Schutz vor Blitzen - Nicht auf den Boden legen, auf keinen Fall unter Bäume stellen

Di 15.08.23 | 18:49 Uhr
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Symbolbild: Ein Blitz entlädt sich am späten Abend über der Spree (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Abendschau | 15.08.2023 | J. Kubovicz | Bild: dpa/Paul Zinken

Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen: Zum Thema Gewitter kursieren viele Mythen und Halbwahrheiten. In Wirklichkeit können manche gut gemeinten Ratschläge bei Blitz und Donner allerdings lebensgefährlich sein.

  • Rund 22.900 Blitze wurden 2022 in Brandenburg registriert
  • 95 Prozent aller Blitze treten zwischen Mai und September auf
  • Hockstellung mit Armen über den Knien ist optimale Position bei Gefahr im Freien

Ein Baum ist drei Menschen in Lübben (Dahme-Spreewald) in der vergangenen Gewitternacht zum Verhängnis geworden. Die Gruppe hatte bei einem Gewitter Schutz gesucht und die falsche Entscheidung getroffen. Ein Blitz schlug in den Baum ein und verletzte alle drei, eine Person so schwer, dass sie in ein Krankenhaus gebracht werden musste.

Klar ist: Bei herannahendem Gewitter sollte man den Aufenthalt im Freien vermeiden und rechtzeitig geschützte Bereiche aufsuchen. Welche Bereiche unter freiem Himmel Schutz bieten, über diese Frage sind falsche Annahmen offenbar weit verbreitet, wie der Meteorologe Alexander Rudolph vom ARD-Wetterkompetenzzentrum im Gespräch mit rbb|24 sagt.

"Wenn es anfängt zu regnen, laufen viele Menschen unter die Bäume, wo sie angreifbar für Blitze sind", erklärt Rudolph. Zwar sei es unwahrscheinlich, dass Menschen unter Bäumen direkt von Blitzen getroffen würden, es könne aber zu gefährlichen Blitzüberschlägen kommen, durch die der Strom auf Menschen überspringe.

Eichen sollst du weichen - und Buchen auch

Die Baumart ist dabei egal: Der Satz "Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen", ist nach Auffassung des Wetterexperten deshalb nicht nur falsch, sondern im schlimmsten Fall lebensgefährlich. "Bäume bieten schon aufgrund ihrer Höhe eine Möglichkeit zum Ladungsausgleich, das ist das Entscheidende. Von Bäumen sollte man sich bei Gewitter immer fernhalten", sagt Rudolph.

Besonders gefährlich seien Bäume, die buchstäblich allein auf weiter Flur stünden. "Dort ist die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags höher."

Laut Blitzforschern des Verbands der Elektrotechnik (VDE) ist ein Gewitter weniger als zehn Kilometer entfernt, wenn der Donner in Hörweite ist. "Dann sollten umgehend gefährdete Bereiche wie zum Beispiel ein freies Feld oder einzeln stehende Bäume verlassen werden". Bei einem zeitlichen Abstand von zehn Sekunden oder weniger zwischen Blitz und Donner, heißt es Lebensgefahr: "Ein Blitzschlag kann unmittelbar auftreten".

Das ist vor allem im Sommer zu beachten, denn zwischen Mai und September werden den Blitzforschern zufolge mehr als 95 Prozent aller Blitze eines gesamten Jahres gemessen. Die Zahl der Gewittertage und der Blitzschläge pro Quadratkilometer nimmt von Norden nach Süden zu. Laut Blitzatlas wurden in Brandenburg im Jahr 2022 rund 22.900 Blitze registriert, in Bayern fast 60.000. Immer noch klar mehr, wenn man mit einrechnet, dass Bayern deutlich größer ist als Brandenburg.

Wenn Balken und Wände explodieren

In Berlin haben zwei Dachstuhlbrände in der Nacht zu Dienstag gezeigt, welche Schäden Einschläge an Gebäuden hinterlassen können. Im Vergleich zu den 16 Ampere einer Steckdose können bei Blitzen Stromstärken von bis zu 200.000 Ampere fließen. Schmelzende Drähte gehören da zu den kleineren Problemen. Der Blitzstrom kann Gegenstände so stark erhitzen, dass leicht entzündliche Stoffe in Brand geraten oder explodieren.

"Wenn der Blitz seinen Weg über feuchte Wände, Balken oder Bäume wählt, wird schlagartig Wasserdampf gebildet, der wie bei einer Explosion Dächer, Gebäude oder Bäume beschädigt", heißt es vom Verband für Elektrotechnik.

Durch Überspannungen können Blitze über Strom- und Telefonleitungen oder Kabelfernsehen ins Haus eindringen und dort elektrische Geräte beschädigen oder gar zerstören. "Mit dem wachsenden Einsatz immer empfindlicherer Elektronik nehmen auch die blitzbedingten Ausfälle drastisch zu."

Menschen sind in Gebäuden normalerweise trotzdem in Sicherheit, jedenfalls solange außen Blitzableiter montiert sind. In Häusern ohne solche Vorrichtungen sollten Menschen den Kontakt mit allen metallenen Leitungen meiden, die von außen ins Haus führen: Wasser-, Gas-, Strom- und Telefonleitung, Fernwärmeversorgung, Antennenkabel. Auch das Duschen oder Baden sollten während eines Gewitters vermieden werden.

Seit 2016 ist ein Überspannungsschutz beim Bau von Häusern Pflicht. Bei älteren Gebäuden sollten vor allem teurere technische Geräte von den Steckdosen getrennt werden.

Schwere Schäden für den menschlichen Körper

Bei einem Blitzeinschlag ist niemals nur ein einzelner Punkt betroffen - das gilt auch dann, wenn ein Blitz in den Boden einschlägt: In dem Fall breitet sich ein Strom in alle Richtungen aus, wodurch es laut VDE-Experten für Menschen auch in einiger Entfernung noch gefährlich werden kann. Laut einer Statistik des VDE sind zwischen den Jahren 2000 und 2018 durchschnittlich vier Personen pro Jahr in Deutschland bei Blitzunfällen ums Leben gekommen, 110 wurden verletzt.

Für den menschlichen Körper ist ein Blitzeinschlag ein potenziell tödlicher Schock. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass Menschen selbst direkte Blitzeinschläge überleben, weil ein großer Teil der elektrischen Ladung über die Körperoberfläche geleitet wird und der Blitz somit nicht vollständig in den Körper eindringt.

Blitzforschern des VDE zufolge kommt es an den Ein- und Austrittsstellen des Blitzstroms auf der Haut meistens zu Verbrennungen ersten bis dritten Grades. "Nasse Kleider werden aufgerissen, am Körper getragene metallene Gegenstände zeichnen sich auf der Haut ab."

Grundsätzlich sind eine Reihe körperlicher Schäden nach Blitzeinschlägen möglich. In allen vom Strom durchflossenen Körperteilen und im Zentralnervensystem könne es zu Nerven- und Muskellähmungen kommen, heißt es auf der Website des VDE. In der Regel würden diese nach Stunden oder Tagen ohne schädliche Nachwirkungen verschwinden. Allerdings komme es in einigen Fällen auch zu schwerwiegenden Langzeitschäden.

Meteorologe warnt: Nicht hinlegen

Damit Blitze solche körperlichen Schäden gar nicht erst anrichten können, rät der Verband für Elektrotechnik, sich auch im Freien an einige Regeln zu halten. In jedem Fall ist ein Abstand von mindestens einem Meter - besser drei Meter - zu anderen Personen und zu Wänden, Stützen, Metallzäunen und anderen Gegenständen einzuhalten.

Grundsätzlich fernhalten sollte man sich auch von Bäumen, Baumgruppen, Waldrändern, Bergspitzen, Deichen, Holzmasten von Freileitungen. Badende, Wassersporttreibende und Angler sollten bereits beim Aufziehen eines Gewitters das Wasser sowie die Uferzone verlassen und sich in geschützte Bereiche begeben. Während Autos als sogenannte faradaysche Käfige Blitze über die Außenfläche ableiten, gibt es diesen Effekt in Kabrios ebenso wenig wie auf Fahrrädern.

ARD-Meteorologe Alexander Rudolph warnt zudem vor dem verbreiteten Irrtum, sich zum Schutz vor Blitzen im Freien auf den Boden zu legen. "Das Problem ist, dass wenn der Blitz in den Boden einschlägt, die Spannung noch mehrere Meter weit durch einen nassen Boden hindurchdringt. Im Liegen ist die Kontaktfläche größer, deshalb ist es so auch gefährlicher. Auch im Laufen mit weiten Schritten ist die Gefahr erhöht." Die optimale Stellung: kauernd, die Füße nah zusammen, die Arme über die Knie. Das ist zwar unbequem, reduziere aber die Gefahr, von einen Blitz getroffen zu werden, beträchtlich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.08.2023, 19:30 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Formal ok - aber wäre der Inhalt der Belehrung heute noch aktuell?
    Ich hab auch dem Grundstück mindestens drei Kiefern, die schon der Blitz getroffen hat. Haben die mehr oder weniger gut vertragen. In den 60ern ist auch mal ein Blitz vom Baum auf das Bienenhausdach rüber und von dort in die Stromversorgung. Mussten einige Kabel getauscht werden. Ein Viertel Qudratmeter Dachpappe war auch verbrannt - der gleichzeitige Regen hat das Feuer aber gelöscht.
    Blitzableiter hab ich auf dem Wohnhaus nicht - ich hoffe, die drei Kiefern schaffen das auch weiterhin :-)

  2. 15.

    Genauso hab ich es auch mal gehört.
    Die Wahrscheinlichkeit des Einschlags ist annähernd gleich aber die Eiche reagiert empfindlicher als die Buche und schmeißt schnell mal ein paar Äste runter oder fängt gleich Feuer. Eine vom Blitz ausgebrannte Buche sieht man seltener als ausgebrannte Eichenstämme.

  3. 14.

    Ich denke, das hat damit zu tun, dass Eichen sehr tief bis zum Grundwasser Wurzeln, während Buchen eher flach wurzeln. Damit stehen Eichen im yKontakt mit dem Grundwasserleiter, könnte mir vorstellen, dass diese statistisch häufiger von Blitzen getroffen werden.

  4. 13.

    @ Timbo, nee, gemeint ist schon der Buchenbaum. Aber die Buche hat eine glatte Rinde an der der Wasserfluss und damit auch der Blitz gerade abfließen kann. Die Eiche hat eine nicht glatte Rinde bei der das Wasser und somit der Blitz in Kaskaden abläuft. Dadurch beschädigt der Blitz den Baum. Unsere Vorfahren interpretierten die unbeschädigte Buche nun dahingehend, das der Blitz nie in eine Buche einschlagen würde. Irrtum!

  5. 12.

    De facto ist die Blitzdichte im Land Brandenburg mit 0,77 Blitzen/qkm um knapp 10% geringer als in Bayern mit 0,85 Blitzen/qkm. Das könnte noch im Bereich zufälliger Schwankungen liegen. -- Der hier genannten Schlussfolgerung jedenfalls, je südlicher die Region desto höher die Blitzdichte, widerspricht die Pressemitteilung von Siemens: Hamburg, das nördlicher liegt als die allermeisten Teile Brandenburgs, hatte 2022 eine Blitzdichte von 0,8 pro qkm. Thüringen dagegen, das zu den allergrößten Teilen südlicher als Brandenburg liegt, hatte einen Wert von nur 0,4 pro qkm.

  6. 11.

    Genau. So eine Belehrung tut nicht weh, hat nichts mit Bevormundung zu tun und hilft Leben retten.

  7. 10.

    vor allen Ferien wurden die Schüler in der DDR aktenkundig belehrtüber da Verhalten bei:
    Gewitter -an Badeseen, Kalkseen an Bahnübergängen usw.
    Ich fand das gut und wichtig!

  8. 9.

    "Früher" fand vor allen Schulferien eine "Belehrung" statt. Jedes Kind musste unterschreiben, dass es "belehrt" wurde. Auf diese Weise haben wir nahezu verinnerlicht, wie man sich bei Gewitter verhält, ab wann man auf einen zugefrorenen See darf, was man tun muss, wenn jemand einbricht, was man beachten sollte, bevor man im Sommer baden geht, etc. Einfach wieder einführen (in mehreren Sprachen heutzutage) und schon haben Kinder endlich mal etwas lebenstaugliches gelernt!

  9. 8.

    „Buchen sollst du suchen.“ bezieht sich nicht auf den Buchenbaum neben der Eiche, sondern auf die typische Feldumrandung vor langer langer Zeit - die Buchenhecke. Reimt sich aber nicht so gut.
    Die sollte einem Baum oder dem freien Feld vorgezogen werden. (Quelle: Großeltern und Deutschlehrer)

  10. 7.

    Als Kind bin ich gerne in Badehose bei Gewitter im warmen Regen rumgelaufen. Ich hielt die Wahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden für gering. Das Haus meiner Eltern hatte sowieso keinen Blitzableiter.

  11. 6.

    Ganz wichtig, nach dem man vom Blitz getroffen wurde Lotto spielen! Die Chance auf auf einen Sechser mit Zusatzzahl ist höher als vom Blitz getroffen zu werden.

  12. 5.

    Dieses wurde mir schon als Kind bei gebracht auf dem Lande in Mecklenburg.

  13. 4.

    Diese Thematik wird sicher in ländlichen Gebieten besser bekannt sein, Städter würde es auf dem Land häufiger treffen.
    Eventuell doch mal wieder ein Umstand/Situation was in Lehrpläne aufgenommen werden sollte.
    Oder wir überlassen es den Eltern so wie mit dem Thema der Bienen und Blumen und dem Insektenschutz.

  14. 3.

    Diese Thematik wird sicher in ländlichen Gebieten besser bekannt sein, Städter würde es auf dem Land häufiger treffen.
    Eventuell doch mal wieder ein Umstand/Situation was in Lehrpläne aufgenommen werden sollte.
    Oder wir überlassen es den Eltern so wie mit dem Thema der Bienen und Blumen und dem Insektenschutz.

  15. 2.

    Gute Zusammenfassung und hilfreich angesichts mancher Kommentare zu diversen Artikeln.

  16. 1.

    Danke, rbb24, endlich mal paar brauchbare Hinweise und Handlungsempfehlungen zur Gefahrenabwehr!
    Musste dazu erst eine Diskussion im Forum stattfinden oder wäre die Redaktion von allein drauf gekommen?

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