Ostprignitz-Ruppin - 16-Jähriger Wittstocker unter Terrorverdacht - Haftbefehl erlassen
Ein Jugendlicher aus Wittstock/Dosse soll mit einem Teenager aus Nordrhein-Westfalen einen islamistischen Anschlag in Köln geplant haben. Wie konkret die Pläne tatsächlich waren, wird nun durch die Sicherheitsbehörden ermittelt.
- Amtsgericht Neuruppin erlässt Haftbefehl gegen 16-Jährigen
- Russischer Jugendlicher soll gemeinsam mit Deutsch-Afghanen Terroranschlag geplant haben
- Offenbar wurde der 16-Jährige ins Haftkrankenhaus Brandenburg/Havel gebracht
- Verfassungsschutz sieht erhöhte Terrorgefahr in Deutschland
Das Amtgericht Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) hat am Mittwochabend Haftbefehl gegen einen 16-jährigen Russen aus Wittstock erlassen, der am Dienstag unter Terrorverdacht verhaftet worden ist. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Neuruppin besteht der dringende Tatverdacht, dass der Junge zusammen mit einem 15-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen einen terroristisch motivierten Anschlag geplant und vorbereitet hat.
Die Brandenburger Polizei hatte den 16-Jährigen am Dienstag festgenommen und seine Wohnräume durchsucht. Das Ermittlungsverfahren führt die Neuruppiner Staatsanwaltschaft zusammen mit dem Landeskriminalamt.
Bericht: 16-Jähriger kommt in Haftkrankenhaus
Nach Informationen des "Tagesspiegel" konnte der Jugendliche nicht wie geplant am Mittwoch in die JVA Wriezen überstellt werden - wegen des Schneewetters. Zudem soll der Jugendliche er Zeitung zufolge gesundheitliche Probleme haben. Zunächst sei er ins Krankenhaus Neuruppin gekommen und dort streng von der Polizei bewacht worden. Nun werde er ins Haftkrankenhaus in Brandenburg/Havel verlegt.
Laut WDR soll der Wittstocker sich zusammmen mit dem 15-Jährigen aus Burscheid bei Leverkusen zu einem möglichen islamistitischen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt oder eine Synagoge in Köln ausgetauscht haben [wdr.de]. Über den Messenger-Dienst Telegram sollen sie sich über einen Anschlag mit Brandsätzen oder einem Kleinlaster unterhalten haben.
Dabei gilt der 15-jährige Deutsch-Afghane als Hauptbeschuldigter. Gegen Ihn hat das Amtsgericht Leverkusen bereits am Mittwoch Haftbefehl erlassen.
Russe war Sicherheitsbehörden bereits bekannt
Die Ernsthaftigkeit der Pläne und die Frage, ob sich der 15-Jährige in seiner Kommunikation mit anderen mutmaßlichen Islamisten womöglich nur wichtig machen wollte, blieben zunächst offen. Da er jedoch kürzlich ein konkretes Datum und einen öffentlichen Platz nannte, griff die Polizei am Dienstag sicherheitshalber zu, berichtet die Nachrichtenagentur DPA unter Verweis auf Informationen aus Sicherheitskreisen.
Wie konkret die Pläne tatsächlich waren, soll nun untersucht werden. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin sowie die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf haben die Ermittlungen übernommen.
ARD-Terrorexperte Michael Götschenberg sagte am Mittwochabend im rbb24 Inforadio, der 16-jährige Russe aus Wittstock sei tschetschenischer Abstammung und den Sicherheitsbehörden in Brandenburg bereits bekannt. Er gelte dort als relevante Person in der radikal-islamistischen Szene. Laut Götschenberg haben sich die beiden Terror-Verdächtigen in einem einschlägigen radikal-islamistischen Forum verabredet, den Anschlag zu verüben.
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Wittsocks Vize-Bürgermeister reagiert erleichtert
Unterdessen hat sich der stellvertretende Bürgermeister von Wittstock/Dosse, Holger Schönberg (parteilos), nach der Festnahme des 16-jährige Russen in seiner Stadt erleichtert gezeigt. Er sei dankbar, dass die Sicherheitsbehörden das vermeintliche Anschlagsszenario aufgedeckt hätten, sagte Schönberg am Donnerstag dem rbb. Man habe in Wittstock seit mehreren Jahren mit tschetschenischen Flüchtlingen zu tun, die teilweise nicht bereit seien, die Gesetze zu respektieren. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten ein härteres Durchgreifen.
Der Weihnachtsmarkt in Wittstock (8. bis 10. Dezember) finde auch trotz der Festnahme statt, betonte Schönberg. Dieser werde wie gewohnt durch Polizei und Ordnungsamt begleitet.
Verfassungsschutz warnt vor akuter Anschlagsgefahr
Am Mittwoch hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz angesichts des Kriegs im Nahen Osten vor der akuten Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland gewarnt. "Die Gefahr ist real und so hoch wie seit Langem nicht mehr", erklärte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang in Berlin. Das Anschlagsrisiko habe "eine neue Qualität" erreicht. Die Behörde arbeite "mit Hochdruck daran, um potenzielle Planungen gegen die Sicherheit von Jüdinnen und Juden, israelischen Einrichtungen, aber auch von Großveranstaltungen zu durchkreuzen".
Wie Haldenwang weiter erklärte, beobachtet der Verfassungsschutz "seit Längerem den erklärten Willen von Islamisten, Anschläge im Westen zu verüben". Er selbst habe "immer wieder betont, dass jeden Tag auch in Deutschland ein islamistischer Anschlag verübt werden kann". Durch die Polarisierung angesichts des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas habe diese Bedrohung nun aber eine neue Qualität erreicht.
Nahost-Konflikt auch Thema bei Links- und Rechtsextremisten
Uneinigkeit sieht der Verfassungsschutz in der deutschen linksextremistischen Szene: Hier werden demnach sowohl pro-israelische als auch pro-palästinensische Positionen vertreten. "Die Szene zeigt sich insoweit gespalten", halten die Analysten fest. Autonome Linksextremisten verträten überwiegend pro-israelische Positionen, antiimperialistische, gewaltorientierte sowie dogmatische Linksextremisten hingegen fast ausschließlich pro-palästinensische Positionen.
Die rechtsextremistische Szene kommentiert die Hamas-Angriffe laut Analyse des Verfassungsschutzes ebenfalls "uneinheitlich": So nehme beispielsweise der Bundesverband der Partei Die Heimat (vormals NPD) eine neutrale Position ein. Teile der "Jungen Nationalisten" und die neonazistisch geprägte Kleinstpartei III. Weg verträten hingegen anti-israelische und pro-palästinensische Positionen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 29.11.2023, 19.30 Uhr