Großer Bedarf an Pflegefamilien in Berlin und Brandenburg - "Die Kinder finden kein Zuhause"
Mehr Kinder, die ein Zuhause suchen, als Familien, die es bieten: Es gibt einen Mangel an Pflegeeltern in Berlin und Brandenburg, die Zahlen sind rückläufig. Die Gründe dafür sind jedoch unterschiedlich.
Die Anzahl der Familien, die bereit sind, Pflegekinder aufzunehmen, ist in Berlin und Brandenburg rückläufig. Gründe dafür sind unterbesetzte Jugendämter und mangelnde Unterstützung für die Pflegeeltern.
Sechs von zehn angefragten Berliner Bezirken bestätigen, dass immer weniger Familien bereit sind, Pflegekinder aufzunehmen. In Charlottenburg-Wilmersdorf waren es beispielsweise im Jahr 2013 noch 126 Familien, im vergangenen Jahr nur noch 92.
Auch in der Uckermark gibt es mehr Kinder, die ein Zuhause suchen, als Familien, die es bieten können. Ein Drittel aller brandenburgischen Landkreise und kreisfreien Städten hat das gleiche Problem.
Unterschiedliche Gründe, die zu weniger Pflegefamilien geführt haben
Petra Schrödel arbeitet für den Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern. In dem Verein engagieren sich über 600 Ehrenamtliche. Alle Mitarbeitenden sind selbst auch Pflegeeltern. "Ich finde es traurig für die Kinder, denn sie finden kein Zuhause. Es werden immer weniger Familien, die das tragen oder verantworten können", sagt Schrödel mit Blick auf die sinkenden Zahlen potenzieller Pflegefamilien.
Die Gründe für die rückläufigen Zahlen sind je nach Region unterschiedlich. In Berlin melden die Bezirke, die betroffen sind, dass die gestiegenen Energiekosten, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges oder der Corona-Pandemie und der prekäre Wohnungsmarkt Familien davon abhielten, sich für ein Pflegekind zu entscheiden. In der Uckermark, heißt es, seien die langen Anfahrtswege zu Einrichtungen ein Hindernis, das verlange von Berufstätigen viel ab. Was mehrere Berliner Bezirke mitteilen: Es fehlt an finanzieller Unterstützung.
Pflegegeld in Berlin beispielsweise seit zehn Jahren nicht erhöht
Diese Erfahrung hat auch Petra Schrödel gemacht. "Ich habe selbst drei Jahre lang gar nicht gearbeitet, um nur für das Kind da zu sein. Bezahlt habe ich das vom Erbe meiner Eltern, sagt sie. Das Pflegegeld, das die Pflegeeltern erhalten, kommt vollumfänglich dem Kind zu und ist für Verpflegung, Bekleidung oder Schulsachen gedacht. Dieser Betrag wurde in Berlin seit mehr als zehn Jahren nicht mehr angehoben und er liegt weit unter offiziellen Empfehlungen oder der finanziellen Unterstützung anderer Bundesländer.
Es besteht Handlungsbedarf
"Von diesen Beträgen ist Berlin inzwischen so weit weg. Man kann sagen, ein Kind, das Bürgergeld bezieht, kriegt mehr", kritisiert Peter Heinßen, Geschäftsführer des Vereins Familien für Kinder. Er verweist auf eine Studie, die das Land Berlin vor zwei Jahren in Auftrag gegeben hat, um die Situation der Pflegefamilien und -kindern genau zu untersuchen und die Ergebnisse zeigen, dass ein großer Handlungsbedarf. Dabei geht es unter anderem um die Erhöhung der finanziellen Zuschüsse oder um eine Vereinfachung der Kommunikation mit den zuständigen Bezirken, so der Abschlussberich der Studie.
Auf die Umsetzung wartet Peter Heinßen aber bis heute. "Da fühlen sich doch alle verarscht. Alle haben die Hoffnungen drin gehabt, alle Bezirke und Träger. Es war ein Riesenkonsens.Und dann passiert nichts."
Sendung: rbb24 Abendschau, 04.03.2023, 19:30 Uhr