Hass im Netz - Landgericht weist Klage der Umwelthilfe gegen Facebook-Konzern Meta ab

Di 21.11.23 | 18:45 Uhr
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Pressekonferenz der Deutschen Umwelthilfe (DUH) am 22.03.2023 in Berlin zur Verhandlung des Landgerichts Berlin ueber eine Grundsatzklage gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta. (Quelle: Imago Images)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.11.2023 | Jan Wiese | Bild: Imago Images

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Berliner Justiz mit Facebook beschäftigt: Die Deutsche Umwelthilfe wehrt sich gegen Beleidigungen und Morddrohungen auf dem Portal - vergeblich. Das Landgericht weist die Musterklage ab.

Das Landgericht Berlin hat eine Musterklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den US-Konzern Meta abgewiesen. Das teilte die Umwelthilfe am Dienstag in einer Pressemitteilung mit.

Der Verband wollte erreichen, dass Meta Facebook-Gruppen schließt, in denen laut DUH zu Hass und Gewalt gegen ihre Aktivisten aufgerufen wurde. Der Mitteilung zufolge erklärte das Gericht, dass Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch Einzelne nicht ausreichten, um ganze Facebook-Gruppen zu verbieten. Die Richter sähen in dem Fall eine Gesetzeslücke.

Umwelthilfe will vor nächste Instanz ziehen

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch kündigte an, nun in die nächste Instanz zu gehen, und zwar vor das Kammergericht Berlin. Zugleich forderte er Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf, eine entsprechende gesetzliche Regelung gegen soziale Medien zu erlassen, um die Opfer von Bedrohungen besser zu schützen.

Eine Sprecherin von Meta erklärte gegenüber dem rbb, Hassrede sei inakzeptabel. Meta gehe aktiv gegen die Verbreitung von Hassrede auf der Plattform vor. "Wir investieren laufend in Technologien und Meldetools, damit Hassrede noch schneller erkannt und entfernt werden kann. In diesem Fall haben wir die Inhalte, die uns gemeldet wurden, entfernt", so die Sprecherin.

DUH: 300 Anzeigen konnten Drohungen nicht stoppen

Nach Angaben von Resch erleben er selbst sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Jahren massive Anfeindungen und Beleidigungen, die inzwischen in Gewaltaufrufen und -fantasien gipfelten.

Laut Umwelthilfe blieben Versuche erfolglos, Meta dazu zu bewegen, Gruppen zu schließen, in denen regelmäßig Gewalt- und Morddrohungen gepostet würden. Weder Meldungen an Facebook selbst noch rund 300 Strafanzeigen der DUH hätten die Drohungen gestoppt. Die Klage solle deshalb gesetzlich klarstellen, dass Hassräume im Netz nicht geduldet würden, erklärte die DUH vor der Verhandlung.

Das Berliner Gericht wollte den Fall ursprünglich bereits im Frühjahr prüfen. Damals wurde die Verhandlung aus Krankheitsgründen jedoch verlegt. Eine Meta-Sprecherin sagte damals, Hassrede sei inakzeptabel und man gehe aktiv gegen die Verbreitung von Hassrede auf den Meta-Plattformen vor. Im vorliegenden Fall seien die gemeldeten Inhalte entfernt worden.

Der Fall Künast

Die Berliner Justiz befasst sich nicht das erste Mal mit Vorwürfen gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta. Im November vergangenen Jahres hatte das Berliner Kammergericht der Grünen-Politikerin Renate Künast nach einem jahrelangen Rechtstreit den Rücken gestärkt. Künast wehrte sich gegen Facebook-Posts, in denen sie heftig beschimpft wurde. Sie war unter anderem als "Pädophilen-Trulla" und "Gehirn amputiert" bezeichnet worden. Das Kammergericht kam zu dem Schluss, dass auch diese Äußerungen eine Beleidigung nach §185 Strafgesetzbuch (StGB) darstellen. Meta musste daraufhin die Daten der postenden Nutzer und Nutzerinnen herausgeben.

Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil das Landgericht Berlin anfangs entschieden hatte, dass Künast als Politikerin alle 22 Beschimpfungen hinnehmen müsse - sie habe Widerstand provoziert. Später hatte sich das Gericht korrigiert. Es blieb jedoch zunächst dabei, dass Künast nicht die Daten von allen Nutzern bekam.

Nachdem das Berliner Kammergericht nur 12 von 22 Kommentare als strafbare Beleidigungen eingestuft und in den anderen Fällen den Auskunftsanspruch verweigert hatte, war sie nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht gezogen - mit Erfolg. Im vergangenen Februar hob das Gericht die Entscheidungen der Berliner Zivilgerichte auf (Az. 1 BvR 1073/20).

Sendung: rbb24 Abendschau, 21.11.2023, 19:30 Uhr

44 Kommentare

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  1. 44.

    >>Der Mitteilung zufolge erklärte das Gericht, dass Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch Einzelne nicht ausreichten, um ganze Facebook-Gruppen zu verbieten. Die Richter sähen in dem Fall eine Gesetzeslücke.<<

    Wenn es um bestimmeten Verbrechen und "Meinungen" geht, höre ich immer: "Man darf nicht Verallgemeinen..". Das soll eigentlich auch hier gelten.

  2. 43.

    Gut erklärt. Und wenn neutral darüber berichtet wird, also wirklich neutral, dann ist dies eine Eigenschaft, die nicht politisch in nur eine Richtung zuzuordnen ist. Das merkt am Toleranzlevel, der an die 50 iger Jahre erinnert, wenn eigene Moralvorstellungen gerade nicht angenommen werden wollen weil diese sachlich falsch sind, z.B. die Grammatik ist ein solches aktuelles Beispiel.

  3. 42.

    Leider beten Viele nur die Aussagen diverser Politiker nach, ohne dies selbst zu überprüfen. Hass selbst ist eine menschliche Emotion und kann gar nicht strafbar sein. Strafbar sind ausschließlich Taten, die im Gesetz als solche definiert sind, also Bedrohung oder Beleidigung. Werden diese Straftaten aus der Emotion Hass heraus begangen, kann das Auswirkungen auf die Bemessung des Strafrahmens haben, aber eben, wie von Ihnen korrekt ausgeführt, nicht für den Hass sondern ausschließlich für die Straftat. Deswegen ist auch die Bezeichnung Hasskriminalität hochproblematisch. Korrekt ist die Bezeichnung "aus niederen Beweggründen", was auch das umfasst, was gemeinhin als Hass bezeichnet wird. Hass selbst kann man nicht verbieten und muss ihn sogar hinnehmen. Was man nicht hinnehmen muss und darf sind Straftaten daraus. Das vermischen leider Viele.

  4. 41.

    Nee, so einfach ist das eben nicht. Zwar gilt im Prinzip schon das Hausrecht, aber der ÖRR wird zwangsweise von allen Bürgern gezahlt und kann das Hausrecht daher nicht so eng anlegen, wie private Akteure das dürfen. Der RBB hat hier eine besondere Verantwortung, alle zulässigen Meinungen abzubilden.

  5. 40.

    Tja, willkommen in der schönen neuen "digitalen" Welt - die Geister, die ich rief...

  6. 39.

    "Ein Sieg für die Hass-Kriminalität" In welchem Paragraphen des StGB ist diese jetzt oft erwähnte Variante der Kriminalität genau und trennscharf in den Tatvoraussetzungen definiert? Im Endeffekt wurden hier ja, im Gegensatz dazu, ganz konkrete und auch definierte Straftaten vorgeworfen.

  7. 38.

    Das Landgericht Berlin scheint Schlagseite zu haben. Das Kammergericht ebenfalls. Wenn Entscheidungen von beiden durch das Verfassungsgericht aufgehoben werden … Was ist los?

  8. 37.

    Ein Sieg für die Hass-Kriminalität. Schade...

  9. 36.

    Die DUH sollte erstmal ihr Vorgehen und ihr Handeln überdenken. Niemand meldet sich in Foren mit echten Daten an. Auch die IP zu umgehen, ist einfach. Letztlich legt man mit solchen unsinnigen Verfahren die Justiz lahm.

  10. 35.

    Das „Sich wehren“ kann nicht verlagert werden. Es muss möglich sein, die Anonymität dann aufzuheben. Und es muss dann auch gemacht werden. Die Plattformen haften zu lassen führt deshalb zu weit, weil die Algorithmen zum Sperren entwickeln müssen. Das ist unterm Strich ein Hase-Igel-Wettlauf.

  11. 34.

    Die DHU hat das Recht gegen einzelne Nutzer vorzugehen und macht dies hoffentlich auch.
    Was nicht zulässig ist: Das man ganze Gruppen schließt, dann damit geht man zur "Sippenhaftung" über.
    Vor allem wie soll man dies jeweils abwägen?
    Was erreicht mit dem schliessen einer Gruppe?

  12. 33.

    Gewisse Menschen sehen im ÖRR eh die obersten Verschwörer gegen Volk und Vaterland.

  13. 32.

    Sie sollten vielleicht auch in Erwägung ziehen, dass es sich möglicherweise nicht um „Zensur“ handelt, sondern um ein technisches Problem. Ist es Ihnen nicht auch schon mal passiert, dass Sie einen Kommentar posten wollten, die Sendeversuche aber scheiterten oder Ihr Kommentar zwar versandt wurde, Sie aber keine Bestätigung über den Eingang erhielten?

  14. 31.

    Oh nein, das Urteil ist nicht gut, gar nicht gut, denn das werden jetzt wieder Menschen versuchen auszunutzen. Wenn die Richter dort eine Gesetzeslücke sehen, sollte diese so schnell wie möglich geschlossen werden.

  15. 30.

    Massive Anfeindungen haben immer einen Ursprung. Da haben Sie völlig recht. Allerdings meinen Sie etwas anderes und wollen eigentlich damit die Anfeindungen jenen zuschreiben, die mit Hass überschüttet werden. Also Opfer schuldig, Täter müssen so handeln? Warum sollte das so sein?

    Antisemitismus hat auch einen Ursprung. Aber deshalb haben die Juden keine Schuld am Hass gegen sie, sondern der Hass wurde von außen auf Juden übertragen, daran haben aber Juden keine Schuld, sondern Extreme, die durch diesen Hass am Leben gehalten werden, die brauchen den Hass, ohne ihn hätten sie nämlich nichts zu bieten.

    Niemand muss hassen, jeder hat die Möglichkeit sachlich miteinander umzugehen, zu interagieren.

    Man kann einfach alles mit allem begründen, aber dann möchte man tatsächlich nichts gegen Hass unternehmen. Hass gehört nicht in diese Gesellschaft, man kann mutig und sachlich argumentieren, aber hassen und bedrohen hat nichts mit dem Respekt der Freiheit des Gegenüber zu tun.

  16. 29.

    Ist denn ein Konzern mitvSitz in den USA überhaupt von den deutschen Justiz belangbar?

  17. 28.

    Wenn also jemand auf der Straße beleidigt wird, ist es seine Schuld? Dann sollte die Person sich in der Zukunft von der Straße fern halten und sich zu Hause hermetisch abriegeln?
    Nein, nicht auf der Straße und nicht im Netz. Was Du da erzählst ist eine Täter-Opfer-Umkehr!
    Niemand hat das Recht andere in ihrer Ehre und Würde zu verletzen, da sie ansonsten StraftäterInnen sind!
    Eine Verfolgung sollte viel ernster betrieben werden, da es ansonsten eine weiter Verrohung nach sich zieht.

  18. 27.

    Wie begründen Sie darauf eine juristische Definition, was Haß ist? "Durch Hass motivierte Straftaten" definiert ja nicht, was als Haß juristisch gelten soll und der §46 ist ja nur der Strafrahmen.
    Zu: "Der Schutz der Menschenwürde im Strafrecht" habe ich das gefunden:
    https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/22651/zstw-2014-0016.pdf?sequence=6
    da wird nicht auf §46 StGB Bezug genommen.

  19. 26.

    Leider gibt es immer mehr Menschen, die Meinungsfreiheit mit Beleidigungen, Menschenverachtung und Hass verwechseln. Und dazu kommt, dass sie glauben im Netz anonym zu bleiben. Leider hinkt die Strafverfolgung hinterher.

  20. 25.

    Woher soll diese Unzufriedenheit kommen?
    Große Fehler der DUH sind mir nicht bekannt.

    Die DUH setzt sich für die Bürger und den Umweltschutz in Deutschland ein und hat die Schummeldiesel aufgedeckt. Nun laufen Klagen zur Entschädigung der Kunden.

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