5.000 Arbeitsplätze fallen weg - Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 Warenhäuser - auch in Berlin und Cottbus
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will mehr als 50 Häuser schließen. In der Cottbuser Filiale sollen noch in diesem Jahr die Lichter ausgehen. Zwei Berliner Häuser werden im nächsten Winter aufgegeben.
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. Nach rbb-Informationen wird der Standort in Cottbus zum 30. Juni geschlossen, der in Potsdam nicht. In Berlin sollen die Kaufhäuser in der Wilmersdorfer Straße (Charlottenburg) und in der Müllerstraße (Wedding) die Pforten schließen. Diese beiden Filialen sollen zum 31. Januar 2024 aufgegeben werden - wobei für die Müllerstraße eine Wiedereröffnung nach jahrelanger Sanierung im Raum steht.
Nicht betroffen von den aktuellen Schließungsplänen sind demnach die Berliner Filialen Ring-Center, Alexanderplatz, Hermannplatz, Tempelhofer Damm, Kurfürstendamm, Schloßstraße, Carl-Schurz-Straße und Tegel.
"Ein rabenschwarzer Tag"
"Insgesamt werden somit weit über 5.000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren", teilte das Unternehmen am Montag mit. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag", betonte der Betriebsrat. Der Konzern sprach von 4.300 Arbeitsplätzen.
Der Hintergrund: Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Mitarbeiterbrief die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.
Verdi: 250 Beschäftigte in der Region betroffen
Die Gewerkschaft Verdi mahnt, die angekündigten Schließungen könnten enorme Auswirkungen auf die betroffenen Innenstäfte haben. "Es drohen Verödung und Leerstand", hieß es in einer Mitteilung. "Es ist unbedingt notwendig, eine Zusammenarbeit und Diskussion - vor allem mit der Signa - zu organisieren", teilte die Gewerkschaft mit.
Die Verdi-Fachbereichsleiterin für den Bereich Handel, Conny Weißbach, sagte der rbb24 Abendschau, sie hoffe, dass noch Filialen auf der Schließungsliste gerettet werden können. Das hänge unter anderem davon ab, ob die Konditionen für Galeria als Mieterin nochmal verbessert werden könnten und ob die Kommunalpolitik noch Einfluss auf die Entscheidung nehmen könnte. "Wir reden allein in den drei Warenhäusern (Anm. Red.: 2x Berlin und 1x Cottbus) von mehr als 250 Beschäftigten, hinzu kommen Mitarbeitende aus den Lebensmittelabteilungen, Gastronomie und Untervermietungen sowie umliegende Geschäfte und kleinere Einzelhändler, die von den Galeria Warenhäusern als Ankermieter abhängig sind", so Weißbach weiter.
Verdi geht bei der Schließung der Berliner Filiale in der Müllerstraße zudem davon aus, dass diese nach einer Komplettsanierung 2027 wieder öffnen kann. Weißbach sagte, hier stelle sich vor allem die Frage, was mit den Jobs in der Zwischenzeit passieren soll. Die Gewerkschaft setze sich dafür ein, dass die Beschäftigten vorübergehend in anderen Filialen in Berlin unterkommen können.
Die Gewerkschaft fordert, dass der Galeria-Chef und Immobilieninvestor René Benko versprochene Zusagen einhält.
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigte sich bei rbb24 Brandenburg aktuell erleichtert, dass die Filiale in seiner Stadt erhalten bleiben soll. Das sei eine gute Nachricht für die Einzelhändler in der Brandenburger Straße und besonders für die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof, sagte Schubert rbb24 Brandenburg aktuell. Für den Erhalt habe wohl auch gesprochen, dass die Stadt Potsdam wahrscheinlich 1.000 Quadratmeter des Standortes für einen Bürgerservice anmieten will. Erste Gespräche dazu seien bereits gelaufen, so Schubert.
Von der Pandemie stark betroffen gewesen
Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4.000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme - ohne Erfolg.
Kleiner und dezentraler werden
Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der auch schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. "Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form", sagte er.
Das Unternehmen müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich "in drei Kalenderjahren" wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an.
Sendung: rbb24 Abendschau, 13.03.2023, 19:30 Uhr