Streit über Wahl -
Der Zentralrat der Juden hat der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für ein Jahr die Stimmrechte in allen Gremien entzogen. Die Entscheidung sei einstimmig im Präsidium des Zentralrats gefallen, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag.
Die Gemeinde reagierte am Dienstag empört und warf dem Zentralrat vor, die Einheit der jüdischen Gemeinschaft aufs Spiel zu setzen.
Hintergrund ist ein Konflikt zwischen der Gemeinde und dem Zentralrat, der sich immer weiter zuspitzt. Konkreter Anlass ist der Streit über die Wahl des Gemeindeparlaments im vergangenen Jahr. Damals hatten Gemeindemitglieder vor dem unabhängigen Gericht beim Zentralrat geklagt und einen Stopp der Wahl erwirkt.
Oppositionsbündnis Tikkun begrüßt Entscheidung - Joffe kündigt Widerstand an
Die Gemeinde hält das Gericht aber für nicht zuständig und das Urteil für nichtig. Der Vorstand um den langjährigen Vorsitzenden Gideon Joffe zog die Wahl im September 2023 durch und wurde wiedergewählt. Vor wenigen Tagen hatte das Gericht den zeitweiligen Entzug der Stimmrechte als Sanktion empfohlen. Dem folgte das Präsidium des Zentralrats.
Die Strafe bedeutet, dass Vertreter der Berliner Gemeinde zeitweise nicht mehr mitbestimmen dürfen. Das Berliner Oppositionsbündnis Tikkun, das Joffe und den Vorstand sehr kritisch sieht, begrüßte die Entscheidung. "Dies ist keinesfalls ein Konflikt zwischen dem Zentralrat und der jüdischen Gemeinde zu Berlin - im Gegenteil", erklärte Tikkun. Joffe und seine Unterstützer hätten die demokratischen Strukturen und das Wahlsystem der Gemeinde systematisch ausgehöhlt.
Joffe sieht die Verantwortung für den Konflikt hingegen allein beim Zentralrat. "Der Zentralrat handelt verantwortungslos und destruktiv", sagte Joffe der Deutschen Presse-Agentur. "Dagegen werden wir uns mit Händen und Füßen wehren, auch juristisch." Was genau geplant ist, wollte Joffe noch nicht sagen.
Streit auch um Ausbildungsstätte für Rabbiner
Der Gemeindevorsitzende führte nicht nur den Konflikt über die Wahlordnung an, sondern auch über die Rabbinerausbildung. Die Gemeinde hatte nach Turbulenzen am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam Anfang 2023 die Trägerschaft der liberalen Rabbinerschule übernommen. Der Zentralrat lehnte das ab. Am Montag teilte er mit, eine neue Stiftung solle Träger des Potsdamer Kollegs werden.
Joffe sagte, die Gemeinde bleibe gesprächsbereit. "Aber es war der Zentralrat, der vor Monaten einseitig den Gesprächsfaden aufgekündigt hat."
Sendung: rbb24 Abendschau, 27.02.2024, 19:30 Uhr