#Wiegehtesuns? | Geflüchteter vor Abschiebung - "Wenn sie mich abschieben, verliere ich alles"

Sa 29.03.25 | 11:10 Uhr
Ein Fußball und ein Fußballer im Hintergrund (Quelle: dpa/Victoria Rayu)
Bild: dpa/Victoria Rayu

Youssouf kommt aus dem Tschad und lebt als Asylbewerber in Frankfurt (Oder). Er will professioneller Fußballspieler werden. Doch nun wurde entschieden: Er soll abgeschoben werden. Er hat wenig Zeit, um etwas dagegen zu tun. Ein Gesprächsprotokoll.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Youssouf S. kommt aus dem Tschad, ist 21 Jahre alt und wohnt in Frankfurt (Oder) in einer Flüchtlingsunterkunft. Er spielt Fußball beim Ostbrandenburgligisten FC Union Frankfurt, hat dort Freunde gefunden und einen großen Traum: Eines Tages möchte er für die deutsche Nationalmannschaft spielen. Doch dafür sieht es aktuell nicht gut aus.

Mein Name ist Youssouf, und ich komme aus dem Tschad. Ich habe am Mittwoch einen Brief vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erhalten. Sie haben eine Entscheidung getroffen: Ich werde nach Polen abgeschoben. Ich habe Angst. Das Leben in Polen war für mich hart. Ich will meine Chance hier in Deutschland nicht verlieren. Ich will eine Zukunft haben, aus mir soll etwas werden. Ich will nicht zurück.

Im Brief steht, dass Polen damit einverstanden ist, dass ich zurückgeschickt werde. Jetzt habe ich sieben Tage Zeit, um eine Klage gegen die Entscheidung einzureichen. Ich brauche Hilfe. Nächste Woche will ich zur Caritas.

Ich brauche Schutz: Im Tschad lebte ich ohne Mutter und Vater, und mein Onkel wollte, dass ich zur Armee gehe. Dort gibt es bewaffnete Kämpfe. Ich hatte Angst, mein Leben zu verlieren. Doch mein Onkel sagte mir: "Entweder du gehst zur Armee oder du verlässt mein Haus." Ich verließ sein Haus. Manchmal schlief ich bei einem Freund, manchmal draußen auf dem Markt. Ich half Menschen bei kleinen Arbeiten für etwas Geld. Irgendwann kaufte ich mir ein Flugticket nach Russland.

In Russland lernte ich die Sprache, arbeitete im Bauwesen und bei kleinen Arbeiten, zuerst im westsibirischen Tjumen, später in Moskau. Russland ist im Krieg gegen die Ukraine. Ich entschied mich, nach Europa zu kommen.

Ich will für die deutsche Nationalmannschaft und für Dortmund spielen

Youssouf S.

Ein Taxifahrer brachte mich von Russland nach Belarus, ein anderer fuhr mich bis zum Wald. Dort orientierte ich mich mithilfe einer Karte. Ich blieb zwei Monate im Wald, nicht weit von der polnischen Grenze entfernt, fast ohne Essen oder Trinkwasser. Das war sehr hart. Als ich versuchte, die Grenze zu überqueren, wurde ich angehalten – sie zerstörten mein Handy. Ich ging zurück nach Minsk, drei Tage später war ich wieder im Wald.

Diesmal schaffte ich es zu Fuß über die Grenze, nach 15 Kilometern fand ich NGO-Mitarbeiter, die mir Essen, Wasser und Kleidung gaben. Sie brachten mich zum polnischen Migrationsamt.

Die polnischen Behörden schickten mich in die geschlossene Aufnahmeeinrichtung in Kętrzyn, dort wurde ich erst sechs Monate später freigelassen und in eine offene Einrichtung in der Nähe von Warschau geschickt. Fünf Tage später nahm ich den Zug nach Deutschland, wo ich Asylschutz beantragte. Ich wurde nach Eisenhüttenstadt in die Aufnahmestelle gebracht, später nach Frankfurt (Oder). Sie wollten sie mich eigentlich nach Eisenhüttenstadt zurückbringen und nun kam der negative Bescheid vom Bamf.

Mein Traum ist es, professioneller Fußballspieler zu werden. Ich arbeite hart daran. Ich spiele Fußball mit dem FC Union Frankfurt. Das macht mich sehr glücklich. Ich will für die deutsche Nationalmannschaft und für Dortmund spielen. Aber ich brauche Hilfe. Wenn sie mich abschieben, verliere ich alles. Ich will diese Chance nicht verlieren, meinen Traum zu verwirklichen.

Gesprächsprotokoll: Anne Frieda Müller und Juan F. Álvarez Moreno

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.03.2025, 15:40 Uhr

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