Bürgerservice eingeschränkt - Hinweise auf Cyber-Angriff: Potsdamer Verwaltung kappt Internetverbindung
Die Stadt Potsdam ist offline: Nach Hinweisen auf eine Cyber-Attacke sind die Internetserver der Verwaltung vorsichtshalber abgeschaltet worden. Bestimmte Anträge oder Ummeldungen können vorerst nicht bearbeitet werden.
Die Stadt Potsdam hat am Donnerstag die Internetverbindung der Verwaltung vorsorglich abgeschaltet. Es gebe Hinweise auf eine bevorstehende Cyberattacke, hieß es am Donnerstag in einer Pressemitteilung der Stadt. "Wir haben uns entschieden, aus Sicherheitsgründen unsere Systeme offline zu stellen", sagte Oberbürgermeister Mike Schubert. Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) sind im Einsatz, um die Hintergründe zu klären. Ein Krisenstab unter Leitung von Schubert wurde eingerichtet.
Nur telefonisch erreichbar
Durch das Abschalten der Netzwerkverbindungen könne die Verwaltung derzeit keine E-Mails senden oder empfangen, teilte die Stadt am Donnerstag mit. Auch sämtliche Verfahrenssoftware könne aktuell nur eingeschränkt genutzt werden. Insbesondere Anträge von Personalausweisen und Reisepässen, An- und Ummeldungen, das Ausstellen von Urkunden oder Online-Anträge für das Wohngeld seien demnach derzeit nicht möglich. Die Telefone seien aber nicht betroffen.
Die Terminverwaltung und weitere Online-Dienste der Landeshauptstadt waren am Donnerstagabend nicht verfügbar. Schubert warb um Verständnis für den Ausfall. "Wir sehen uns gezwungen, Sie bei allen Anliegen, die die Bürgerserviceeinrichtungen betreffen, um Geduld zu bitten", so der Oberbürgermeister.
Auch Stadtwerke schalten Internet ab
Auch die Stadtwerke Potsdam haben nach dem mutmaßlichen Cyber-Angriff entschieden, ihre Internet- und E-Mail-Verbindungen am Freitagnachmittag abzuschalten. Diese vorsorgliche Maßnahme diene der Gefahrenabwehr und gelte bis zum Montag, teilte das Unternehmen am Freitag mit.
Es seien etwa die Kundendienste betroffen, sagte der Sprecher der Stadtwerke, Stefan Schulz. Aber auch Fahrscheine der Deutschen Bahn könnten nicht verkauft werden. Die Stadtwerke als kommunales Unternehmen sind auch für den Personennahverkehr in Potsdam zuständig.
LKA ermittelt
Es deute viel darauf hin, dass es sich um einen Angriff handele, sagte die Sprecherin des Polizeipräsidiums, Beate Kardels, am Freitag. "Das LKA hat die Ermittlungen übernommen." Drohschreiben mit Forderungen seien der Polizei bislang aber nicht bekannt. Zudem gebe es derzeit auch keine Hinweise auf Cyberattacken gegen weitere Kommunen in Brandenburg.
Die IT-Fachleute des LKA seien im Kontakt mit der Stadt und im Austausch mit anderen Sicherheitsbehörden wie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), sagte die Polizei-Sprecherin. Die Spezialisten wollen ermitteln, wer hinter dem wahrscheinlichen Cyberangriff steckt. Sie untersuchen auch, ob es Sicherheitslücken im System der Stadt gibt.
Schubert nennt Attacke "asozial" - Ausweichlösung in Arbeit
"Es ist nicht nur kriminell, sondern asozial in so schweren Zeiten, in denen Bürger von der Beantragung und Auszahlung von Wohngeld und Sozialleistungen abhängig sind, dazu nötige IT-Systeme zu attackieren", sagte Schubert laut Mitteilung am Freitag.
Die Stadt sei dabei, die Systeme so auszurichten, dass ab Anfang Januar möglichst mit Ausweichlösungen die Arbeitsfähigkeit insbesondere für die Sozialverfahren aufrechterhalten werden könne.
Die Potsdamer Stadtverwaltung war bereits Anfang 2020 Opfer einer Cyberattacke geworden. Verantwortlich dafür war ihren Angaben zufolge eine Schwachstelle im System eines externen Anbieters. Die Stadt schaltete ihre Server daraufhin für rund eine Woche ab.
Daraus müssten Lehren gezogen worden sein, so der Vorsitzende der CDU-Fraktion in Potsdam, Matthias Finken. "Und das ist jetzt die Frage, ob man genug getan hat." Er forderte, die Maßnahmen seit 2020 zu überprüfen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.12.2022, 22:00 Uhr