses Ticket nur über die Arbeitgeber ausgehändigt wird an Angestellte bzw. bei Selbständigen vom zuständigen Gewerbeamt.

  5. 37.

    Also ich hatte zu Studentenzeiten auch 2 Nebenjobs. Aber nur mal eine andere Idee: Es muss ja auch nicht jeder studieren und für Azubis gibt es dann bestimmt wieder das Jobticket und Gehalt.

  6. 36.

    Und jetzt das Ganze noch einmal mit dem Deutschlandticket Job bitte. Danke.

  7. 35.

    Joa. Mit gewissen Einschränkungen kann man sich vom Semesterticket sehr wohl befreien lassen. Der Weg des geringsten Widerstands ist wohl das Attest vom Arzt.

  8. 34.

    Danke für nichts Frau Gote!

  9. 33.

    Das sind doch alles Übergangsprobleme, mit denen zu rechnen war...
    Wer den bundesdeutschen Flickenteppich an individuellen, regionalen, saisonalen und gruppenspezifischen Tarifen des ÖPNV kennt, dem war klar, dass es beim "Überstülpen" EINES, für ALLE Regionen gültigen Einheitstarifes zu den verschiedensten Verwerfungen zu den bisherigen "Spezial-Tarifen" kommen musste.
    WIchtig ist doch zuerst die zeitnahe, flächendeckende Einführung des 49€-Tickets, um die breite Masse der ÖPNV-Nutzer zu erreichen.
    Die Probleme der Umstellung der vielen, aber auch kleinen Gruppen mit besonderen Tarifen kann danach schrittweise erfolgen - und ist anscheinend bereits in Vorbereitung...
    Warum erwarten eigentlich immer so Viele, dass solche grundlegenden Veränderungen fehlerfrei und ohne Verzögerung für Alle erledigt werden können?

  10. 32.

    >Sie müssen eigentlich nur noch für das Kind anstehen, also 2x weniger, schon wieder Zeit und Geld gespart. Das D-Ticket - >einfach & günstig! So soll Mobilität sein.
    Wie kommen Sie auf 2x weniger? Sollte das Satire sein?

    Wenn ich mit Frau und Kindern außerhalb Berlins fahre stehe ich genauso oft am Schalter an, an wie vorher auch... Nur das ich für mich kein extra Ticket mehr kaufen muss.

    Anderes Bsp.:

    Einfache Fahrt von Berlin Hbf nach Beelitz Heilstätten
    Erw. D-Ticket + BC25, Kind <=14J Schülerticket AB - muss ich für das Kind ein Ticket kaufen: 4,70 EUR VBB Tarif
    Hätte ich kein D-Ticket (aber BC25) - muss ich für mich ein ermäßigtes Ticket kaufen, das Kind <=14J fährt kostenlos: macht 4,70 EUR im VBB Tarif

    Somit habe ich weder Zeit noch Geld gespart...




  11. 31.

    Das Deutschlandticket gibt es ja zum Glück digital, das Deutschlandticket Job über den Arbeitgeber sogar direkt für 34,30 EUR pro Monat. Einfach mal fragen. Sie müssen eigentlich nur noch für das Kind anstehen, also 2x weniger, schon wieder Zeit und Geld gespart. Das D-Ticket - einfach & günstig! So soll Mobilität sein.

  12. 30.

    300€ sind nicht nahezu kostenfrei wenn man Vollzeit studiert und nebenbei irgendwie noch Geld verdienen muss um sich die explodierenden Mietpreise leisten zu können. Essen wird im Übrigen auch immer teurer. Dann fallen noch über 100€ monatlich an die Krankenkasse ab. Studierenden bleibt sowieso schon kaum Geld, wenn man dann zuhause ständig noch ein weiteres Ticket für den Nahverkehr kaufen muss fällt das ins Gewicht und ist sehr ärgerlich, gerade wenn man sieht dass es auch anders ginge.

  13. 29.

    Wie soll denn so der Tarifdschungel aufhören? Nur für Singles oder wie?

    Ich habe dann bald ein D-Ticket, meine Frau Berlin ABC mit Bahncard 25, meine Tochter ein Schülerticket Berlin AB, ...
    Dann rennen wir wieder zum Schalter und kaufen Anschlussfahrausweise C, + Fahrkarten von Dorf x zu y.

    Beim letzten Mal waren das 6x Anschlussfahrausweis C (1 Erw. + 2 Kinder hin und zurück) + die weitergehenden Fahrscheine für die Erw. mit Ermäßigung wegen BC25.

    Vor allem muss ich dann trotz D-Ticket für Fahrten mit Kind außerhalb von Berlin AB wieder ein extra Ticket kaufen. Bei normalen DB Tickets fahren Kinder bis 14 kostenfrei mit, beim D-Ticket nur bis 6.

    Ich sag ja nicht dass, das alles gratis sein soll, aber einfachere Lösungen wie Aufpreis zu Schüler und Semesterticket zahlen und dann ein D-Ticket bekommen, oder D-Ticket gegen Aufpreis als Familienkarte würde ich für sinnvoll halten.

  14. 28.

    Gerechtigkeit für alle wird es nie geben. Ich bin froh,dass es das Deutschlandticket gibt und dieser Tarifdschungel aufhört. Warum fahren Studenten nicht wie bisher, wenn das 49€-Abo für sie so teuer ist?Es besteht doch keine Abo-Pflicht und man kann auch weiter Supersparpreise bei der Bahn für Heimfahrten nutzen. Ich finde auch die Formulierung „Studiengebühr“ nicht korrekt.Es ist die Semesteranmeldegebühr. Studiengebühren wurden erfreulicherweise abgeschafft.Die gab es vor 13 Jahren zusätzlich

  15. 27.

    Im Interesse der Vereinfachung sollte man das Semesterticket jetzt zum nächstmöglichen Termin einstellen. Dann können Studierende frei wählen ob sie mit dem Deutschlandticket mobil sein wollen oder nicht. Spart auch Personal in den Universitäten.

  16. 26.

    Mir kommen die Tränen. Nahezu kostenfrei studieren, eine Monatskarte fast geschenkt und jetzt auch noch jammern, dass sie nicht mit dem Regio an die Ostsee fahren können (und ja, viele wollen nicht nur in die Heimat fahren). Das Ticket soll für Pendler und Berufstätige sein. Das sind die Menschen, die etwas für die Gesellschaft leisten. Das muss man als Student, der eben meistens erst mit 30 oder später etwas für die Gemeinschaft leistet, Abstriche machen…

  17. 25.

    Die Diskussion ist richtig und gerechtfertigt.
    Allerdings werden auch Azubis nicht bedacht oder diejenigen die eine schulische Ausbildung machen.
    Und warum? Weil die Lobby nicht da ist.
    Also liebe Studenten*innen, bitte auch für die anderen einsetzen. Dann dürft ihr auch auf hohem Niveau klagen!

  18. 24.

    So ein Quatsch, Christian. Ja richtig, Studis als ärmste Gruppe des Landes zahlen bereits jetzt ~50 Euro pro Monat für Ihr berlinweites Ticket. Jetzt kommt ein deutschlandweites Ticket zu dne Preis (no-brainer) und sie müssen als einzige Gruppe das alte Ticket weiterbezahlen? Ganz schön unfair für die wenigen <50, die es in diesem Land noch gibt. Der Zuschuss vom Senat war wegen der ähnlich gelagerten Ungerechtigkeit beim 29-euro-ticket unumgänglich und hat nichts dem dem 49-euro-ticket zu tun.

  19. 23.

    Studis fahren doch mit dem Fahrrad zur Uni. Das Semesterticket ist für Erholung in der wenigen Freizeit da / um die Lerngruppe beim entfernt wohnenden Kommilitonen zu erreichen. Manche pendeln täglich auch 2 Stunden. Das ist dann keine Fahrradstrecke mehr und denken Sie bitte auch an Inklusion

  20. 22.

    Artikel gelesen? Die Studis Zahlen schon 600 Euro für das Jahresticket(klar, günstig), haben dann aber nur Berlin drin (bzw. Berlin+Brandenburg). Gerade als Student hätte ich mich doch über günstige Reisemoglichketen in der Republik gefreut. Die Gruppe der Studis muss durchschnittlich unter dem H4-Satz leben, also unter 500 Euro pro Monat. Da macht es richtig viel aus, ob ich wie Tickets kaufen muss oder mein bisheriges schon gilt.

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