Berlin-Spandau - Wie Bewohner eines undichten Hauses im Regen stehen gelassen werden
Statt neuen, gedämmten Wohnungen bekamen Mieter und Eigentümer eines Spandauer Hauses feuchte Wände, Kälte und Schimmel. Ein Beispiel, was Inflation und Fachkräftemangel auf dem Bau bedeuten können. Von Julian von Bülow
Klaus Rauschning steht vor seiner Wohnung, in der Ecke ein Mopp, neben ihm zwei Eimer, in die beständig Wasser tropft. Mit seinem Nachbarn witzelt er, ob sie beim nächsten Gewitter einen Schichtplan machen sollen, wer wann wischt und die vollen Eimer leert. Denn der Regen ist in ihr Mehrfamilienhaus in der Spandauer Sprengelstraße eingezogen – in Wände und Decken. Das Wasser kommt durch das offene Dach, durchs Treppenhaus hinab unter der Tür durch zu Rauschning in die Wohnung, wenn sie es nicht vorher aufwischen.
Dabei sollte die Wohnqualität eigentlich steigen. Mit der Jahreswende 2021/22 begannen die Bauarbeiten, um eine neue Etage mit 38 Wohnungen zu errichten und die ungedämmten Asbestdächer der 1959 erbauten Häuserblöcke zu ersetzen.
Ende vergangenen Jahres sollte das Dach fertig sein. Bauherr war die IVBB GmbH, die für das Projekt Investorengelder eingesammelt und die Wohnungen bereits verkauft hatte. Anfangs sei es gut vorangegangen, sagt einer der Eigentümer. Im Spätsommer war das alte Dach weg. Doch mit dem Ukraine-Krieg und der Inflation stiegen die Baukosten stark an. Ein halbes Jahr lang suchte die IVBB nach weiteren Geldern. Gleichzeitig sei der Dachdecker wegen zu vieler Aufträge mit seiner Arbeit nicht hinterherkommen. Man habe sich daher einen neuen suchen müssen, teilt die IVBB rbb|24 mit. Das habe Zeit gekostet.
Heizlüfter und Mietminderung
Währenddessen stehen die Menschen im Haus nicht nur sprichwörtlich im Regen. "Wir hatten im Winter extreme Temperaturen im Haus, die Kälte kroch durch die Türen", sagt Klaus Rauschning. Wegen des Wassers, des Lärms, des Schimmels und des derzeit nicht benutzbaren Balkons habe er sich vom Mieterverein beraten lassen: Aufgrund der Mängel mindert er nun seine Mietzahlung.
Zwar haben die Bauherren provisorisch Planen und Dachbahnen auf die offenen Stellen des Daches gespannt, erklärt Mieter Klaus Rauschning, doch die lösten sich bei starken Gewittern.
Die nassen Wände und Decken sorgten für eine hohe Luftfeuchtigkeit, sagt Diana Siedentopf, Mitglied im Beirat der Eigentümergemeinschaft des Hauses. An den Decken bildeten sich braune Wasserflecken, Wände bekämen Risse – all das, nachdem sie ihre Wohnung zuvor saniert hatte. Nun ist die Wohnung wieder ein Sanierungsfall.
Damit es nicht zur Schimmelbildung kommt, mussten die Hausbewohner im Winter viel heizen – in einer Zeit, als die Energiepreise ohnehin hoch waren. Dann fiel auch noch eine Woche lang die alte Ölheizung aus. Siedentopf schaffte auf eigene Kosten strombetriebene Heiz- und Entlüfter an. Sie konnte Schimmel vermeiden, doch in der Nachbarwohnung haben sich große Flecken gebildet.
Die Hausverwaltung zeigt sich angesichts der vielen Beschwerden der Bewohner genervt. Sie sieht die Verantwortlichkeit bei den Bauherren des Dachgeschosses. Zu jenen nahm Siedentopf mehrfach Kontakt auf, klagte über Probleme, schickte Fotos der Schäden. Doch eine Antwort habe sie nie bekommen, sagt sie.
Bauherr verspricht zeitnahe Reparatur
Zu rbb|24 sagt Robert Auner von der IVBB: "Sobald die Dächer so weit dicht sind, dass kein neuerliches Eindringen von Wasser möglich ist, werden wir die Schäden beheben. In zwei Häuserblöcken haben wir damit bereits begonnen." Mittlerweile sei der Dachdecker wieder vor Ort, die Dächer würden fertiggestellt. Sollte nichts dazwischenkommen, sei das Dach in vier bis fünf Wochen fertig, hieß es von der IVBB. Dicht sei es vermutlich schon vorher.
Ankündigungen wie diesen traue Eigentümerin Diana Siedentopf nicht mehr, sagt sie – die habe es in der Vergangenheit schon häufiger gegeben.