Was bestellt Berlin? - Schmargendorfer lieben Sushi, Kreuzberger geben gerne Trinkgeld

So 18.06.23 | 07:52 Uhr | Von Jenny Barke
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Symbolbild:Eine Essensbestellung wird übergeben und bezahlt.(Quelle:dpa/D.Petrenko)
Bild: dpa/D.Petrenko

Der eine lässt sich 751-mal im Jahr Essen liefern, die andere bestellt 85 Donuts auf einmal: Der Essenslieferdienst Wolt hat ausgewertet, was Kundinnen und Kunden in Berlin die vergangenen zwölf Monate bestellt haben - mit teils skurrilen Ergebnissen.

Lieferkuriere eines Bestelldienstes tragen schwer und flitzen schnell mit Rad oder Roller durch die Stadt. Dabei erleben sie so einiges, kommen in entlegene Gegenden und pittoreske Hausflure, geben ihre Bestellung bei gestressten Eltern oder in Kiffer-WGs ab. Ein Essenslieferdienstkurier ist für Berlinerinnen und Berliner der beste Freund für den hohlen Zahn, wird oftmals herzlich willkommen geheißen, aber manchmal auch ganz schön in die Irre geführt.

"Ich sitze in Shisha Bar, Abi. Folge einfach dem Grünen Apfel", heißt es da schon mal in der Lieferanweisung und der Kurier oder die Kurierin folgt und liefert. Wer so viel rumkommt, lernt auch eine Menge über die Essens- und Bestellgewohnheiten der Hauptstädter. Leichter fällt der harte Job mit einer Prise Humor. Witzig ist es allemal, was die Lieferanten des finnischen Essenslieferdienst Wolt bei ihrer persönlichen Statistik ausgewertet haben.

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Wahre Kundenliebe: 412 Energydrinks in 12 Monaten

Das Unternehmen bat seine Beschäftigten, ihre Erfahrungen festzuhalten: In welchem Bezirk gibt's am meisten Trinkgeld? Wo wird was bestellt?

Von den insgesamt etwa 2.500 Kurierinnen und Kurieren haben knapp 1.000 mitgemacht und die vergangenen zwölf Monate das Bestellverhalten ihrer Kundinnen und Kunden anonym ausgewertet.

Und wie so häufig bei solchen Statistiken bleibt nicht das Mittelmaß im Gedächtnis, sondern der Superlativ. Da gibt es diesen einen Kunden, der seit Anfang Juni 2022 insgesamt 412 Energydrinks der Marke Red Bull bestellt hat. Mit durchschnittlich mehr als einem Getränk am Tag war es der meistbestellte Artikel eines Kunden in den vergangenen zwölf Monaten.

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Süßes statt Saures?

Am ausdauerndsten war die Person, die seit dem 2. Juni 2022 insgesamt 751-mal Essen geordert hat. Gerne würde man auch die Geschichte der Person kennen, die auf einmal 85 Cinnamon Sugar Donuts wollte. Es könnte die gleiche Person gewesen sein, die als Lieferanweisung "Bitte gib das Essen nicht meinem 6-jährigen Sohn, unter keinen Umständen" vermerkt hat.

Dass Desserts bei den Bestellungen immer beliebter werden, zeigt auch eine Auswertung des Essenslieferdienstkonkurrenten Lieferando [Lieferando-Report 2022]. In seinem jährlichen bundesweiten Report gibt das Unternehmen an, dass Desserts zu den am schnellsten wachsenden Verkaufsposten gehören. Vor allem jüngere Menschen zwischen 18 und 34 Jahren neigen dazu, neben eines Hauptgerichts noch süße Snacks zu bestellen, heißt es bei Lieferando.

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Sushi in Charlottenburg, Arabisch in Neukölln

Laut Lieferando gehören in Berlin Italienisch, Amerikanisch und Japanisch zu den beliebtesten Küchenrichtungen 2022. Das bestätigt zum Teil auch die Auswertung von Wolt: Das Gericht, das laut Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten von Berlinerinnen und Berlinern bestellt wurde, ist der Chili-Cheeseburger, gefolgt von der Pizza Margherita und Edamame.

Im Blick auf die einzelnen Bezirke zeigt sich allerdings, dass sich die Gelüste zwischen Charlottenburgern, Weddingerinnen und Friedrichshainern unterscheiden und so manches Klischee wird scheinbar bestätigt. Während in den eher gutbürgerlichen Gegenden wie Charlottenburg und Schmargendorf hochpreisigeres Sushi sehr beliebt ist, steht im Wedding, Moabit und Neukölln besonders oft Arabisch und Burger hoch im Kurs.

Am meisten Trinkgeld gibt es ebenfalls eher dort, wo der Mietspiegel höher liegt. Laut Wolt-Kurieren zahlen die Charlottenburger, gefolgt von Kreuzbergern und Steglitzern am besten Trinkgeld. Das teuerste Gericht in der App kostet übrigens 225 Euro und ist für drei Personen gedacht - unklar bleibt in der Auswertung, ob es nach Charlottenburg oder Wilmersdorf geschickt wurde. Wahrscheinlich wurde es jedoch nicht vom Kind bestellt, das in den Lieferanweisungen darum bittet, nicht zu klingeln: "Eltern schlafen und wissen nicht das ich bestellt habe. Einfach Essen abstellen. Vielen Dank!"

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Geizkragen in Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg

Am knauserigsten gehen die Berlinerinnen und Berliner in Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg mit dem Trinkgeld um. Manch einer glaubt wohl, dass ein Lob in den Lieferanweisungen an Entlohnung reicht: "You are sexy. And you are important. Remember this. I love you."

Die Datenerhebung der Kurierinnen und Kuriere in Berlin ist in vielen Aspekten aufschlussreich, in manchen wirft sie aber mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. Vor allem bei Lieferanweisungen wie dieser: "Wir werden drinnen für eine Zeremonie sein, aber kommen Sie einfach rein und stellen Sie die Getränke ab." Was haben sie bestellt? Einen zeremoniellen Drink? Wo geht er hin? Und geben Zeremonienmeister Trinkgeld? Das wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.

Beitrag von Jenny Barke

23 Kommentare

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  1. 23.

    Aus den Trinkgeldaussagen kann man erkennen, das Hipster und Selbstgerechte gerne "Nicht-woke " belehren, aber wenn es darum geht selber mal was an Schlechtbezahlte zu geben -Fehlanzeige ! Und das der Mietspiegel ein Indiz für Wohlstand seien soll - !!! Sie waren wohl noch nie in einem gentrifizierten Gebiet - Helmholtzplatz ,Simon Dach str., Bergmannstr. , Goltzstr. usw.

  2. 22.

    Wir haben, selbst zu Corona-Hochzeiten, noch keinen Lieferdienst in Anspruch genommen.
    Wir kaufen immer noch selber in (meist überfüllten) Lebensmittel- und auf Frische-Märkten ein, ohne Trinkgeld natürlich.
    Gastronomischer Konsum bedeutet auch schon mal, da es ja IMMER zu voll ist, das man sich auf zwei Tische mit freien Platz aufteilen tut.

  3. 21.

    Infotainment darf auch mal sein. Witzige Einblicke in den Alltag einer „Ich bestell mir was…“ Metropole.

  4. 20.

    Es gibt genau da wenig Geld wo am meisten nach autofreien Straßen geschrien wird. Zeigt mal wieder wie sozial diese Menschen sind.

  5. 19.

    Es geht doch nichts über ein selbstgekochtes Gericht ohne Chemielabor. Seit ich in Rente bin, ist das Kochen zu einer Leidenschaft geworden. Zudem tendiere ich immer mehr zu vegetarischer Kost mit Tofu Käse. Beim asiatischen Großhandel Geschäft bekomme ich alle nötigen Zutaten obendrein.

  6. 18.

    Ich esse nur „clean“.

    Jahrtausende alt, jetzt wieder absolut „in“.

    Ist aber Arbeit….da scheiden dann schon 95 Prozent der Bevölkerung aus.

  7. 17.

    Wenn die Zeit knapp ist kommt das Essen vom Thai oder Lieblingsitaliener. Immer alles mega lecker und Trinkgeld gibt es immer.....und Nörgler leider auch.:-)

  8. 16.

    Antwort auf OKIDOKI
    Hallo es gibt ja nicht nur den einen Lieferdienst.
    Wahrscheinlich kommt es immer darauf welche Restaurants den jeweiligen Lieferanten als Vertragspartner anbieten.
    Aber wie schon erwähnt es gibt unzählige und das ist gut so denn Konkurrenz belebt das Geschäft.

  9. 15.
    Antwort auf [Nora] vom 18.06.2023 um 11:26

    Sie dürfen den Industriezucker ruhig als „Schadstoff“ bezeichnen. Denn nichts weiter isser.

  10. 14.

    Will ich abnehmen schaue ich diese Sendung ;-)
    Es stimmt schon mit welch Tricks wir Kunden letztendlich für viel Geld an die Nase herumgeführt werden.

  11. 13.

    Antwort auf André
    Hallo Andre wohne auch in Marzahn Ortsteil Biesdorf aber mit den Ortsteilen können nicht alle was anfangen deshalb nenne ich nur den Bezirk doch es gibt einige Lieferdienste wir bestellen ja auch regelmäßig.
    Grüße

  12. 12.

    Na ja ich für meinen Teil bin ja schon oft in Berlin von einem in den anderen Bezirk gezogen.
    Geboren in Wedding dann nach Reinikendorf, Neukölln,Spandau, Steglitz, Charlottenburg, Oberkrämer (Brandenburg,OHV) wieder zurück nach Berlin und Marzahn hier bleibe ich nun bis am Ende meiner Tage , wenn ich bzw. Wir bestellen geben wir immer gutes Trinkgeld da wir Service schätzen, passen aber nun im keiner dieser Statistiken.

  13. 11.

    Das Wolt-Liefergebiet erstreckt sich auch über den S-Bahn-Ring hinaus, vor allem in den Bezirk Spandau, aber u.a. auch in die Ortsteile Tegel, Pankow, Weißensee, Lichtenberg und Steglitz. Nach Kaulsdorf allerdings nicht, das stimmt, da haben Sie Pech. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Zu bedenken ist natürlich, dass die Routen der Fahrradkuriere dadurch immer länger werden.

  14. 10.

    Also es geht ja nicht ums Essen, das bestellt man selber, und ist selber schuld, wenn's nicht schmeckt *o* Ich habe noch NIE liefern lassen, nichts. Ich hatte auch bei Corona lockdown 2 gesunde Beine. Ich habe eine Küche. Der Koch ist sexy und important ;-) und Trinkgeld kriegt der auch nicht.

    Gut, dass die Daten so geschützt sind, dass man sie auswerten kann ;-) führt definitiv zur Erheiterung! Gibt's das auch für amoreli oder wie dat heißt? :-))

  15. 9.

    "Ich würde auch gern in der Statistik auftauchen...." Warum denn?? Damit morgen ganz Deutschland weiß, dass der Andre aus Kaulsdorf sich ne Bratwurst hat liefern lassen?

  16. 8.

    Ick wohne nicht innerhalb des S-Bahn Ringes.
    Hier kommen die Lieferdienste auch hin.
    Vielleicht arbeiten bei ihnen keine Restaurants mit einem Lieferdienst zusammen.
    Mal Restaurants direkt versuchen. Liefern oft auch eigenständig.
    Die Lieferdienste zocken sowieso bloß die Restaurants ab.
    Wenn's irgendwie möglich ist, vermeiden wir die Lieferdienste und lassen direkt bringen. Macht leider nicht jeder.

  17. 7.

    Wenigstes Trinkgeld in Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Warum wundert mich das nicht? ^^

  18. 6.

    Lustig. Einem kommen sofort Ideen, wie die Geschichten um die Bestellungen sein könnten.
    Der 6-jährige Sohn hat eine Allergie und die 85 Zimtdonuts sind für eine/n Jubilar/in mit Vorliebe für die Dinger bestimmt.
    Beim Rekordbesteller kommt mir sofort ein Name in den Sinn, denn ich jetzt hier mal nicht nenne :).
    Könnte ein nettes Partyspiel sein, auf so eine Ein-Satz-Vorgabe sich ganze Geschichten bis einen Roman auszudenken.

  19. 5.

    Am besten man schaut sich bei Sebastian Lege im ZDF an was in dem billig gemachten Fraß so alles drin ist.

  20. 4.

    Ich würde auch gern in der Statistik auftauchen. Aber ich wohne in Kaulsdorf und dahin wird nicht geliefert. Alles nur innerhalb des S-Bahn Rings.

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