Brustkrebsmonat Oktober - Wie eine sanftere Therapie bei Brustkrebs helfen kann
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Oft wird die Krankheit mit einer aggressiven Chemotherapie behandelt. Doch je nach Krebsart kann auch eine weitaus sanftere Methode helfen. Die Berliner Charité wendet sie an. Von Christina Rubarth
Mit dem Ultraschallgerät fährt Professor Jens-Uwe Blohmer im Brustzentrum der Charité über die linke Achselhöhle seiner Patientin Yvonne Niepelt. "Ich schaue mir an, wie gut die Lymphknoten auf die Behandlung angesprochen haben, wie klein die sind." Auf dem Monitor hinter ihm sehen ungeschulte Augen viel Dunkelblau und Grau. Der Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Brustzentrum an der Charité Campus Mitte erkennt natürlich mehr. Mit dem Curser misst er nach. "Was wir hier sehen können, ist ein fast normaler Lymphknoten. Ganz typisch gelegen unter der fascia axillaris [Anm. D. Red.: Faszie im unteren Achselbereich]. Da haben wir einen guten Zentimeter." Der Knoten sei damit deutlich kleiner als zum Beginn der Behandlung vor zwei Monaten. Da sei er drei bis vier Zentimeterer groß gewesen, sagt Blohmer.
Diagnose Brustkrebs
Seit Juli diesen Jahres weiß Yvonne Niepelt, dass sie an Krebs erkrankt ist. In den Monaten davor fühlte sie sich zunehmend schlapper. Sie merkte: "Irgendetwas stimmt nicht". Beim Abtasten spürte sie eine Verhärtung. Auch ihre Lymphknoten in den Achselnhöhlen waren vergrößert. Schnell kam die Diagnose: Brustkrebs.
Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts erkranken in Deutschland 158 von 100.000 Frauen und 1,9 von 100.000 Männern an Brustkrebs. Mit etwa 67.570 Neuerkrankungen insgesamt ist Brustkrebs in Deutschland die häufigste Krebsart bei Frauen. Durchschnittlich erkranken Frauen mit 64 Jahren, Männer mit 71 Jahren. Zunehmend sind aber auch jüngere Menschen betroffen. Auf die Situation der Kranken, aber auch auf Vorbeugung, Früherkennung und neue Forschungs- und Therapiemethoden möchte der Krebsmonat hinweisen, der weltweit jährlich im Oktober stattfindet.
Die erste Klinik, in der Yvonne Niepelt untersucht wurde, empfahl ihr eine klassische Chemotherapie. 16 Zyklen sollten ihr verabreicht werden.
Doch die 52-Jährige holte sich eine zweite Meinung ein und nahm Kontakt zum Brustzentrum der Charité auf. Ihr Glück: Ihr bisher noch unbehandelter Krebs – ein "lokal fortgeschrittenes Mammakarzinom" – sei hier behandelbar mit einer neueren Therapieform. Und zwar ohne die Nebenwirkungen einer klassischen Chemotherapie wie Übelkeit und Haarausfall.
Anti-hormonelle Behandlung
Jens-Uwe Blohmer therapiert seine Patientin mit einer sanfteren Methode. "Es ist eine Kombination aus einer anti-hormonellen Behandlung, dazu kommt eine Tablette, welche die Zellteilung des Zellkerns hemmt und den Zellkern nicht aus dem Ruhestadium herauslässt, also behindert, ähnlich wie eine Chemotherapie", erklärt er.
Eine antihormonelle (oder auch endokrine) Therapie ist eine medikamentöse Therapie bei Brustkrebs bei hormonempfindlichen Tumoren. Sie kann die Bildung von Östrogenen verhindern oder die Hormonrezeptoren blockieren So können die Hormone nicht an der Tumorzelle andocken und sie mit Nährstoffen versorgen.
Blohmer ruft die bisherigen Computertomographie-Bilder auf, vergleicht jene vom Beginn der Behandlung mit den aktuellen. Auch mit den Ultraschallbildern und dem Abtasten der Brust ist er zufrieden. Die Therapie wirke schon nach zwei Monaten, sagt er.
Viele Klinken behandeln Niepelts Krebsart noch mit einer radikalen Chemotherapie. Das Brustzentrum der Charité aber forscht seit gut sieben Jahren an der neuen Methode mit weniger Nebenwirkungen und hat an den Zulassungsstudien mit der spezifischen Medikamentengruppe CDK4/6 Inhibutoren teilgenommen, die die Zellteilung verhindern. Die Universitätsklinik sei da im Vorteil gegenüber anderen Kliniken, sagt Blohmer.
Er konnte schon mehrere Hundert Patient:innen mit der anti-hormonellen Therapie behandeln. Erst solche mit Metastasen, dann mit metastasierten Mammakarzinomen und der lokal fortgeschrittenen Variante wie bei Yvonne Niepelt, jetzt auch schon frühe Hochrisikopatient:innen. Diese Behandlung sei nur in Kliniken und Praxen möglich, die eine ambulante Tumortherapie durchführen. Das treffe auf die meisten Brustzentren in Berlin nicht zu, dafür aber auf niedergelassene gynäkologische/internistische Onkologen.
Neben der anti-hormonellen Therapie fließen hier auch andere Faktoren in die Beurteilung ein, ob eine Behandlung effektiv und in allen Bereichen erfolgreich ist. So wird die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten regelmäßig und in verschiedenen Stadien der Therapie abgefragt. Das Ziel der Behandlung ist es, ein Karzinom zu verkleinern, bevor es möglicherweise operiert wird. Doch das ist gar nicht immer notwendig.
Yvonne Niepelt fühlt sich jetzt, zwei Monate nach ihrer Diagnose, gut. Sie kann arbeiten, ein recht normales Leben führen. Im Dezember wird der restliche Tumor operativ entfernt, ihre Brust wieder aufgebaut. Im Januar soll eine kurze Bestrahlung folgen. Die anti-hormonelle Behandlung läuft noch länger. Dann hofft Yvonne Niepelt auf eine Zukunft ohne Krebs.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.10.2023, 07:45 Uhr