Deal mit Staatsanwaltschaft - Urteil mit milden Strafen in Prozess um Einbruch ins Grüne Gewölbe erwartet

Di 16.05.23 | 06:27 Uhr | Von Nadja Malak, MDR Recherche
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Ein Angeklagter (r) im Prozess um den Juwelenraub im Grünen Gewölbe wird am 16.05.2023 bei der Fortsetzung des Prozess in den Verhandlungssaal im Landgericht geführt.(Quelle:dpa/S.Kahnert)
Audio: rbb24 Inforadio | 15.05.2023 | Anett Apfel | Bild: dpa/S.Kahnert

Im Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe wurde mit den Angeklagten im Januar ein Deal geschlossen. Für die Rückgabe des Schmucks sollen die Männer eine geringere Strafe erhalten. Daran gibt es Kritik. Von Nadja Malak

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Fast eineinhalb Jahre wurde um den Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden verhandelt. Lange Zeit war nicht klar, ob die sechs Angeklagten, die allesamt dem Berliner Clanmilieu angehören, überführt werden können.

Doch dann kam der Deal, der beinhaltet, dass die gestohlenen Juwelen zurückgegeben werden und die Angeklagten umfassende und glaubwürdige Geständnisse ablegen. Im Gegenzug sollen sie milder bestraft werden.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden die Juwelen im vergangenen Dezember zurückgegeben. 31 Einzelteile – teilweise stark beschädigt. Die drei wertvollsten Stücke fehlten: die bei dem Diebstahl beschädigte Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen" sowie das Collier und die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste.

Mehr Fragen als Antworten

Dennoch kam es zu der Verfahrensabsprache. Vier Angeklagte nahmen den Deal an. Sie machten Aussagen und schildern ihre Tatbeteiligung. Ein fünfter will nicht dabei gewesen sein und nur Werkzeuge besorgt haben. Der sechste hat ein Alibi.

Nach den Aussagen gab es aber mehr Fragen als Antworten. Laut den Angeklagten waren zwei unbekannte Männer an dem Einbruch beteiligt, Namen wurden nicht genannt, denn sie mussten keine Dritten belasten. Dasselbe gilt für den Verbleib der fehlenden Schmuckstücke. Wie und wo waren die Juwelen in der Zwischenzeit gelagert? Wer sind die Hintermänner und Planer des Coups? Diese Fragen werden auch nach Ende des Prozesses offenbleiben.

Haftverschonung Teil des Deals

Die Staatsanwaltschaft fordert nun Haftstrafen zwischen rund viereinhalb Jahren und sechs Jahren und acht Monaten. Drei der sechs Angeklagten werden am Dienstag nach ihrer Verurteilung voraussichtlich auf freien Fuß gesetzt werden. Denn Teil der Vereinbarung ist eine vorrübergehende Haftverschonung. Das heißt der Haftbefehl wird ausgesetzt, bis das Urteil rechtsgültig ist.

Bei den restlichen Angeklagten liegen andere Haftgründe vor. So wird etwa Ahmed R., für den die Staatsanwaltschaft aufgrund seines Alibis Freispruch gefordert hat, in Haft bleiben. Er wurde für den Einbruch ins Berliner Bode-Museum und den Diebstahl der Goldmünze verurteilt. Auch in Haft bleibt sein Mittäter Wissam R. Ein weiterer Angeklagte bleibt in Untersuchungshaft, da er im Sommer 2020 an einem bewaffneten Banküberfall beteiligt gewesen sein soll.

Die undatierten, am 25.11.2019 von der Polizeidirektion Dresden herausgegebenen Aufnahmen zeigen (oben, l-r) einen Hutverschluss des Diamantrosen-Sets, einen Bruststern des Polnischen Weißadlerordens, eine große Brustschleife, eine Aigrette für das Haar in Form einer Sonne, sowie (unten, l-r) ein palettenförmiges Juwel, ein Juwel des Polnischen Weißadlerordens, eine Kette aus 177 sächsischen Perlen, einen Degen des Diamantrose-Sets, eine Epaulette des Diamantrosen-Sets, eine Aigrette für die Haare in Form eines Halbmonds. (Quelle: dpa-Bildfunk)Einige der gestohlenen Juwelen tauchten wieder auf, andere bleiben verschwunden

Das falsche Zeichen

Für Experten wie den Erlanger Politikwissenschaftler und Clan-Experten Mahmoud Jaraba ist das Urteil das falsche Zeichen. Jaraba forscht seit Jahren zu Strukturen arabischer Clans in Deutschland. Er sagt, dass die kriminellen Teil-Familien voneinander lernen. Zum Beispiel Kinder von ihren kriminellen Vätern oder älteren Brüder.

Einer der Angeklagten, der bei der Tat unter 21 Jahre alt war, schilderte im Prozess um den Juwelendiebstahl, man hätte ihn bis dahin nie richtig ernst genommen. Er habe, so las es sein Anwalt vor, in seinem Leben noch nichts auf die Reihe bekommen. Er wolle im Mittelpunkt stehen und suche Anerkennung.

Der junge Mann bezieht sich in seiner Aussage hier auf Straftaten, denn er wollte unbedingt bei dem Einbruch ins Grüne Gewölbe mitmachen. In der Aussage schwingt durch, dass man nur ernst genommen wird, wenn man entsprechende Straftaten begangen hat.

"Am Ende gibt es keine harten Konsequenzen"

Fünf der sechs Angeklagten sind Cousins ersten Grades. Das heißt, dass ihre Väter Brüder sind. Natürlich ist nicht jedes Clan-Mitglied kriminell – ganz im Gegenteil. Sieht man sich allerdings die Väter-Generation dieses Teils der Familie an, fällt auf, dass viele von ihnen in den vergangenen 20 oder 30 Jahren polizeilich in Erscheinung getreten sind. Der Neuköllner Sozialstadtrat Falko Liecke (CDU) sagte dazu: "Im Vergleich zu anderen bekannten Familien sticht diese Familie durch die Anzahl der Straftaten einmal quer durchs gesamte Strafgesetzbuch hervor."

Mahmoud Jaraba ist der Meinung, dass die oft sehr milden Urteile bestätigen, dass die Kriminellen den Rechtsstaat nicht ernst nehmen müssen. "Sie haben gelernt, dass sie im Rechtsstaat tun und lassen können, was sie wollen. Mit einem sehr guten Anwalt können sie mit ihrem Verhalten durchkommen und am Ende gibt es keine harten Konsequenzen."

So wohl auch jetzt: Im erwarteten Urteil wegen des Juwelendiebstahls werden die Angeklagten gut wegkommen. Und drei von ihnen kommen wohl vorerst sogar frei. Bis das Urteil rechtskräftig ist, kann es dauern und wenn Revision dagegen eingelegt wird, sogar mehrere Jahre.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.05.2023, 06:25 Uhr

Beitrag von Nadja Malak, MDR Recherche

22 Kommentare

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  1. 22.

    Wenns dazu führt, dass Deutschland in 3 Monaten keinen Auslieferungsantrag stellt, dann ist doch eigentlich allen geholfen. Früher oder später landen die flüchtigen dann eh hinter Gittern... Sozialleistungsmillionäre sind se bisher alle... das Urteil führt eigentlich lediglich dazu, dass se auch (irgendwann) nen Haftübel erfahren, dass se verdient haben.

    Haftverwahrung in D ohne Kostenkontrolle ? Die Verteidiger haben ihr Geld eh bereits mit 5 Riesen pro verhandlungstag, alle sind glücklich... und Deutschland wäre nen kleines Stück sicherer. Hab auch zuerst geschluckt, aber eigentlich ? Sofern eine Pflicht der Rücknahme ausgeschlossen ist, sollensse lieber flüchten, als nochmal hunderte von Opfern, nochmals Millionen an Sozialleistungen.

    Wette: die leben im Schnitt alle eh nur noch maximal 10 Jahre.

    Der Aufenthalt in Deutschland hat die im gegensatz zum Standard ihrer Heimatländer eher verweichlicht

  2. 21.

    Mein erster Beitrag, indem ich schon prophezeite, dass jemand angelatsch kommt und auf die eigenen Landsleute zeigt, hat es ja nicht bis zur Veröffentlichung geschafft ...

  3. 20.

    Ach da ist ja der Relativierer ... geht´s Ihnen jetzt besser?

  4. 19.

    Aaaaach..., der VW Chef bekommt ja auch mildern Umstände und hat seine Millionen im trockenen.

  5. 18.

    Na was denn, noch keiner da der verharmlost? Diese Leute lachen uns doch seit Jahrzehnten aus. Und als komplette Bankrotterklärung wird noch ein Deal ausgehandelt.

  6. 17.

    Bananenrepublik...

  7. 16.

    Ist schon interessant, wieviele Leute hier über die allgemeine Strafmaßverhängung deutscher Kleinkrimmineller informiert sind.

  8. 15.

    Ja toll. Womit man dann die Sau zum Gärtner macht.

    Genauso wie sich viele AFD Wähler über die Bevormundung des Staates aufregen, aber dann eine diktatorisch orientierte Partei wählen.

  9. 14.

    Eine Unverschämtheit diesen kriminellen Banden überhaupt einen Deal anzubieten jeder Deutsche würde das volle Strafmaß bekommen wird Zeit das die AFD an die Macht kommt

  10. 13.

    Ehrliich gesagt, schäme ich mich für unsere Unfähigkeit, diesen Clans endgültig das Handwerk zu legen. Sie werden nicht eher Ruhe geben, bis sie auch das letzte Stück gestohlen haben und lachen unsere Justiz und die Polizei aus, wenn sie sich gemütlich auf der Wohnlandschaft der beschlagnahmten Villa rekeln, während die Polizei vor dem Grundstück patroullieren muß.

  11. 12.

    Wenn man das Übel nicht bei der Wurzel packt, hat man nur den Stiel in der Hand

  12. 11.

    Die Urteile fremden mich an. Ebenso die Art und Weise.

  13. 10.

    Armes Deutschland, jeder kleins Kriminelle bekommt höhere Strafen. Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.

  14. 9.

    Jetzt verstehe ich den Namen,der neuen Partei,,Bürger in Wut".Die brauchen gar kein Wahlkampf machen.

  15. 8.

    Bei diesen Leuten klappt es, wie am Schnürchen. Sie verlassen den Gerichtssaal als freie Männer. Der nächste Coup naht. Wir dürfen gespannt sein!

  16. 7.

    Habe ich schon. Die etablierten Parteien machen Politik gegen ihre Wähler, alle durch die Bank weg. Da bleibt nicht mehr viel übrig.

  17. 6.

    Das sind noch ein paar Stimmen mehr für die AFD!

  18. 5.

    Och wie wäre es mit einer Belohnung. Dann lohnt sich der nächste Einbruch wenigstens. Die Taschen Diebe bekommen lebenslang. Das ist doch mal was. Mann Mann Mann. Unser Staat.

  19. 2.

    Schrecklich. Genau solchen Aktionen und Menschen haben wir es zu verdanken, dass sich bei Wahlen immer mehr normale Bürger für rechte Parteien entscheiden.

  20. 1.

    Das klingt nach selbstorganisiertem Problem der deutschen Justiz für den Staat, den sie eigentlich schützen soll.

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