Militär - Polnische Jugendliche simulieren Alltag von Soldaten im Feriencamp
Rennen, Schießen und gutes Geld verdienen: Im polnischen Krosno Odrzańskie üben junge Menschen vier Wochen lang das Soldatensein. Hintergrund ist der russische Krieg gegen die Ukraine. Die jungen Polen wollen vorbereitet sein. Von Felicitas Montag
Ein junger Mann liegt auf dem Boden hinter einem Baum versteckt. Er hält ein Maschinengewehr, zielt und schießt mehrfach. Er trägt Tarnkleidung und einen großen Schutzhelm, sein Gesicht ist mit grüner Tarnfarbe bemalt. Auf der linken Schulter ein Aufnäher mit der polnischen Flagge.
Hinter ihm rennen zwischen den Bäumen andere bewaffnete Jugendliche. Zwei von ihnen tragen einen scheinbar verletzten Kameraden. Es sind kriegsähnliche Szenen, die sich im Militärcamp in Krosno Odrzańskie abspielen. Hier wird für den Ernstfall geprobt.
"Der Militärdienst bedeutet auch Aufopferung"
"Wir machen das, um den Militärdienst zu fördern und attraktiv für junge Menschen zu machen. Wir wollen den Alltag beim Militär zeigen, weil die Leute falsche Vorstellungen davon haben", sagt Leutnant Patrick Daraz, Leiter des Militärcamps. "Sie denken, dass unsere Arbeit sehr gefährlich und unangenehm ist. Ja, sie ist nicht einfach. Der Militärdienst bedeutet halt auch Aufopferung für das Heimatland."
Am Militärstützpunkt in Krosno Odrzańskie, nur 40 Kilometer von der Grenze zu Brandenburg entfernt, finden diesen Sommer zwei Feriencamps statt. Die erste Ausbildungcamp endet am Samstag, der zweite Durchlauf beginnt Mitte August.
In dem vierwöchigen Trainingslager wird nach Angaben des Militärs ein dichtes Programm vermittelt, unter anderem das Benehmen als Soldat, polnisches und internationales Recht, Geschichte des Militärs, Schießen und Taktiken. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekommen außerdem eine psychologische Beratung. In ganz Polen finden solche Trainings an insgesamt 70 Standorten statt.
16 Frauen und 72 Männer machen mit
Von den ursprünglichen 80 Teilnehmern sind nur noch 68 übrig, davon 16 Frauen. Die meisten gehen noch zur Schule. Leicht ist das Training nicht: Bis zu zehn Stunden täglich trainieren die jungen Polinnen und Polen. Ihr Tag beginnt um 5:30 Uhr, in nur zehn Minuten müssen sich die Teilnehmer fertig machen, um anschließend ein paar Kilometer zu rennen.
Nach dem Frühstück gibt es dann Übungen im Freien und Vorträge zu verschiedenen Themen. Um 21 Uhr ist Bettruhe.
Die meisten Teilnehmer sehen ihre berufliche Zukunft beim Militär. Einer von Ihnen ist der 18-jährige Wojciech Czapracki aus Żagań. "Ich interessiere mich schon seit meiner Kindheit für das Militär. Meine Eltern und Freunde sind auch Soldaten. Das ist meine Motivation", sagt er.
Czapracki geht noch zur Schule, danach will er Berufssoldat werden, wie er sagt. Ihn reize der Job, weil jeder Tag anders sei und ihn vor neue Herausforderungen stelle. Außerdem möchte er seinem Land dienen : "Die Liebe zu meiner Heimat ist der wichtigste Grund, warum ich zur Armee möchte."
Etwa 1.400 Euro für die Teilnahme
Ähnlich begeistert zeigt sich die 18-jährige Natalia Bura. Sie nutze das Militärcamp, um ihre körperliche und mentale Stärke zu testen, sagt sie. "Meine körperliche Ausdauer ist nicht so schlecht, wie ich dachte. Ich treibe auch Sport, aber Laufen mit einer Weste und Waffe ist schwierig, weil ich so etwas noch nie gemacht habe", so die Schülerin aus Zielona Góra.
Für das vierwöchige Training bekommen die Teilnehmer 6.000 polnische Zloty, umgerechnet etwa 1.400 Euro. Das polnische Verteidigungsministerium bezahlt das Programm, das sich an 18- bis 35-Jährige richtet.
Die polnischen Behörden fördern solche Nachwuchsprogramme verstärkt seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Das Nachbarland möchte sein Militär um 100.000 auf insgesamt 300.000 Soldatinnen und Soldaten aufstocken. Polen will vorbereitet sein. Viele polnische Jugendliche offenbar auch.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.08.2024, 19:30 Uhr