Sanierung in Angermünde - Wenn Denkmalschutz Schule macht
Rund 14.000 Baudenkmale sind in Brandenburg offiziell verzeichnet. Sie zu sichern und zu erhalten, stellt die Ausführenden vor große Herausforderungen. Bei einem 200 Jahre alten Schulgebäude in Angermünde wurden diese gemeistert. Von Torsten Sydow
Leergezogen und in einem baufälligen Zustand war das alte Schulgebäude im Schatten der Marienkirche, als der Verein Freie Schule Angermünde e.V. vor mehr als zehn Jahren die Immobilie der uckermärkischen Stadt abkaufte. "Wir wollten hier in der Kirchgasse alle Schulteile der Freien Schule zu einem Schulzentrum zusammenführen", berichtet Axel Kalhorn, Geschäftsführer und Vorstand des Vereins Freie Schule Angermünde.
Nach vielen Diskussionen sei entschieden worden, dieses städtebaulich wichtige Gebäude mit großer Sorgfalt zu sanieren. "Unser Ziel war es, möglichst viel historische Bausubstanz zu erhalten. Die Umbauten mussten jedoch den heutigen Anforderungen an Schulen entsprechen", schildert Kalhorn.
Tatkräftig beraten hätten seit Beginn der Planungen im Jahr 2015 die Bau-Experten aus der Stadtverwaltung Schwedt, die Stadt Angermünde und Fachabteilungen im Ministerium für Infrastruktur in Potsdam.
Vorgaben der Denkmalbehörde
Für die äußere Hülle des zweistöckigen Gebäudes machte die Denkmalbehörde konkrete Vorgaben, erinnert sich Kalhorn. Die waren Teil der Baugenehmigung. Die Form der Fenster war präzise vorgegeben, die Fassadengestaltung zur Straßenseite ebenfalls und auch das Aussehen der Eingangstür sowie das Farbkonzept für das Gebäude. Die Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde war problemlos, sagt Kalhorn. Man kenne sich seit Jahren von Sanierungsprojekten in der Stadt. Allerdings habe er nicht verstanden, warum eine energetisch wichtige Außendämmung des Hauses nicht genehmigt wurde.
Im Inneren des historischen Schulgebäudes war der Denkmalschutz nicht so streng: Hier konnten bei der Sanierung die Räume in ihrem Zuschnitt verändert werden. Im Erdgeschoss ist eine neue Küche und eine Mensa hineingeplant worden. Alles ist barrierefrei gebaut.
Zusätzlich sind Werkstatträume für den Unterricht entstanden. Dort wurde das rund 200 Jahre alte Holzfachwerk als Teil der Wandgestaltung wieder sichtbar gemacht. In den Unterrichtsräumen sind Holzfußböden eingebaut worden, historische Lehmdecken sind so weit wie möglich erhalten worden. Im historischen Gewölbekeller der Kirchgasse 3 konnte die Lüftungsanlage für die neue Küche eingebaut werden.
Hausinternes Baubüro als Glücksfall
Weil für alle Bauleistungen des fünf Millionen Euro schweren Sanierungsprojekts europaweite Ausschreibungen erforderlich waren, richtete der Verein ein hausinternes Baubüro ein. Als dann die Ausschreibungen rausgeschickt wurden, stellte sich heraus, wie schwer es ist, qualifizierte Baufirmen zu finden, die zu bezahlbaren Preisen arbeiten, berichtet der Geschäftsführer des Vereins Freie Schule Angermünde.
Oft habe nur ein Handwerksbetrieb auf eine Ausschreibung geantwortet. Im Nordosten Brandenburgs sei es schwierig, Trockenbau-Firmen zu finden. Gleiches treffe für Heizung- und Sanitär-Unternehmen zu, sagt Axel Kalhorn.
Bremsklotz Corona-Pandemie
Eine große Bremse des Sanierungsprojektes Kirchgasse 3 war die Corona-Pandemie. Firmen konnten Zeitpläne wegen erkrankter Mitarbeiter nicht einhalten. Die Preise für Baumaterialen stiegen. Das Infrastrukturministerium half bei einer Nachfinanzierung.
Nach vier Jahren Bauzeit konnte im September des vergangenen Jahres der Unterricht für die rund 50 Schülerinnen der siebten bis zehnten Klassen der Freien Schule Angermünde im sanierten denkmalgeschützten Schulhaus beginnen. Neben vier Klassenräumen, einem naturwissenschaftlichen Unterrichtsraum, Werkstatträumen, Pausenraum und Lehrerzimmer ist an der Hofseite ein Treppenhaus mit Fahrstuhl angebaut worden. Im Dachgeschoss gibt es zusätzliche Räume für den Inklusionsunterricht.
Große Pläne auch für das Nachbarhaus
"Die Sanierung der Kirchgasse 3 war eine großartige Aufgabe und sehr herausfordernd für unseren kleinen Verein. Ich weiß nicht, ob ich es noch einmal so machen würde", bilanziert Kalhorn. Von den knapp fünf Millionen Euro Baukosten sind rund 3,6 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union sowie Landesmitteln bezahlt worden, so Kalhorn. Etwa 1,39 Millionen sind Eigenmittel des Schulträgers.
Nebenan im Haus Kirchgasse 2 dröhnen derweil Bohrmaschinen und es liegen Ziegel für das Dach bereit. Im Frühjahr 2024 soll auch dieses Gebäude saniert sein werden, danach sollen hier die Grundschulklassen der Freien Schule Angermünde einziehen. Dann wäre das Schulzentrum in denkmalgeschützter Architektur perfekt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 23.08.2023, 11:30 Uhr