Räumung aus Geburtshaus - Gekündigter 84-jähriger Mieter "Manne" muss kein Zwangsgeld zahlen

Do 20.06.24 | 12:13 Uhr
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manne
Bild: rbb

Manfred Moslehner soll sein Geburtshaus in Reinickendorf räumen. Der Eigentümer will modernisieren und hat dem Mieter gekündigt. Moslehner verweigert die Herausgabe des Schlüssels und landet vor Gericht. Es drohen Zwangsgeld oder Zwangshaft.

Der 84-jährige Manfred Moslehner kann die Modernisierung seiner Wohnung nicht mehr verhindern – auch wenn er sich mit kaum 1.000 Euro Rente keine höhere Miete leisten kann. Mittlerweile verpflichtet ihn ein Gerichtstitel, Planer und Handwerker in die Wohnung zu lassen – was nun Stein des Anstoßes ist: Weil der Rentner an einem Tag im September die Schlüssel nicht herausgegeben hatte, will ihn die Eigentümer-Firma zwingen, notfalls mit Zwangsgeld oder Zwangshaft.

Sein gesamtes Leben lang hat Manfred Moslehner, genannt "Manne", in seinem Haus in der Kleinhaussiedlung Am Steinberg gewohnt. Er wurde 1939 sogar hier geboren.

Angst hat er

Zum Gerichtsprozess am Dienstag vor dem Amtsgericht Wedding erscheint Manne aber nicht allein. Nachbarinnen und Nachbarn unterstützen den 84-Jährigen. Denn so sei es bereits anderen Anwohnern der "Kleinkleckersdorf" genannten Siedlung in Berlin-Reinickendorf ergangen, seitdem diese im Jahr 2010 vom Land Berlin an die private Entwicklungsgesellschaft "Am Steinberg" verkauft wurde. Das Bad und die Küche sollen nun erneuert werden, Moslehner lehnt das ab und würde die Renovierung lieber selbst vornehmen, "wenn ich wüsste, dass ich endgültig hier bleiben darf, bis eben zum Ableben", sagt der 84-Jährige.

"Angst?", zögert der Mieter auf die Frage des rbb vor Zwangsgeld oder Zwangshaft vor dem Prozess am Dienstag. "Ja, habe ich."

Kleiner Lichtblick für Manne

Vor Mannes Haus steht die wahrscheinlich längste Mahnwache Berlins. Seit fast 14 Jahren demonstrieren die Mieterinnen und Mieter gegen die Luxussanierung ihrer kleinen Häuser. Auf Transparenten steht "Kapital verdrängt uns", "Entmieten verbieten" und "Solidarität mit Manne" geschrieben. "Eine Wohnung ist kein Aktienpaket", sagt eine Anwohnerin aufgebracht, "und der Mann ist auch kein Aktienpaket!" Man behandle "Manne" wie Dreck, sagt ein anderer.

Für viele sei das eine psychische Belastung. Für einige so sehr, dass sie sich im Krankenhaus haben behandeln lassen müssen, da sie dem Druck des Gerichtsvollziehers nicht standhalten konnten, schildert ein anderer Anwohner.

Doch es folgt ein kleiner Lichtblick für Manne: Er muss weder Zwangsgeld zahlen noch in Zwangshaft, weil er einem Mitarbeiter die Schlüssel zu seiner Wohnung verweigerte. Das urteilte das Amtsgericht Wedding am Mittwoch.

Sanierung lässt sich nicht verhindern

Seit 14 Jahren stehe die Bewohner Kleinkleckersdorf unter Druck. "Den haben viele nicht ausgehalten und sind ausgezogen", sagt Manne. "Aber wir kämpfen immer noch."

Von einst 50 Bewohner sind nur 20 Altmieter geblieben, die die Sanierung ihrer Häuser allerdings nicht mehr verhindern können. In den sanierten Häusern hat sich die Miete mehr als verdreifacht - für 80 qm auf rund 2.500 Euro und auch mehr. Für viel hier unbezahlbar. Und der Prozess gegen Manne, das befürchten alle, werde auch nicht der letzte sein.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.06.2024, 19:30 Uhr

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68 Kommentare

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  1. 68.

    „ für 80 qm auf rund 2.500 Euro und auch mehr.“
    Was soll da noch das ganze Gerede von Mietpreisbremsen, Vergleichsmieten, Mietwucher etc.?

  2. 67.

    Beim betreuten Wohnen kostet die Betreuung zusätzlich viel Geld. Wenn er das nicht will, oder nicht braucht, ist es Unsinn und menschenfeindlich, ihn das aufzuzwingen. Das kann man nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden.

  3. 66.

    Antwort auf "sabi" vom Donnerstag, 20.06.2024 | 13:47 Uhr
    "Sorry, aber das ,Theater' hat 2010 begonnen.
    Da war er noch nicht hochbetagt ..." Richtig! Da hätte er eine andere Wohnung finden können. Als Mieter hat man auch Pflichten, nicht nur die, die Miete zu bezahlen. M. E. ist der Mann einfach nur störrisch, weigert sich, über seine Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, Unterstützung vom Amt will er nicht (warum wohl)?? Die ganze Berichterstattung ist viel zu einseitig zugunsten des "armen, alten Mannes"....

  4. 64.

    Schlimm, daß ein angeblich sozial vorausschauender Staat es nicht schafft oder schaffen will, einem langjährigen Mieter Bestandsschutz und Sicherheit zu bieten!
    Furchtbar!

  5. 63.

    Wenn ich z. B. den Blick nach Wien (Österreich) richte, wo der gemeinwohlorientierte Wohnraum ca. 70 % beträgt (genossenschaftliche Wohnungen), dann kann ich die Formulierung "Ammenmärchen" jetzt persönlich nicht ganz nachvollziehen. Übrigens steigt auch der Zuzug nach Wien weiter massiv an. Dennoch vielen Dank für deine kritisch-konstruktive Anmerkung und deine persönliche Sichtweise.

  6. 62.

    Es ist ja kaum zu glauben, dass hier auch mal die Vernunft zu Wort kommt! Danke KlausBaerbel.
    Neid, Missgunst und blanker Sozialismus sprechen aus vielen Kommentaren hier. Wo sollen Wohnungen herkommen, wenn sich der Kapitaleinsatz nicht lohnt?

  7. 61.

    Oh, Kalle…. Ich bin ein DDR Kind. Wir haben ursprünglich 19 DDR Mark an Miete bezahlt. Nach der Erneuerung & Umbau hat man sich entschuldigt, dass die Miete dann 25,5 DDR Mark kostet. Wir haben für den Um- Ausbau alle Materialen erstattet bekommen. Die Arbeitsleistung sprich Zeit mussten wir selbst erbringen. Eine Erhöhung auf 2000€ & mehr ist einfach nicht mehr akzeptabel und aus meiner Sicht höchst kriminell gegenüber diesen Menschen die vielleicht eine Rente von weniger als 1000€ haben.

  8. 60.

    Das ist einfach nur noch schlimm so etwas lesen zu müssen. Was ist eigentlich in unserem Land los? Einfach nur sehr traurig. Leider an sehr vielen Stellen. Man glaubt doch nicht mehr an Zufall, dass die blaue Partei so viel Zuspruch erhält. Leider….

  9. 59.

    Wissen Sie, wie teuer betreutes Wohnen ist und wie lange Wartezeiten sein können?
    In vielen Häusern gibt es in Teilzeit noch eine/n Sozialarbeiter/in für Fragen und Unterstützung.
    Nicht alle Häuser sind in gutem Zustand.
    Personen mit kleiner Rente können solch eine Wohnung kaum leisten, sehr viele liegen von der Miete her oberhalb der Wohngeldgrenzen.
    Ihr Vorschlag greift zu kurz.

  10. 58.

    Es ist schon eine Schande, dass ein 84jähriger Mann aus seinem Haus geworfen wird, nur weil die Vermieter den Hals nicht vollkriegen und eine Luxussanierung durchführen lassen wollen.

  11. 57.

    Hier geht es nicht um eine Sanierung, hier geht es um maximale Profitmaximierung durch unnötige Luxussanierung.

    So anonym ist der Eigentümer nicht, es ist bekannt wer hinter der Entwicklungsgesellschaft "Am Steinberg" steht, auch das undurchsichtige Firmengeflecht drumherum ist eine bekannte Masche.

    Ihre "Lösungen" sind bei 1000 € Rente der blanke Hohn. Und ich kenne nur eine Partei die sich wirklich für Mieterinteressen einsetzt, es wird also auf lange Zeit keine Mietrechtsänderung und mehr sozialer Wohnungbau geben.

    Die Idee des Mietkaufmodell ist alter Wein in neuen Schläuchen, sprich Steuergelder für gierige Investoren und wird den Mietmarkt noch weiter anheizen.

  12. 56.

    Verstehen werden Sie erst, wenn Sie im der gleichen Lage sind und aus der Wohnung heraus geschmissen werden.

  13. 55.

    Viele Beiträge sehen nur die Situation des Mieters. Was auch vergessen wird, es gibt Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen auch nach Modernisierung. Zudem kann der Mieter, wenn seine Rente nicht reicht Wohngeld beantragen. In vielen Beiträgen ist der Vermieter nur gierig. Neid und Gier gehen eben immer. Die Auflagen des Staates an den Vermieter zählen nicht, auch die enorm gestiegen Reparaturkosten sind kein Argument. Aber wehe Reparaturen werden nicht gemacht, dann ist das Geschrei groß

  14. 54.

    Ihre Unterstellungen sind Unsinn. Die Absicht windigen Investoren noch mehr Steuergeldernhinterher zu werfen ist zu offensichtlich.

    Ihre Menschenverachtung haben sie bereits deutlich gemacht, ihnen geht es nicht um Menschen, sondern um noch mehr leistungslosen Profit.

  15. 53.

    Ich verstehe Ihre moralische Entrüstung, dass es a) für einen alten Menschen schwierig ist, seinen gewohnten Wohnraum, sein soziales Umfeld (sein Geburtshaus) verlassen zu müssen, und dass b) der Eigentümer hier ein anonym und profitorientiert anmutendes Firmengeflecht ist.
    Dagegen steht die ethische Frage, ob man allen langjährigen Mietern in beliebter werdenden Wohnlagen bzw. allen Mietern ab 80 J. nicht mehr den Wohnraum sanieren/die Miete erhöhen dürfen soll.
    Rechtlich gehört einem als Mieter die Wohnung nicht, man hat "nur" die durch den Mietvertrag eingeräumten Rechte. Miete heißt in der Regel wohnen auf unbestimmte, aber enden könnende Zeit. Jeder Mieter muss wissen, worauf er sich einlässt. Für Schwangere/Hochbetagte bestehen heute schon Einspruchsrechte bei Kündigung. Lösungen: Wohnung kaufen, Wohngeld beantragen, eine günstigere Wohnung mieten, für eine Mietrechtsänderung/mehr sozialen Wohnungsbau/Mietkaufmodelle wählen.

  16. 52.

    Diese Wohnsituationen waren auch im westlichen Deutschland nach dem Krieg normal, da ja vieles zerstört war. Ab Mitte der 70er Jahre wurden Wohnungen für alle gebaut und auch vergeben. In unserem Haus mit 26 Mietparteien war alles vertreten, vom Arbeiter, Rentner, bis zum Angestellten. Ich bitte doch , sachlich zu bleiben

  17. 51.

    Wenn den "gierigen Investoren" die Sozialförderungen für den sozialen Wohnungsbau gegeben werden würden wir diese Diskussion nicht führen müssen. Denn dann könnten Sie sich nicht über die hohen Mieten beschweren. Das Problem ist das Sie sich nicht mit einer Lösung befassen sondern lieber Sozial-Ping-Pong spielen wollen.

  18. 50.

    Christian Trebbin:
    "Gemeinwohlorientierter Wohnungsbau, mit staatlichen Förderelementen, scheint mir hier von zentraler Bedeutung zu sein. Angebotserhöhung senkt das Nachfragevolumen und dämmt "Mietwucher" mittelfristig ein."

    Das stimmt leider nur zum Teil.

    Ein höheres Angebot lässt in einer attraktiven Großstadt leider auch die Nachfrage steigen. Neue preiswerte Wohnungen führen zu einem verstärkten Zuzug in eine attraktive Stadt. Menschen, die gern in Berlin leben wollen, zur zeit aber davon abgeschreckt werden, dass sie keine Wohnung finden, werden es sich dann anders überlegen, wenn es wieder preiswerte Wohnungen gibt.

    Das alles spricht NICHT gegen den Neubau von Wohnungen, insbesondere preiswerter (Sozial-)Wohnungen, um die Wohnungsnot zu lindern! Aber es ist ein Ammenmärchen, dass man dadurch die Wohnungsproblem lösen und damit die Angebotsmieten in einer attraktiven Großstadt senken könne!

  19. 49.

    Schönes Sozial-Ping-Pong. Erstmal habe ich den Mietern nicht ihre Rechte abgesprochen. Der Hinweis am Ende ist wichtig. Sie denken das es nur um das Verhältnis von Mietern und Vermietern geht. Das der Staat auch eine Hand darin.

    Die Aufgabe des Staates ist es das es keine Benachteiligten am Markt gibt. Die Förderungen werden nicht weiter betreut. Leidtragende sind die Mieter die die hohen Kosten tragen dürfen. Denn kein Eigentümer wird sein Eigentum selbst tragen wenn er es zur Miete stellt. Das Ziel ist immer, dass das Eigentum am Ende Gewinn abwirft. Sonst würde es keiner machen. So kommt es das momentan nicht so viel gebaut wird wie erforderlich. Zu teuer bauen ist auch sehr riskant denn man findet keine Abnehmer oder Mieter. Daher wird weniger gebaut. Gerade wenn die Preise für das Bauen hoch gehen muss der Staat adäquat einlenken.

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