Zuschüsse an Vivantes - Czyborra signalisiert Gesprächsbereitschaft im Berliner Krankenhaus-Streit

Di 01.08.23 | 18:18 Uhr
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Wolken ziehen über das Vivantes Klinikum am Urban. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Abendschau | 01.08.2023 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Paul Zinken

Nach jahrelangem Streit drohen 30 Krankenhäuser in Berlin dem Senat jetzt mit einer Klage: Die Sonderzuschüsse für die landeseigenen Vivantes-Kliniken seien ungerecht, so die Kritik. Und womöglich rechtlich auch nicht zulässig.

Im Streit um die Finanzierung der Berliner Krankenhäuser und millionenschwere Zuschüsse für den landeseigenen Konzern Vivantes hat Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) Gesprächsbereitschaft signalisiert. Berlin brauche "alle Träger und die Vielfalt in der Berliner Krankenhauslandschaft", sagte Czyborra am Dienstag dem rbb. Sie setze auf die Dialogbereitschaft der rund 30 Berliner Krankenhausbetreiber, die dem Senat im Juli mit einer Klage gedroht haben.

Hintergrund sind Sonderzuschüsse des Landes an Vivantes zwischen 2019 und 2022 in Höhe von über 500 Millionen Euro, sowie knapp 225 Millionen Euro im aktuellen Haushalt, um Defizite des Konzerns auszugleichen. Das sei Wettbewerbsverzerrung und verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, so die Krankenhausbetreiber.

Sonderzuschüsse mit EU-Recht vereinbar?

Sie haben eine Klageschrift vorbereitet, die Ende August beim Verwaltungsgericht eingereicht werden soll, falls der Senat nicht einlenkt. Geprüft werden soll unter anderem, ob die Sonderzuschüsse an Vivantes mit dem EU-Recht vereinbar sind. Demnach unterliegen Zahlungen an Unternehmen in öffentlichem Besitz bestimmten Vorgaben.

Eine Einigung bis Ende des Monats sei allerdings nicht möglich, sagte Czyborra dem rbb. Denn das Parlament als Gesetzgeber sei erst wieder im September aus der Sommerpause zurück. Sie verteidigte grundsätzlich, dass das Land Berlin Vivantes finanziell unterstützt. "Im Zweifelsfall sind wir nämlich diejenigen, die viele Aufgaben übernehmen müssen, auch in der Pandemie, und die Gesundheitsversorgung in der Stadt sicherstellen." Dafür brauche es Vivantes.

DRK-Kliniken-Vorstand fordert Zuschüsse für alle Krankenhäuser

Allerdings müsse der Konzern so aufgestellt sein, dass er ohne besondere Zuwendungen wirtschaftlich überleben kann. "Das Land Berlin hat kein Interesse daran, dauerhaft viel Geld in ein landeseigenes Unternehmen zu stecken, um Verluste zu decken", erklärte Czyborra.

Alle Krankenhäuser in Berlin müssten "dieselben finanziellen Mittel bekommen", sagte Christian Friese, Vorsitzender der Geschäftsführung bei den DRK Kliniken Berlin, dem rbb. Der Senat sei als Krankenhausplanungsbehörde allen Kliniken und Krankenhäusern gegenüber verantwortlich, und auch das Krankenhausfinanzierungsgesetz sehe eine Gleichbehandlung vor.

Sana-Geschäftsführer sieht Wettbewerbsverzerrung

Doch während Vivantes Sondermittel erhalte, müssten andere Träger dringend benötigte Investitionen verschieben. Bei den DRK-Klinken seien das zum Beispiel mehr Ein- und Zweibett-Zimmer, mehr IT-Sicherheit oder ein dreidimensionales Röntgengerät für die Chirurgie, so Friese.

Zu den rund 30 mehrheitlich frei-gemeinnützigen Krankenhäusern, die dem Senat mit Klage drohen, gehören unter anderem die Kliniken von Caritas und Johannesstift Diakonie sowie das Jüdische Krankenhaus und die Schlosspark-Klinik - und auch die Klinken des privaten Krankenhauskonzerns Sana. Dessen Geschäftsführer Michael Kabiersch sieht in den Zuschüssen für Vivantes vor allem eine Verzerrung des Wettbewerbs, etwa beim Personal.

Wenn Vivantes Leistungen zurückfährt, "leiden die anderen Kliniken"

So finanziere Vivantes Dank der Zuschüsse einen Entlastungstarifvertrag, den sich "viele andere Krankenhäuser gar nicht leisten können", so Kabiersch. Dadurch könne Vivantes bei zu hoher Auslastung Leistungen zurückfahren, wodurch dann allerdings andere Krankenhäuser mehr Patienten behandeln müssten. "Darunter leiden die anderen Kliniken", so Kabiersch.

Er hoffe dennoch, dass man mit dem Senat eine einvernehmliche Lösung finden werde, um die Klage noch abzuwenden. "Wenn Zuschüsse geleistet werden, sollen alle Träger in gleichem Maße daran beteiligt werden."

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.08.2023, 19:30 Uhr

10 Kommentare

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  1. 9.

    Zuschüsse für Vivantes sind auf jeden Fall eine Verzerrung des Wettbewerbs, nämlich genau beim Personal. Charité hatte 2021/22 wenigsten zweistellige Millionenbeträge an Leiharbeitern ausgeben müssen. Soweit mir bekannt sind das keine Gehaltskosten, die habe ich nur wenn ich jemanden direkt bei mir angemeldet habe. An zweiterstelle kommt dann Vivantes mit sehr hohen Kosten für Leiharbeit. In den anderen Krankenhäusern wird es wohl nicht besser aussehen. Wenn ich dann so eine Finanzspritze bekomme dann kann man sich wohl vorstellen, welche Vorteile das mit sich bringt.

  2. 8.

    Sie haben aber vergessen, dass die Krankenhäuser in privater (gemeinnütizger) Trägerschaft weitaus mehr Patienten behandeln als Vivantes und Charite zusammen...

    Außerdem gibt es in Berlin wie auch im restlichen Land, viel zu viele Krankenhausbetten. Immernoch werden Operationen stationär im Krankenhaus durchgeführt, obwohl dies ambulant möglich ist. Diese Verschwendung können wir uns nicht leisten. Es müssen einschneidende Reformen in der gesetzlichen Krankenversicherung her. Und nicht wieder den Unsinn mit den Priviatpatieten und Selbständigen, die in die Krankenversicherung einzahlen sollen. Das bringt nämlich erwiesenermaßen nichts.

  3. 7.

    Ganz so ist es nicht. Wir Ärzte bekommen für einen Privatpatienten deutlich mehr als für einen Kassenpatienten. Wir niedergelassenen Ärzte sind Unternehmer und müssen wirtschaftlich agieren

    Natürlich müssen alle Krankenhäuser gleich behandelt werden. Die Krankenhäuser in privater Trägerschaft behandeln mehr Patienten als die landeseigenen.

    Letztlich gibt's aber auch viel zu viele Krankenhausbetten. Diese müssen abgebaut werden!!!

  4. 6.

    Tja, außerdem zahlt Vivantes seinen Mitarbeitern die Inflationsausgleichsprämie, was ein Anreiz ist, den Arbeitsplatz zu wechseln.
    Die Diakonie und Caritas mit dem kirlichen Arbeitsrecht werden auch immer unattraktiver, da das nicht mehr in die heutige Zeit passt.

  5. 5.

    Wenn man keine Ahnung hat wovon man redet soll man schweigen. Es geht hier um alle Berliner Krankenhäuser ,
    die nicht zu Vivantes und Charite gehören. Es sind alles gemeinnützige Häuser und keine privatenKliniken.

  6. 4.

    Ich bin für Zuschüsse für Vivates und Charité.

    Die Klagedrohung schadet sen Patienten.

    "Das Land Berlin hat kein Interesse daran, dauerhaft viel Geld in ein landeseigenes Unternehmen zu stecken, um Verluste zu decken", erklärte Czyborra. Zu Lasten den Patienten.

    Gemeinnützige Krankenhausbetreiber sollen evenfalls gefördert werden. PRIVATE Krankenhausbetreiber will ich nicht. Gehen zu lasten drr Patienten.

    Siehe Privatversicherte. Privatpatienten bevorzugen , Kassenpatienten avwimmeln.

    Nein Danke.

  7. 3.

    " Wenn Vivantes Leistungen zurückfährt, "leiden die anderen Kliniken"

    umgekehrt dürfte das ebenso gelten . Dem Bericht zufolge dürfte die Sache doch klar sein ,der landeseigene Konzern Vivantes
    erhielt millionenschwere Zuschüsse , die anderen Krankenhausbetreiber, aber nicht.
    " Berlin brauche "alle Träger und die Vielfalt in der Berliner Krankenhauslandschaft", unterstützt aber nur Vivantes

  8. 2.

    Die Bezuschussung von Vivantes sehe ich als gleichen Schlingerkurs an wie analog bei Bahn, Post und sonstiger unabdingbarer Infrastruktur, mit anderen Worten: der Daseinsvorsorge. Es gibt keinen konkurrierenden zweiten, dritten und vierten Bundestag, kein zweites und drittes Bundesverfassungsgericht, das mit anderen Gesetzesvorlagen, mit anderen Urteilen wirbt als diejenigen, die die dazu vorgesehenen STAATLICHEN Institutionen fällen.

    Die OFFENE Debatte, welche Umstände der nichtkommerzialisierten Daseinsvorsorge bzw. der Konstitution des Staates zuzurechnen sind - neben den natürlich unstrittigen wie bei Bundestag, Bundesregierung, Gerichtswesen - sie ist geradezu überfällig.

  9. 1.

    wie gnädig : " Czyborra signalisiert Gesprächsbereitschaft "

    " das Krankenhausfinanzierungsgesetz sehe eine Gleichbehandlung vor. " die ist hier aber nicht gegeben

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