Ergebnis der Befragung - Einwohner von Grünheide sprechen sich gegen Teslas Erweiterungspläne aus
Darf der E-Autobauer Tesla sein Werksgelände in Grünheide um weitere rund 100 Hektar erweitern? Nein, hat die Mehrheit der Einwohner der Gemeinde in einer Befragung entschieden. Doch das Votum ist letztlich nicht bindend.
- Tesla will sein Gelände in Grünheide um rund 100 Hektar vergrößern
- große Mehrheit der befragten Einwohner hat "Nein" zu den Plänen gesagt
- Gemeindevertretung muss sich nicht an Votum halten
- Wirtschaftsminister Steinbach: "Wichtig, die Menschen ernst zu nehmen!"
- Tesla will weitere Gespräche führen
- Bürgermeister Christiani will den Bebauungsplan in jetziger Form den Gemeindevertretern nicht mehr vorlegen
Die Erweiterungspläne für die Fabrik des Elektroautobauers Tesla in Grünheide (Oder-Spree) bei Berlin sind bei einer Einwohnerbefragung mehrheitlich auf Ablehnung gestoßen. Das teilte die Gemeinde am Dienstagabend mit. Mit Nein zu einer Erweiterung stimmten 3.499 Einwohner, mit Ja 1.882. Das Votum der Einwohner ist zwar für die Gemeindevertretung nicht bindend, es gilt aber als wichtige Wegmarke.
Tesla will neben dem 300 Hektar großen Werksgelände einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Dafür müssten aber rund 100 Hektar Wald gerodet werden. Das ist umstritten. Es gibt Befürworter der Pläne, aber auch Ablehnung einer Tesla-Erweiterung.
Tesla will weitere Gespräche führen
In einer ersten Reaktion nach dem Ergebnis der Einwohnerbefragung kündigte der US-Elektroautobauer weitere Gespräche zu dem Thema an. "Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die logistische Optimierung des Werks ein großer Gewinn für die Gemeinde ist", erklärte Tesla am Dienstagabend dem rbb. Weitere Schritte sollen mit allen Beteiligten abgestimmt werden. "Ziel ist weiterhin eine signifikante Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die Schiene zu ermöglichen, sowie generell einen schnellen Infrastrukturausbau rund um die Fabrik sicherzustellen."
Es obliege der Gemeinde über das B-Plan-Verfahren zu entschieden, so der US-Elektroautobauer weiter. Zum ablehnenden Ergebnis erklärte Tesla: "Wir sehen, dass die Bürgerinnen und Bürger von Gründheide Sorgen in Verbindung mit der Flächenerweiterung haben."
Bürgermeister von Grünheide zum Abstimmungsergebnis
Der Bürgermeister der Gemeinde, Arne Christiani (parteilos), bedauerte im rbb24 Inforadio das Ergebnis. Es sei offenbar nicht gelungen zu vermitteln, dass auch noch andere wichtige Infrastrukturprojekte an dem Bebauungsplan hingen - wie beispielsweise die neue Landesstraße L386 oder der Bahnhofsvorplatz für den geplanten neuen Bahnhof in Fangschleuse. Das hänge klar damit zusammen - so Christiani - dass die lokale Berichterstattung über das Gesamtvorhaben Tesla im vergangenen Jahr eher ins Negative gegangen sei.
Enttäuscht sei er aber nicht, denn das sei das Votum der Bürger. Den Bebauungsplan werde er den Gemeindevertretern in der jetzigen Form so nicht mehr vorlegen, so Christiani. Die Beratungen würden nun weitergehen. Die nächste Sitzung war für den 14. März geplant.
Wirtschaftsminister Steinbach sieht im Abstimmungsergebnis "Heilungsmöglichkeiten"
Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sieht im Abstimmungsergebnis der Einwohner von Grünheide über die Erweiterung des Tesla-Fabrikgeländes ein wichtiges Votum. Es sei wichtig, die Menschen ernst zu nehmen, sagte Steinbach am Dienstag in rbb24 Brandenburg aktuell. Er sehe in der Abstimmung vor allem Heilungsmöglichkeiten.
Entscheidend sei, dass Ängste und Probleme deutlich würden, so Steinbach weiter. Tesla und die Gemeinde hätten nun die Möglichkeit, an den Problemen zu arbeiten und bis zum Mai überzeugende Antworten zu liefern.
Bürgerinitiativen sehen "historischen Sieg"
Bürgerinitiativen sehen das Nein zur Erweiterung der Tesla-Fabrik als historischen Sieg für den Wald- und Wasserschutz - nicht nur in Grünheide, sondern auch für ganz Brandenburg und Berlin, wie Manu Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide erklärt. Das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" forderte nach dem Votum die Gemeindevertretung auf, gegen die Erweiterung zu stimmen. "Das Nein zeigt: Jetzt ist Schluss mit undemokratischen Ausnahmegenehmigungen und dem skandalösen Hinwegsehen über Umwelt- und Arbeitsverstöße", sagte Lou Winters vom Bündnis.
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) erklärte, das Votum sei ein klarer Auftrag, noch intensiver das Gespräch zu suchen und über die Erweiterung des Werks zu informieren. Dies gelte insbesondere für das Vorhaben, zukünftig einen Großteil der Logistik des Werks über die Schiene abzuwickeln. Tesla habe seit Produktionsbeginn für eine beispiellose wirtschaftliche Dynamik in der Hauptstadtregion gesorgt, mit Tausenden zusätzlichen Jobs und Hunderten Ausbildungsplätzen, so Schirp. Der Autobauer müsse Blaupause dafür bleiben, dass sich Großprojekte in Deutschland schnell realisieren ließen.
Tesla will Produktion deutlich steigern
Tesla sieht Vorteile für die Region, wenn der Bebauungsplan durchgekommen wäre. Der Güterverkehr könnte nach Ansicht des Autobauers mit dem Werksbahnhof entlastet werden. Es geht auch um mehr Liefersicherheit durch die Schaffung eigener Lagerflächen. Erst kürzlich musste Tesla die Autofertigung rund zwei Wochen aussetzen, weil Bauteile wegen der unsicheren Lage im Roten Meer fehlten beziehungsweise verspätet eintrafen
Tesla will mit der Erweiterung des Geländes auch indirekt ermöglichen, künftig mehr Autos am Standort Grünheide bauen zu können. Das Unternehmen will perspektivisch die Produktionskapazität vom aktuellen Etappenziel von 500.000 Autos im Jahr auf eine Million verdoppeln. Derzeit arbeiten in dem Werk in Grünheide rund 12.500 Beschäftigte, die zuletzt 6.000 Autos in der Woche fertigten - das sind umgerechnet 300.000 Fahrzeuge im Jahr.
Teilnahme an der Befragung
An der Befragung beteiligten sich rund 5.400 Menschen. Die Beteiligung lag nach Angaben der Gemeinde bei mehr als 70 Prozent. Abstimmen durften alle Einwohnerinnen und Einwohner von Grünheide über 16 Jahren, die seit mindestens drei Monaten ihren Wohnsitz in der Gemeinde haben.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.02.2024, 19:30 Uhr
Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Textes war von einer zusätzlichen Fläche von rund 170 Hektar die Rede. Richtig ist: Der Güterbahnhof, Lagerhallen und Betriebskindergarten sollen auf einer Fläche von rund 100 Hektar gebaut werden. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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