Konzertkritik | Apache 207 - Ghetto-Rap als Großevent
Apache 207 ist einer der aktuell erfolgreichsten deutschsprachigen Musiker. Am Mittwoch spielte er in der Berliner Arena am Ostbahnhof. Sein Konzert war eine bombastische Show, der doch etwas gefehlt hat. Von Lennart Garbes
Es beginnt alles mit einer Reise in die Zukunft. Nachdem ein riesiger roter Vorhang die Bühne freigibt, erklärt ein deutlich gealterter Volkan Yaman - wie Apache 207 mit bürgerlichem Namen heißt - per Video, dass vom Ruhm und Reichtum aktueller Tage kaum etwas übrig geblieben ist. Zum Glück gibt es in der Zukunft aber Virtual-Reality-Automaten, mit denen man jeden schönen Tag in der eigenen Vergangenheit nochmal erleben kann. Und so wählt der gealterte Rapstar den 29. Mai 2024 aus, um Sekunden später nach einem lauten Knall wieder als 26-jähriger Apache auf der Bühne zu stehen.
Danach wird schnell klar, dass heute nicht gekleckert wird. Schon beim ersten Song "Unterwegs" gibt es Feuerwerk, Pyro-Flammen und Funkenregen im Sekundentakt. Dazwischen tänzelt der zwei Meter große Sänger aus Ludwigshafen in schwarzen Stiefeln, Jeans-Weste und weißem Tanktop auf der Bühne hin und her. Dazu trägt er wie immer Sonnenbrille, seine langen dunkle Haare sind als Dutt zusammengeknotet.
Autos, überall Autos
Hinter dem Musiker entfaltet sich ein Tankstellen-Bühnenbild, inklusive einer Waschstraße mit sich drehenden Bürsten, einem abgestellten Roller, Zapfsäulen, an denen das Benzin natürlich 2,07 Euro kostet, und einem Kiosk, in dem ein DJ die Musik bereitstellt. Das passt zu den Liedern von Apache, in denen es viel ums Herumfahren in fetten Autos, ums Alkoholtrinken und um Sex mit seinen Beifahrerinnen geht.
Für "Bläulich" lässt sich Apache, nach einem ersten Outfitwechsel jetzt ganz in weiß, dann auch in einem roten BMW-Cabriolet, das auf einem Rollpodest steht, durch den Innenraum der ausverkauften Arena am Ostbahnhof schieben, während das Publikum dazu fleißig die ausgeteilten Leucht-Armbänder schwenken darf. Überhaupt ist das ganze Konzert ein reizüberflutender Beweis dafür, wie sehr Apache den irgendwann mal als schmuddelig-jugendgefährdenden abgestempelten Ghetto-Rap in ein mainstreamfähiges Großevent für die ganze Familie verwandelt hat
Überraschungsgast Bausa
Das hört man in seinem musikalischen Mix aus Hip-Hop, RnB, 80ies-Pop und Eurodance genauso wie man es in den diversen Showeinlagen an diesem Abend sieht. Da gibt es etwa einen ganzen Konzertteil auf einem Podest in der Hallenmitte mit extra dafür auftauchendem Schlagzeuger und Gitarristen, Konfetti- und Luftschlangenkanonen werden abgefeuert, mehrfach werden die Outfits gewechselt und es gibt eine Breakdance-Einlage der mitgebrachten Apache-Friends-Crew. Das alles mündet schließlich im Überraschungsauftritt von Rapper-Kollege Bausa, um gemeinsam den Hit "Madonna" zu performen, der eh kaum noch was mit Hip-Hop zu tun hat.
Die Party muss immer weitergehen
Der Einzige, der von allen diesen Wendungen und Überraschungen des knapp zweistündigen Konzerts kaum beeindruckt zu sein scheint, ist Apache selbst. Der Rapstar spult sein Programm so dermaßen routiniert ab, dass man sich doch fragen muss, wie sehr ihm ausgerechnet dieser Abend in Berlin dann wirklich im Gedächtnis hängen bleiben wird. Es ist aber auch schon der 18. Stopp der Tournee und viele Highlights kann man sich inzwischen auch in den sozialen Medien anschauen.
Dass das Konzert trotzdem nie seinen Party-Charakter verliert, liegt deswegen vor allem am völlig entfesselten Publikum. Ü50-Ehepaare, beste Freundinnen, tätowierte Fitnessstudiogänger, Hardcore-Fans mit Liebesplakaten und Eltern mit ihren vielleicht gerade so zehnjährigen Kindern schmettern gemeinsam jedes Lied mit, sodass am Ende doch alle zufrieden nach Hause gehen können. Frei nach seinem Hit 'Komet': "Wenn ich geh, dann so wie ich gekommen bin" und so weiter…
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.05.2024, 7:55 Uhr