Energieversorgung - Berlin ist einziger Verhandlungspartner für Vattenfalls Fernwärmenetz

Fr 20.10.23 | 15:18 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Symbolbild: Heizungsrohren, Fernwärmenetz (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Im Ringen um das Berliner Fernwärmenetz ist dem Senat ein wegweisender Erfolg gelungen: Im Bieterverfahren ist Berlin nun einziger Gesprächspartner von Vattenfall. Der Konzern ist bereit, zentrale Forderungen des Landes zu erfüllen. Von Sebastian Schöbel

Berlin ist ab sofort der einzige Bieter, mit dem Vattenfall über den Kauf des Fernwärmenetzes verhandelt. Das vereinbarten das schwedische Unternehmen und der Senat in einem "Letter of Intent", der am Freitag unterschrieben wurde.

Nach monatelangen Verhandlungen, die zwischenzeitlich durch die Wiederholungswahl ins Stocken geraten waren, hat sich Vattenfall nun gegen zwei andere Bieter im Verfahren entschieden und ist nach rbb-Informationen bereit, zentrale Forderungen des Berliner Senats zu akzeptieren.

Weil beide Seiten Vertraulichkeit vereinbart haben, ist über den genauen Inhalt der Vereinbarung nur wenig bekannt. Bis Jahresende sollen die Verhandlungen laut Wirtschaftsverwaltung abgeschlossen sein.

Berlin greift auch nach der Gasag

Ein zentraler Punkt war in den bisherigen Gesprächen der Preis: Der Senat hatte laut Insidern stets klar gemacht, dass der von Vattenfall avisierte Preis von drei bis vier Milliarden Euro nicht akzeptabel sei. Berlin strebt nun eine Summe von weniger als zwei Milliarden Euro an.

Außerdem will der Senat das Geschäft mit einer Übernahme der Gasag verknüpfen. Vattenfall müsste dafür seine Anteile an der Gasag abtreten, während Berlin im Gegenzug etwas mehr als 50 Prozent der Anteile übernehmen und Mehrheitseigner der Gasag werden würde. Die beiden bisherigen Mit-Eigentümer, das Unternehmen Eon und der französische Energiekonzern Engie, müssten ihre Anteile von jeweils rund 30 Prozent entsprechend anpassen. Mit beiden Unternehmen muss allerdings noch verhandelt werden.

"Sichere und bezahlbare Wärmeversorgung"

"Unser Ziel ist eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Wärmeversorgung für Berlin", sagte Finnazsenator Stefan Evers (CDU). "Der Eintritt in exklusive Verhandlungen mit Vattenfall über einen möglichen Erwerb der Fernwärme durch Berlin markiert einen wichtigen Schritt auf diesem Weg." Wirtschaftsenatorin Franziska Giffey (SPD), die zusammen mit Evers den Letter of Intent unterschrieben hat, betonte die Bedeutung des Fernwärmenetzes für die klimaneutrale Wärmeversorung Berlins. "Das ist das wichtigste Vorhaben unserer Energiepolitik in dieser Legislatur und eine enorm bedeu tende Weichenstellung für die Zukunft."

Versprechen im Koalitionsvertrag

Das Land Berlin hat in den Verhandlungen stets auf die Verknüpfung von Gasag und Fernwärmenetz bestanden. Vattenfall hatte das lange Zeit abgelehnt, im Sommer aber eine Kehrtwende vollzogen. Dass der schwedische Konzern nun nachgibt, könnte auch an den Angeboten anderer Bieter liegen: Offenbar waren die nicht attraktiv genug.

Damit ist der schwarz-rote Senat nun in der Position, das Fernwärmenetz zurück in Landeshand zu holen. Darauf hatten sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Die Christdemokraten hatten sich zunächst gegen die Kommunalisierung des Netzes ausgesprochen, waren in den Verhandlungen aber auf die SPD zugegangen.

Fernwärmenetz wichtig für Klimaziele

Finanziert werden soll der Ankauf des Fernwärmenetzes nicht aus dem Sondervermögen Klimaschutz, sondern aus dem regulären Haushalt. Wo genau das Geld im nächsten Doppelhaushalt herkommen soll, ist bislang allerdings noch unklar. Die Schuldenbremse verbietet eigentlich weitere Kreditaufnahmen. Geklärt werden muss die Frage allerdings schnell: Schon bis Ende des Jahres soll es Klarheit über den Rückkauf des Netzes geben, bis Mitte 2024 sollen auch die restlichen Fragen, etwa zur Übernahme der Gasag durch das Land Berlin, geklärt sein.

Das Berliner Fernwärmenetz ist das größte Westeuropas und versorgt aktuell rund 1,3 Millionen Haushalte. Allerdings trägt die Wärmeerzeugung auch zu 40 Prozent der Berliner CO2-Emmissionen bei. Die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung ist damit ein elementarer Bestandteil der Klimaziele. Berlin setzt dabei auch auf grünen Wasserstoff: Der soll, so die Idee, aus erneuerbaren Energien gewonnen und zur Wärmeerzeugung genutzt werden.

Als Lieferant käme vor allem Brandenburg in Frage: Hier gibt es bereits Pläne für den Aufbau einer Wasserstoffproduktion, unter anderem in der bisherigen Ölraffinerie PCK in Schwedt. Allerdings ist die Transformation der Berliner Wärmeerzeugung eine kostspielige Mammutaufgabe, Expert:innen rechnen mit einem Investitionsbedarf in Milliardenhöhe.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.10.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

37 Kommentare

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  1. 37.

    Wieviel Proz. der akt. Whg in Berlin werden möbiliert vermietet mit durchchnittlich netto kalt 40 EUR? Immoscout-Preise mal gelesen? Und die Preise bei den öffentl. sind bei deren neuen Whg auch nicht akt.. Und wieviele Berliner leben an unter der Armutsgrenze? Also mal ein realistische Bild der Berliner Welt! Wieviele Wohg enstehen als Eig.tumswhg zwecks Vermietung u. gehen in den Mietspiegel ein, genauso wie die überhöht teuren Studenten'lofts'? usw usw.

  2. 36.

    Ist schon eine mißliche Sache für den Enderverbraucher. Einmal Ferwärme, immer Fernwärme. Der Kunde hat dann keine Wahl mehr. Aktuell hat Vattenfall die Fernwämepreise saftig erhöht. Etwa um 50 % (!!).
    Vattenfall produziert Fernwärme so gut wie ausschließlich über fossil Verbrennung. Zu 77 Prozent aus Gas, sechs Prozent stammen aus Abwärme durch die Müllverbrennung. Wasserstoff, gar noch Grüner, kommt für die Gebäudeheizung nicht in Betracht, weil viel zu teuer.

  3. 35.

    Also lieber Günter.Ich fühle mich von Vattenfall nicht abgezockt.Bin seit Jahren dabei und bei sparsamen Umgang mit meiner Heizung,ohne das ich gefroren hätte,habe ich immer Gutschriften erhalten.Also bitte nicht so hitzig.Wenn. Jetzt alles in Hamburgs Händen ist,auch gut.Ich glaube aber nicht das die Stadt Hamburg den Bürgern was schenkt.

  4. 34.

    Hallo T Bin ganz deiner Meinung.Ich bin seit 15 Jahren bei Vattenfall und ich bin sehr zufrieden.Dieses Bündnis mit den Grünen hat erst alles zu einem Problem gemacht.Uns alles vorschreiben zu wollen und dann knallen die Preise in die Höhe wir uns wohl noch mehr auf die Füße fallen.Der Angriffskrieg gegen die Ukraine ist da nicht alleine schuld

  5. 33.

    Witzig, der Reichstag hat ja bereits eine umfangreiche Geothermielösung....seit Jaaaaaahren...eingesackt sind da höchstens die Köpfe der eingeschlafenen Politiker

  6. 32.

    Die Schuldenbremse gilt nichtbfür Kreditaufnahmen zu Erwerb von Unternehmensanteilen oder Vermögensinvestitionen. Es wäre gut, wenn der Artikel dahingehend korrigiert würde.

  7. 31.

    Es steht Ihnen frei ein alternatives Fernwärmenetz zu bauen. Aber wie bei aller Infrastruktur gibt es auch bei der Fernwärme ein natürliches Monopol, weswegen die am besten in öffentlicher Hand liegt.

  8. 30.

    „ Ja für 1 Apfel und 1 Ei verkauft …“
    So würde ein Berliner niemals schreiben …
    Das heißt „für‘n Appel und’n Ei“ - Du Möchtegernberliner!

  9. 28.

    bitte nicht die GASAG !
    wir sind seit Jahren super zufrieden, werden nicht abgezockt und unterstützen noch die Eisbären Juniors.
    alles, wofür Berlin verantwortlich ist geht schief.
    Verwaltung, Wohnungsbau, Bildung….

  10. 27.

    Das Problem ist, Leute wie Sie fordern alles fürn Appel und n Ei. Ob Mieten, Strom, Wasser.. zu den Preisen ist das aber nicht finanzierbar und die Politik trtaut sich der Wählerstimmen wegen nicht Tacheles zu reden und genau daraum kommt es dann, wenn nichts mehr zu retten ist, zu (Not)verkäufen, damit die bösen Privaten es wieder wirtschaftlich machen und dann kommen Leute wie Sie und zwingen die Politik zum Rückkauf und täglich grüßt das Murmeltier geht wieder alles von vorne los.
    Meinen Sie für 3,70 m² geforderte Kaltmiete von DW Enteignen könnte man eine Wohnung bewirtschaften? Das sind 185,- für eine 50 m² Wohnung. Das deckt nichtmal den Selbstkostenpreis. Schon gar nicht nach Abzug aller Steuern und Sozialabgaben. Das macht auch locker schnell mal 50% aus. Dann stehen Sie da, eine Strangsanierung ist wie 2 Jahre keine Miete gezahlt.. Dach, Fassade, Hausflur, Fenster... halten für immer wa ?!

  11. 26.

    Ordentlicher Zustand und öffentliche Hand? Haben Sie schonmal ein Schulklo gesehen oder waren jemals in einem Amt. Verfall is da ein Kompliment.

  12. 25.

    Für mich klingt es nach Erpressung. Wie beim Vorkaufsrecht, wo im Vorfeld Teils auch mit drastischen Auflagen gedroht wird, sollte man nicht an den gewünschten verkaufen.
    Ich meine bei der BSR z.B kassiert uns der Senat auch ab wie eine Weihnachtsgans und erhält das Monopol auf Hausmüll aufrecht. Markt ausgehebelt zum Schaden der Verbraucher, der Mieter. Wo sind die ganzen freundlichen Verbrauchersendungen wie etwa Markt.. so heißt das doch auf rbb ?

  13. 24.

    Ach so, also Vattenfall zockt also die Kunden ab. Obwohl sie selber schreiben, wer die Kunden am meisten abzockt. Oder warum sind in Deutschland die höchsten Strompreise? Nicht durch Vattenfall, sondern durch unsere Politiker.

    Übrigens, Vattenfall zockt niemanden ab, sondern gehört zu dem fairsten Anbieter. Da wo alle wegen der sogenannten Energiekrise die Preise erhöht haben, hat Vattenfall die Preise gesenkt, da man dort nicht falsch spielt. Und trotz der Senkung hat man sogar im Jahr darauf eine Rückzahlung erhalten. Wenn das für sie Abzocke ist, lass ich mich gerne abzocken.

  14. 23.

    Es tut schon weh was sie da schreiben. Ja, für die Stadt hat es sich gelohnt, für die zahlenden Kunden aber nicht.

  15. 21.

    Wieso soll der Deal nicht klappen sollen? Ex Bewag/Gasag = Vattenfall. Die wissen wo die Rohre liegen, in welchem Zustand die sind, haben das "Knoff-Hoff" und die Fachkräfte. Niemand will Zustände wie im Breitbandnetz. Jeder buddelt, aber keiner weiss wirklich ob es die richtige Stelle ist oder schraubt ahnungslos am Druck rum. Da Einzige, was dann PYUR macht, sind die Heizkörperventile.
    Berlin wird bei jedem Anbieter an der Preisschraube drehen - aber nicht zum Kundenvorteil. Die "Blaupause" dazu liegt doch seit "Stromnetz Berlin" in den Schubläden.

  16. 20.

    Aufgrund eines Volksentscheid hat Hamburg Gas, Strom und zuletzt Fernwärme zurückgekauft.
    Hamburg Energie hat die Oberhand, endlich werden die von Vattenfall verkommenen Leitungsnetze,inkl. Verkehrssteurung (Ampel, öfftl..Beleuchtung) wieder in einen ordentlichen Zustand gebracht.
    Der Deal hat sich für die Stadt gelohnt, Gewinne bleiben in Hamburg und nicht in Schweden bzw. NRW (eon).

  17. 19.

    Es gab vor kurzem einen Bericht über übergroße Wärmepumpen, die ihre „Prozesswärme“ aus Flusswasser gewinnen. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen dass mal anschauen! Diese Technik wäre schon heute einsatzbereit!

  18. 18.

    Ja für 1 Apfel und 1 Ei verkauft und jetzt für eine ganze Lkw Ladung zurück kaufen. Super Politik.....

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