Ausstellung in Berlin - Wie die Stasi in Brandenburg agierte

Di 29.10.24 | 12:58 Uhr | Von Magdalena Bienert
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Ein Stasi-Unterlagenarchiv in Brandenburgs einziger Stasi-Unterlagenbehörde in Frankfurt (Oder) (Brandenburg), aufgenommen am 21.09.2015. (Quelle: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul)
Audio: rbb|24 Brandenburg Aktuell | 29.10.2024 | A. Opitz / M. Albrecht / Marc Langebeck / Maria Nooke | Bild: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Auch 35 Jahre nach dem Fall der Mauer widmet sich das Stasi-Unterlagen-Archiv unermüdlich der Auf- und Erklärung: Wer war die Staatssicherheit und wie hat sie gearbeitet? Das zeigt nun eine zweiwöchige Ausstellung in Berlin. Von Magdalena Bienert

Bis 1989 gab es in Brandenburg die drei DDR-Bezirke Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam. Jeder Bezirk hatte seine eigene Stasi-Bezirksverwaltung mit 40 untergestellten Kreisdienststellen. Die Stasi-Objektdienststelle befand sich im VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe bei Spremberg. 8.574 hauptamtliche Mitarbeiter hatte das Ministerium für Staatssicherheit in Brandenburg, hinzu kamen 26.700 IM (Inoffizielle Mitarbeiter).

Soweit die Fakten hinter zig Schicksalen in der Region. Beides verknüpft sich auf 23 großen Schautafeln im Foyer der Landesvertretung Brandenburg in Berlin-Mitte.

info

Die zweiwöchige Ausstellung "Die Stasi in Brandenburg" ist kostenlos und von Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 18 Uhr zu sehen.

Ort
Vertretung des Landes Brandenburg beim Bund, In den Ministergärten 3, Berlin-Mitte

Anmeldung unter veranstaltungen@lv.brandenburg.de

Ostalgie vs. Aufklärung

Es sind berührende Geschichten einer DDR-Spitzensportlerin, eines Künstlerkreises aus Frankfurt oder einer Punk-Band aus Stahnsdorf. Sebastian Richter, der Leiter des Stasi-Unterlagen-Archivs Frankfurt (Oder), möchte mit seiner Auswahl der Tafeln zeigen, wie sehr die Staatssicherheit in den "Alltag und die Privatsphäre der Menschen eingegriffen hat". Er sagt, das würde in der heutigen Zeit manchmal in Vergessenheit geraten und der "Alltag der DDR wird losgelöst von den diktatorischen Herrschaftsmechanismen. Das war aber nicht der Fall".

Niedrigschwellig, informativ, bewegend

Die Aufsteller erzählen niedrigschwellig und kurz Basis-Fakten oder eben Schicksale, immer ergänzt mit Fotos und Nachdrucken von Original-Dokumenten. Das sind mal handschriftliche Gesprächsprotokolle eines IMs, eine Wohnungs-Skizze der Observierten, bis hin zu offiziellen Schreiben. Die tragen Titel wie "Eröffnungsbericht" oder "Informationen zu einem operativ-bedeutsamen Sachverhalt" - bei letzterem handelt es sich um einen "Treffbericht zu feindlich-negativen Aktivitäten einer Punk-Gruppe".

Wäsche hängt zum Trocknen vor den Wohnhäusern in unmittelbarer Nähe zum Gaskombinat Schwarze Pumpe, aufgenommen 1988. (Quelle: dpa-Zentralbild/Reinhard Kaufhold)Der VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe bei Spremberg 1988, in dem sich die Stasi-Objektdienststelle befand.

Die Ausstellung ist Teil einer Modulausstellung und über Jahre gewachsen, regionale Aspekte werden immer wieder ergänzt. Insgesamt lägen rund 150 solcher Schautafeln im Stasi-Unterlagen-Archiv Frankfurt (Oder), erzählt dessen Leiter. Man wolle damit eine "breite Öffentlichkeit" ansprechen und ebenso Menschen, die Teile der Ausstellung dann vielleicht auch in ihre Region holen möchten. Schließlich stecke man immer noch "mittendrin im Aufarbeitungsprozess", heißt es bei der Vernissage.

Faktenbasierte DDR-Geschichte am Leben halten

Eine lange Diskussion über den Geschichtsunterricht an Schulen macht am Eröffnungsabend auch deutlich, dass das Thema "DDR" offenbar aus Zeitgründen viel zu selten ausführlich behandelt werden kann. Dadurch würden Schülerinnen und Schüler immer nur die subjektive Wahrheit ihrer Familien kennen. Wenn denn überhaupt noch über die DDR gesprochen wird.

Vielleicht kann diese Ausstellung den wirklich Geschichtsinteressierten kaum Neues bieten, aber sie könnte ein Anreiz sein, mit den Enkeln hinzugehen oder der eigenen Familie doch noch mal Fragen zu stellen.

Sendung: rbb|24 Brandenburg Aktuell, 29.10.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Magdalena Bienert

38 Kommentare

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  1. 38.

    Als ehemaliger West-Berliner und jetziger Gesamtberliner ist die Gefühlslage sicherlich noch eine ganz spezifische. In der Tat war die Ausrufung der östlichen Stadthälfte, die laut Völkerrecht und laut Viermächteabkommen gar kein Teil der DDR war, zur Hauptstadt der DDR schlichtweg ein Witz, im Grunde genommen einer PR-Nummer.

    Formal wurde alles eingehalten. Genauso wie jeder Beschluss des Deutschen Bundestages EINZELN durch das West-Berliner Abgeordnetenhaus übernommen und bestätigt wurde und werden musste, geschah es bei den Beschlüssen der DDR-Volkskammer durch die Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung. Einzeln.

    Darüber war dann nicht groß Reden. Die PR musste ja sitzen.

  2. 37.

    Aufarbeitung der NS-Verstrickung?
    Vor 1968 passierte da garnichts - außer ein paar billigen Entschuldigungen ohne Wert. In Bundesdeutschland wurden "Persilscheine" ausgereicht, in der DDR konnten sich alle als 17. Millionster Bestandteil eines definiert antifaschistischen Staates fühlen. ;-

  3. 36.

    Nach 35 Jahren müsste das Ende der DDR auch mal akzeptiert werden. Es war nicht alles schlecht und wir älteren DDR Bürger verstehen nicht diese Kampagne. Wozu benötigen wir noch einen DDR Beauftragten? Alles Steuergelder ?

  4. 35.

    >"Ich habe gerade meine Stasi-Unterlagen angefordert."
    Na ich weiß nicht, was das jetzt 35 Jahre nach Untergang noch bringen soll, außer evtl. Hass auf Bekannte, Verwandte oder sonst wen in der ehemaligen Nachbarschaft. Wie alt sind Sie jetzt und wie alt sind die evtl. Spiogenten in ihrer Nähe? Für mich ist das Thema, solange es keine Verletzten und Toten dadurch im eigenen Umfeld gab, verjährt nach 35 Jahren. Ich will auch meine innere Ruhe haben und meinen Kumpels, Arbeitskollegen oder sonst wen von damals was vorwerfen müssen oder wollen. Es gibt Dinge im Leben, die kann man auch ruhen lassen. Außer Sie haben persönlich wirklich viel Leid erfahren durch das MfS. Dann fällt das wieder in den Bereich der persönlichen Tätersuche.

  5. 34.

    Auch im Westen hat man nach der Aufbauphase und den Schlussstrichdebatten der 1950er Jahre, ab Anfang der 1960er Jahre damit begonnen, die gemeinsame deutsche Vergangenheit aufzuarbeiten. Das hat sich als überaus segensreich für die Festigung der Demokratie und zur Förderung der Resilienz gegen ihre Feinde erwiesen. Man erwartet also nichts Ehrenrühriges oder Herabwürdigendes, wenn man verlangt, stellt euch eurer Geschichte!. Ob diese Ausstellung in der LV Brandenburg nun Neues oder Bekanntes enthält, muss jeder selbst zu entscheiden das Recht haben. Bekannt sind eigentlich nur die Narrative und genau da, will diese Ausstellung, wenn ich den Artikel recht verstanden habe, ran.

  6. 33.

    Ich verstehe Ihren Einwand aber kann man das tatsächlich miteinander vergleichen? Ich habe mich in der Teilungsphase immer als West-Berliner gefühlt und auch so geschrieben, obwohl die offizielle ,,DDR"-Schreibweise die für mich furchtbare Variante Westberlin einforderte und von einer selbständigen politischen Einheit sprach, also als Ausdruck ihrer Abgrenzungsideologie sprachlich sowohl den Viermächtestatus der Stadt leugnete, als auch die Zugehörigkeit West-Berlins zur Bundesrepublik Deutschland. Wenn die UdSSR Ihrer Stadthälfte befahl, sich einseitig zur Hauptstadt der ,,DDR" auszurufen, und damit gegen geltendes Völkerrecht zu verstoßen, dann sind die Gänsefüßchen noch ein sehr milder Ausdruck des Protests gegen diese Praktik. Verstehen Sie? Die ,,DDR" hat sich im Vergleich zu Springer nicht nur übergriffig verhalten, sondern versucht, uns West-Berlinern die deutsche Staatsangehörigkeit abzusprechen.

  7. 32.

    Zu seinem gelebten Leben in der DDR ehrlich zu stehen und sich dieses nicht von Außenstehenden erklären zu lassen hat nichts mit "Aufarbeitungsverweigerung" zu tun. Ich war zur Wende 28, hatte mich anfangs mit dem System identifiziert, um dann zu sehen dass diese Utopie von der Diktatur des Proletariats zum Scheitern verurteilt war.
    Wir DDR-Bürger haben dieses System friedlich zum Einsturz gebracht, weil Gorbi in der SU im eigenen Land überfordert war und es bis in die Führungsetagen klar war, dass es so nicht weitergehen konnte.
    Diese Ausstellung bringt nichts Neues, weil sie der Frage wie man Menschen manipuliert, um anderen Menschen Unrecht zu tun, nicht nachgeht.
    Wer die DDR grau und nicht schwarz/weiß sieht ist kein Nostalgiker.

  8. 31.

    Würden Sie denn auch BRD in Anführungsstrichen schreiben oder Bundesrepublik Deutschland in Anführungsstrichen oder etwas eingekürzt Bundesdeutschland in Anführungsstrichen?

    (Paradox war es dagegen schon immer: Wer die Zeitungen des genannten Verlages vermeiden wollte, brauchte nicht erst ins Impressum schauen, sondern nur einen der Artikel nehmen, der sich mit der DDR befasste.)

    Als Wessi habe ich mich nie gefühlt. Bundesdeutscher trifft es schon genauer, Bundesrepublik als Erwähnung der Staatsform ohne Nennung des Staatsnamens war mir andererseits immer schon zu dürftig.

  9. 30.

    Tja, lieber Helmut Krüger, skurrile Blüten, Sie mögen verzeihen, aber diese Anführungszeichen haben in meinem Falle nichts mit dem Axel Springer Verlag zu tun, sondern sind ein eher ironischer Ausdruck, mich der komplexen und immer miteinander verwobenen Geschichte beider deutscher Staaten anzunähern. Die Sommerzeit z.B. wurde zunächst in der ,,DDR" eingeführt und musste dann vom Westen übernommen werden, weil man verhindern wollte, daß Ost- und Westdeutschland in unterschiedlichen Zeitzonen existieren, was zumal in West-Berlin zu dem Eindruck hätte führen können, daß die ,,Pankower Machthaber" (das war jetzt Springer) den Verstand verloren hätten, mit ihrer schon ein wenig aus der Zeit gefallenen Politik der Abschottung gegenüber dem Westen. Ich strebe eigentlich ein Miteinander an, in dem Begriffe wie Ossi oder Wessi nur noch als Randnotiz der Geschichte in einem gemeinsamen Deutschland, insbesondere aber Berlin, ihren Platz finden.

  10. 29.

    EWir durften noch nicht mal ein Radio nutzen.
    s wurde immer propagiert das jederzeit der Feind uns überfallen könnte und wir bereit sein müssen unseren Arbeitsplatz zu verteidigen. (Mein Arbeitsplatz, mein Kampfplatz für den Frieden!) Da würde das Hören von Radiosendungen nur stören.
    Auf meinen Einwand woher wir denn genau in Erfahrung bringen sollten ob uns der Westen angreift wenn wir es nicht durch Nachrichten erfahren wurde mir gesagt, das braucht mich nicht zu kümmern dafür haben wir unsere Leute.

  11. 28.

    Genau diese Springer´sche Attitüde, einen sichtbar vorhandenen Staat verbal als nichtexistent zu begreifen und ihn in Anführungsstrichen zu setzen, genau diese Attitüde ist Teil einer Entfremdung zwischen Ost- und vorherigen Bundesdeutschen.

    Die Leugnung der DDR-Existenz trieb zuweilen skurrile Blüten: Als Mitte / Ende der 1970er Jahre die DB-Reisezentren aufkamen und nachvollziehbarerweise nach Inlands- und Auslandsreisen unterschieden wurde, wurden die Fahrten von Köln, München oder Hannover nach Leipzig, Erfurt oder Chemnitz am Auslandsschalter abgewickelt, denn es waren ja Fahrten, die nicht über die Gleise der DB verliefen.

    Protest! Ich habe das noch vor Augen und in den Ohren. DDR am Auslandsschalter! Dann wurde verbal nachgebessert und es stand DDR und Ausland. So kam die DDR in den Reisezentren zu Rang und Namen - ohne Anführungsstriche.

  12. 27.

    Das man sich von Wessis nicht sein Leben und leben in der ehemaligen ,,DDR" erklären lassen will, ist eine zwar bekannte, nichtsdestotrotz immer noch wirkmächtige Chiffre von sogenannten Aufarbeitungverweigernden, also Menschen, die es ablehnen, sich kritisch mit ihrer eigenen Rolle in der ehemaligen ,,DDR" vor einer als westdeutsch und somit ungeeignet zur Bewertung der Gegebenheiten in der ehemaligen ,,DDR" denunzierten Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Es bleibt jedem selbst überlassen zu entscheiden, wie und ob man sich zu diesem Mindset verhalten mag. Ich finde es notwendig, daß man immer wieder auch unbequeme Fragestellungen zum Umgang vor allem auch der ehemaligen ,,DDR"-Bürger mit ihrer eigenen Vergangenheit anregt. Ich hoffe, die Ausstellung in der LV Brandenburg - also aus dem Osten für den Osten, aber nicht nur für den Osten, kann einen Beitrag dazu leisten.

  13. 26.

    "Es gibt aber nicht nur Sie und ihre Erfahrung, denke ich mal. "
    Hab ich das irgendwo geschrieben?

    " ja so konnte sich E. Hoenecker auch nenne in 2 Gesellschaftssystemen."
    Womit er faktisch einfach mal recht hätte. Genau genommen, hat er sogar drei Staatsformen/Systeme erlebt. ;-)



  14. 25.

    Ggf. wichtiger noch, als dies aus einem persönlichen Sadismus heraus zu erklären - und sei es auch bezügl. Ulbricht, Honecker oder Mielke - wäre es m. E., das aus dem Herrschaftsanspruch der SED herzuleiten. Das war ja nicht nur der Anspruch auf ein Besserwissen, was viele Parteien heutzutage auch von sich gegenüber den anderen herausposaunen. Es war schlichtweg eine geschichtliche "Mission", Herr, Sachwalter und Geburtshelfer DER Geschichte zu sein.

    Wer könnte denn so dämlich sein, sich dem Verlauf DER Geschichte entgegenzustellen, um den definitiv eben nur eine SED weiß, allen anderen hingegen eine Unreife attestiert wird? Deshalb auch das ganze menschenverachtende Vokabular, feindlich-negative Elemente, operative Zersetzung u. s. w.

    Die DDR war damit per Eigendefinition der einzig wissenschaftliche Staat auf deutschem Boden. Über Fußnoten ließe sich streiten, über die Sache nicht. Da waltete bei der Stasi die deutsche Ordnung, akribisch bis zum letzten Punkt und Komma.

  15. 24.

    Eyh Aura, das ist mein Name, den hatte ich hier schon vor x Zeiten benutzt...!

    Und 'Permafrust' ist hier immer so drauf. Warum auch immer. Vielleicht lebt der wirklich im Permafrost...


  16. 23.

    Sie schreiben heute derart viele nette Kommentare. Vielleicht geht es Ihnen heute nicht so gut?

  17. 21.

    Es gibt aber nicht nur Sie und ihre Erfahrung, denke ich mal.
    "Ein Bürger", ja so konnte sich E. Hoenecker auch nenne in 2 Gesellschaftssystemen.

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