Landesarbeitsgericht Berlin - Gericht: Lehrer durfte wegen Nazi-Vergleichs nicht gekündigt werden
Die Kündigung eines Berliner Lehrers wegen eines Videos zur Impfpolitik mit Nazi-Vergleich ist unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht entschieden. Der Lehrer kehrt dennoch nicht in den Schuldienst zurück. Er erhält stattdessen eine Abfindung.
- Kündigung eines Berliner Lehrers wegen Nazi-Vergleichs in Video unwirksam
- Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 72.000 Euro aber aufgelöst
- ausgehandelter Vergleich wurde vom Land Berlin zuvor widerrufen
Die Kündigung eines Berliner Lehrers, der die Impfpolitik der Corona-Zeit mit Nazi-Methoden verglichen hat, ist unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.
Zugleich löste es aber in zweiter Instanz das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Landes Berlin gegen Zahlung einer Abfindung von 72.000 Euro auf. Dieser Betrag entspricht ungefähr einem Jahresgehalt.
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar
Zur Begründung teilte das Gericht am Donnerstag mit, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei nicht mehr zumutbar. Mit dem Urteil ist ein Vergleich gescheitert, auf den sich die Beteiligten bei einer mündlichen Verhandlung Mitte Mai verständigt hatten. Das Land Berlin habe diesen innerhalb der vierwöchigen Frist widerrufen, hieß es vom Gericht. Die Senatsverwaltung für Bildung machte zunächst keine Angaben zu den Gründen.
Der Vergleichsvorschlag sah vor, dass der Berufschullehrer seine Kündigung "aus betrieblichen Gründen" bereits zum März 2022 akzeptiert und 50.000 Euro Abfindung erhält.
Der Anwalt des Lehrers bezeichnete den Ausgang des Verfahrens als "ein Triumph der Meinungs- und Kunstfreiheit". Zugleich äußerte er sein Unverständnis darüber, dass das Land dem Vergleich nicht zustimmte und nun höhere Kosten zu Lasten des Steuerzahlers gingen.
Youtube-Video war Auslöser
Der 62-jährige, seit 2008 beschäftigte Lehrer hatte im Juli 2021 auf Youtube ein Video mit dem Tor eines Konzentrationslagers und der Inschrift "Impfung macht frei" verbreitet.
Gegen seine fristlose Kündigung hatte der Lehrer geklagt. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Kritik sei nicht mehr durch die Grundrechte der Meinungsfreiheit oder Kunstfreiheit gedeckt, sondern stelle eine unzulässige Verharmlosung des Holocausts dar, hieß es zur Begründung der ersten Instanz.
Deutung des Lehrers sei nicht zwingend auszuschließen
Das Landesarbeitsgericht erklärte nun, "die Deutung des Lehrers, eine scharfe Kritik an der Corona-Politik zu äußern", sei nicht zwingend auszuschließen, eine Überschreitung des Grundrechtes auf Meinungsäußerung nicht eindeutig feststellbar.
Unter anderem wegen der Veröffentlichung eines weiteren Videos im Juli 2022 entschied das Landesarbeitsgericht aber, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar sei. In dem zweiten Video habe der Lehrer unter Hinweis auf seine Beschäftigung unter anderem erklärt, die totalitären Systeme Hitlers, Stalins und Maos hätten zusammen nicht so viel Leid und Tod verursacht wie die "Corona-Spritz-Nötiger". Er sah darin eine rechtmäßige Kritik an der Corona-Politik.
Landesarbeitsgericht lässt Revision nicht zu
Die Anwältin des Senats hatte in der Verhandlung betont, der Lehrer habe die staatliche Corona-Politik gleichgesetzt mit Nazis und Konzentrationslagern. Der Lehrer und sein Anwalt argumentierten, der Senat habe ein "Berufsverbot" wegen abweichender politischer Meinung verhängen wollen. Er habe nur die Äußerung in der Corona-Politik kritisieren und mit der Nazi-Polemik vergleichen wollen. Das sei durch das Recht auf freie Meinungsäußerung und Kunstfreiheit gedeckt. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.06.2023, 11:47 Uhr