Erfolg am Landgericht Berlin - 85-jähriger Manne darf in seiner Wohnung bleiben

Di 22.10.24 | 16:29 Uhr
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Video: rbb24 | 22.10.2024 | Martin Schmitz | Bild: rbb

Der 85-jährige Reinickendorfer Manfred Moslehner darf in seiner Wohnung bleiben und muss dort auch für mögliche Sanierungsarbeiten nicht ausziehen. Das entschied das Berliner Landgericht in zweiter Instanz.

Der Mieter Manfred "Manne" Moslehner muss sein Reihenhäuschen in der Reinickendorfer Siedlung "Am Steinberg" nicht räumen. In seiner Berufungsentscheidung entschied das Berliner Landgericht am Dienstag für den Mieter und gegen den klagenden Vermieter.

Die erste Instanz, das Amtsgericht Wedding, hatte im April entschieden, dass der Mann sein Haus in Berlin-Reinickendorf verlassen muss. Er lebt in der Siedlung seit 85 Jahren, in seiner Wohnung dort seit 1978. In dem erstinstanzlichen Urteil hatte die Kammer die Kündigung Moslehners - an ihn ausgesprochen vom Vermieter - noch bestätigt. Diese fristlose Kündigung aber sei nicht rechtens, hieß es nun vom Landgericht.

Gericht: Auch für die Sanierungsarbeiten muss der Mieter nicht umziehen

Der Vermieter hatte Moslehner gekündigt, der angibt, über lediglich rund 1.000 Euro Einkommen zu verfügen - und der die Modernisierung wegen der damit verbundenen Mieterhöhung nicht dulden wollte.

Auch den mit den Modernisierungsmaßnahmen an Fassade und Dach begründeten Umzug in eine Ersatzwohnung beurteilte das Gericht ebenfalls als nicht angemessen und damit auch als nicht verpflichtend. Das Gericht urteilte, dass die Sanierungsarbeiten mit Rücksicht auf die Erkrankung des Mieters erfolgen müssten. Der Vermieter habe hier dessen Belange zu wahren. In der weiteren Berurteilung der Kündigungsgründe hieß es, dass der klagende Vermieter ohne jede Rechtsgrundlage den Beklagten überzogen habe mit "nicht rechtmäßigen Schreiben".

Der 85-Jährige Manfred "Manne" Moslehner - der rbb hat bereits mehrfach über den Fall berichtet - lebt seit seiner Geburt 1939 in der Kleinhaussiedlung "Am Steinberg". Die Siedlung war zunächst im Landesbesitz, wurde 2010 aber vom Land an private Eigentümer verkauft. Die neuen Besitzer planten vor wenigen Jahren dann die Sanierung der Häuser, darunter auch Moslehners Wohnung, mit der Folge, dass sich für Moslehner die Miete erheblich erhöht hätte. Dies lehnte er aber ab.

Viele Bewohner der Siedlung betroffen - Mietpreis teilweise vervielfacht

Die Eigentümer hatten Moslehner mit der Begründung gekündigt, dass er über Jahre hinweg die Modernisierungsmaßnahmen verweigerte. Das dann im April ergangene Räumungsurteil verband das Gericht mit einer Räumungsfrist von drei Monaten. Danach sei das Urteil vollstreckbar, es sei denn, der Rentner hinterlege rund 4.300 Euro als Sicherheitsleistung - eine Art Kaution, um im Haus bleiben zu dürfen, bis der Fall durch alle Instanzen gegangen ist. In der Folge setzten sich Aktivisten und von ähnlichen Modernisierungsforderungen Betroffene für das Sammeln der Kaution ein, und sicherten dem Rentner so den Verbleib in der Wohnung bis zu einem endgültigen Urteil.

Nur wenige Altmieter können sich offenbar die neuen Mietkonditionen leisten

Von einst 50 Bewohnern der Siedlung sind seit dem Verkauf lediglich rund 20 Altmieter geblieben, die die Sanierung ihrer Häuser allerdings nicht mehr verhindern können. In den sanierten Häusern hat sich die Miete zum Teil mehr als verdreifacht - für 80 Quadratmeter auf rund 2.500 Euro und auch mehr, wie die Mieter angeben.

Sendung: rbb24, 22.10.2024, 16:00 Uhr

Kommentar

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37 Kommentare

  1. 37.

    Es ist Miete, nicht Eigentum bei dem Herren. Miete - der Status Mieter verpflichtet! Historisch gewachsen ist Berlin hier aktuell noch am A***

  2. 36.

    Interessant wäre wie hoch die Ursprungsmiete im Jahr 1978 für die Wohnung war... Seit 1978 hat Deutschland eine kumulative Inflation von etwa 184,67% erlebt. Das bedeutet, dass 100 Euro im Jahr 1978 heute eine Kaufkraft von etwa 284,67 Euro haben. Die durchschnittliche jährliche Inflationsrate in diesem Zeitraum betrug etwa 2,34%. Bei 184,67 % Mieterhöhung hätte man lediglich den Inflationsausgleich und noch keine Rücklagen für Instandhaltung und Sanierung. Ich befürchte jedoch, dass hier regelmäßige Erhöhungen in der Siedlung versäumt wurden.

  3. 35.

    Kleinere, regelmäßige Erhöhungen sind für Mieter oft leichter zu verkraften als seltene, aber dafür größere Erhöhungen. Dies kann zu einer besseren Mieter-Vermieter-Beziehung beitragen. Der Vermieter hätte über die Jahre immer wieder den Mietpreis anpassen sollen, dann wäre der Sprung hier auch nicht so groß!

  4. 34.

    Stimmt. Es wird in der Debatte immer der Unterschied zwischen Miete und Eigentum "vergessen" - in anderen Bereichen bekommen wir das ganz normal hin, z.B. beim Leasing.

  5. 33.

    Sehr gutes Urteil! Manche Sachen sind mit Geld nicht zu bezahlen. Meine Eltern sind beide Mitte 80; da will man sich verständlicherweise nicht mehr verändern. Und der Mieter wohnt ja nun nicht erst seit gestern dort.

  6. 32.

    Die Genossenschaft wird auch griffig, wenn Modernisierung abgelehnt wird. Anwaltsbriefe und eigenmächtige Handlungen. Zum Schluss wird die Mitgliedschaft wegen Schädigung der Genossenschaft gekündigt. Ein Eintrag ins die Mietdatenbank und es gibt keine Ersatzwohnung.

  7. 31.

    Also als Mieter muss man auch seine Pflichten erfüllen, also dem Eigentümer die Modernisierung ermöglichen. Schließlich wollen die Grünen den Klimaschutz und die energetische Sanierung.

  8. 30.

    Ja, alles was man uns damals im Staatsbürgerkunde -Unterricht über den Kapitalismus erzählt hat, stimmte. Aber, heutzutage ist es noch viel schlimmer, Menschenfeindlicher geworden.

  9. 29.

    Es gibt viele Genossenschaften , die ihre Wohnung kostengünstig instand halten und die Mieten sind dort moderat..also hätte es der Senat auch so machen können. Diese superteure , bei dicken Wänden nichtsbringende Fassadendämmung, dieses Entkernen und dieses alle 10 Jahre das Bad neu haben wollen....das sind so sinnlose Ansprüche angesichts der bereits zerstörten Welt!

  10. 28.

    Wird dieser Artikel auch aktualisiert? In der "Berliner Zeitung" ist seit Stunden zu lesen, dass "Manne" in besagtem Haus wohnen bleiben darf.

  11. 27.

    Meine ehemalige 500 Euro Sozialbauwohnung kostet heute 1500 Euro. Habe vor Jahren die Bremse gezogen und hab mir was anderes gesucht.Mein Einkommen ist zwar auch gestiegen,genau so wie alle anderen Kosten,nur eben nicht wie die Miete.Wohnen muß ich, essen auch und vom Staat will ich nicht.

  12. 26.

    Kapitalismus pur: Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Findet man aber in allen Bereichen.

  13. 25.

    Ich bin wirklich nicht überrascht, dass die älteren Generationen für ihr Recht kämpfen, in ihren Mietwohnungen zu bleiben. Es ist unverschämt, was private Vermieter heute verlangen. Ich finde es auch amüsant, dass mein Büro von heruntergekommenen genossenschaftlichen Wohnblocks umgeben ist und dann eine Filiale von Anine Bing. Während man versucht, Berlin zu einem Hipster-Spot zu machen, hat man viele aus ihren Wohnungen vertrieben. Ich wünsche dem Kerl viel Glück.

  14. 24.

    Die Antwort heißt: Null. Natürlich darf jeder meckern und jemanden der Wohnraum zur Verfügung stellt asozial nennen. Nur zu!

  15. 23.

    Nicht zu Ende gedacht, ja die alten würden gerne in eine kleinere Wohnung umziehen, könnten Sie es sich leisten!
    Denn bis heute bietet man Ihnen nichts vergleichbares an.
    Ich rede schon lange davon und es tut sich nichts.
    Als Mieterbeirat ehemals weiß ich wovon ich rede.

  16. 22.

    Tja die Raffgier der wenigen Reichen.
    Geht auf die Straße demonstrieren gegen das Unrecht.
    Aber es müssen alle demonstrieren endlich raus aus der Comfort Zone.

  17. 21.

    Private Eigentümer sind nur an Luxussanierungen interessiert. Eine Miete, die sich nach Sanierung verdreichfacht? Das ist für mich Wucher und sollte bestraft werden.
    Wie war das doch gleich mit der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen? "...Erhöhung der Miete im Rahmen der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren um max. 20 Prozent..." sollte auch in diesem Fall gelten, weil es ja keine Neubauten sondern denkmalgeschützte, bereits vorhandene Häuser sind, die saniert werden müssen.
    Der Fall des betroffenen Mieters wäre für mich ein Härtefall, auch wenn (leider) hochbetagte Mieter, Senioren in diesem Land im Mietrecht keinen besonderen Schutz genießen. Was in meinen Augen menschenverachtend ist und dringend geändert werden sollte.

  18. 20.

    Alter allein kann für Justizia, die bekanntlich demgegenüber blind ist, kein Argument für oder wider etwas sein. Wäre der Mieter 47, wäre es kein Problem? Vom Gesetzgeber werden nunmal für Klimaschutz und co Modernisierungen bei Dämmung, Heizung, Fenstern... gefordert. Das alles muss gemacht werden und kostet Geld, was natürlich umgelegt werden muss - bauen ist sehr teuer geworden und Vermieter sind keine NGO. Wen das stört, der gehe gegen die Gesetze vor.

  19. 19.

    Über die Berliner Zeitung habe ich gelesen, dass Mane in seinem Zuhause bleiben darf. Glückwunsch!!

  20. 18.

    Hier wird kein Wohnraum geschaffen, der Wohnraum existierte bereits im Jahr 1939, wie im Artikel beschrieben. Der Mann wohnt da sein gesamtes 85 Jahre dauerndes Leben. Wenn man den Mann umbringen will, dann sollte man das nicht vorher durch Gerichtsprozesse rechtssicher machen wollen. Menschen aus ihren Wohnungen zu werfen ist so selbsterklärend niederträchtig. da braucht es auch kein Gericht dafür um das zu erkennen. Wenn der Senat durch den Verkauf diesen Skandal möglich gemacht hat, dann soll dieser auch die "angepasste" Miete von 2500 Euro übernehmen.

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