Rund um das Königsgrab von Seddin in der Prignitz haben Wissenschaftler Wohnhäuser aus der Bronzezeit entdeckt. Sie gehen davon aus, dass es sich um eine Großsiedlung handelt.
Archäologen melden weitere spektakuläre Entdeckungen nahe der Königshalle bei Seddin. Grabungsleiter Immo Heske und Doktorand Patrick Maier von der Uni Göttingen über die Wohnhäuser, verkohlte Eicheln und weitere Rätsel aus der Bronzezeit.
125 Jahre nach der Entdeckung des Königsgrabes von Seddin (Prignitz) haben Archäologen in diesem Jahr die Siedlung von König Hinz gefunden. Das teilte das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum am Montag mit. Es deute sich eine Großsiedlung mit einem Areal für religiöse Feste und Veranstaltungen an.
Die bronzezeitliche Siedlung sei überraschend dicht bebaut. "Jetzt haben wir nochmal sieben Häuser ausgegraben, das haut uns vom Sockel", sagte Grabungsleiter Immo Heske dem rbb. "Wir sind hier auf dem Weg, die größte jungzeitliche Siedlung für Norddeutschland, zu erforschen", sagte Heske.
Die Funde aus der Bronzezeit beim Königsgrab von Seddin
Bild: Stadtmuseum Berlin
Das "Königsgrab" von Seddin in der Prignitz gilt als die bedeutendste Grabanlage des 9. Jh. vor Christus im nördlichen Mitteleuropa. Die Grabkammer wurde im Jahr 1899 entdeckt, der Grabhügel vom Provizialverband Brandenburg (heute Land Brandenburg) angekauft und hergerichtet. Seitdem ist er nahezu unverändert.
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Das Grab stammt aus der Bronzezeit um etwa 800 vor Christus, liegt mitten im Wald, ist etwa zehn Meter hoch und hat einen Durchmesser von 60 Metern. Der Volkssage nach handelt es sich bei den Hügelgräbern um die letzte Ruhestätte von einem König namens Hinz.
Seit dem Jahr 2000 werden nach Angaben des Landkreises Prignitz das Königsgrab und die umgebende Rituallandschaft interdisziplinär durch Archäologen, Geologen, Geophysiker, Geografen, Astronomen, Mathematiker, Meteorologen und Archäobiologen erforscht.
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Aus der Grabkammer des Königsgrabes sind Kreisangaben zufolge 41 Objekte überliefert. Das prominenteste ist die mit umlaufenden Buckelreihen dekorierte, bronzene Amphore.
Vor ihrer letzten Verwendung als Urne diente sie wahrscheinlich als Mischgefäß für alkoholische Getränke bei rituellen Zusammenkünften am Hof der Seddiner Herren. Aus ganz Europa sind nur elf derartige Gefäße überliefert, zwei davon aus dem nordwestlichen Brandenburg.
Die Seddiner Grabbeigaben sind im Märkischen Museum von Berlin zu sehen.
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Etwa 2.800 Jahre alte Keramikfunde sicherte Archäologe Immo Heske von der Georg-August-Universität Göttingen schon vor Jahren bei Grabungen in der Prignitz. Die ersten Grabungsfunden wurden beim Bau einer Ferngasleitung bereits 2004 zwischen den Grabhügeln im Wickbold'schen Wäldchen und dem Königsgrab von Seddin gesichert.
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Die Archäologen haben schon vor Längerem Steinsammlungen aus ehemaligen Feuerstätten freigelegt.
Laut Grabungsleiter Immo Heske im Oktober 2024 hat die Siedlung am Ende der Bronzezeit rund 200 Jahre, etwa zwischen 1000 und 800 vor Christus, bestanden. Hinweise auf eine weitere Besiedlung in den folgenden Epochen gebe es nicht.
Dem Brandenburger Landesarchäologe Franz Schopper zufolge ist die Region der heutigen Prignitz in der späten Bronzezeit ein europäischer Kommunikations- und Handelsraum zwischen Nord- und Südeuropa gewesen.
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Grabungsleiter Immo Heske, der die Untersuchungen in Seddin seit rund zehn Jahren begleitet, zeigt das Modell eines Hauses, das ähnlich wie die monumentale Versammlungshalle einst ausgesehen haben könnte.
2023 führten das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologen der Universität Göttingen großflächige Grabungen rund um das sagenumwobene Königsgrab von Seddin durch. Möglich war das durch eine umfangreiche Förderung der Deutschen Forschungsgesellschaft mit rund 300.000 Euro.
In dem Jahr wurde eine riesige Halle gefunden, die mit zehn Metern Breite und einunddreißig Metern Länge als die bisher größte ihrer Art im nordeuropäischen Raum gilt und den Name Königshalle erhielt.
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Die 2024 freigelegten Reste von sieben Häusern einer dicht bebauten Wohnsiedlung auf einer Fläche von rund 2.000 Quadratmetern stehen rund um die riesige "Halle des Königs". Zwischen 200 und 300 Menschen sollen in der Siedlung gleichzeitig gelebt haben. Dabei habe es sich laut Grabungsleiter Immo Heske vorwiegend um Zimmerleute, Metallgießer und andere Handwerker sowie Landwirte gehandelt. Hausgrößen von rund sieben Metern Breite und knapp 17 Metern Länge ließen laut dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege auf Unterschiede in der Sozialstruktur schließen.
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Hier wird Brandlehm gezeigt, der wohl als Fensterlaibung gedient hat. Die Brandlehmstücke sind Immo Heske zufolge bis zu 56 Zentimeter dick und werden weiter untersucht, um Rückschlüsse auf das Leben und die Bauwerke in der Bronzezeit zu ziehen.
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Bei Grabungsarbeiten im Jahr 2024 wurden unter anderem verkohlte Eicheln gefunden, die wohl vor 2.800 Jahren als Nahrung dienten.
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Die bronzezeitliche Siedlung war deutlich größer als bisher angenommen, sagten Franz Schopper (l.) vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Grabungsleiter Immo Heske am 14. Oktober 2024 bei der Präsenytation der neuesten Erkenntnisse.
Laut Landesarchäologe Schopper sollen die archäologischen Untersuchungen rund um das "Königsgrab" fortgesetzt werden. Dazu plant das Landesamt, weitere Drittmittel einzuwerben. Die Funde würden zudem auf internationalen Konferenzen präsentiert, etwa zuletzt auf der größten europäischen Archäologie-Tagung, der European Association of Archaeologists (EAA) Ende August in Rom.
Wichtig sei aber auch die kulturtouristische Vermarktung, sagte Schopper weiter. Dabei gehe es darum, die Ergebnisse der Grabungen für Besucher sichtbar zu machen und die Zufahrten zu dem abgelegenen Gelände zu verbessern. Das "Königsgrab" sei in das Projekt der "Zentralen Archäologischen Orte" in Brandenburg und speziell in die "Zeitschätze der Prignitz" eingebunden.
Dem Landesamt für Denkmalpflege zufolge sei die hohe Konzentration der Häuser außergewöhnlich. Die Hausgrundrisse ähnelten im Bau der "Halle des Königs" und seien ebenfalls in West-Ost-Richtung ausgerichtet, jedoch in der Breite und in der Länge der Gebäude erkennbar kleiner.
Auf einem Acker in der Prignitz sind wieder Archäologen unterwegs. Sie wollen der Geschichte des sagenumwobenen Königs Hinz weiter auf den Grund gehen. Wie lebten die Menschen damals und gab es eine große Siedlung? Von Björn Haase-Wendt
Königshalle erst im Vorjahr entdeckt
Handwerker, wie Zimmerleute und Metallgießer, Landwirte und deren Dienstpersonal könnten in den Häusern gelebt und gearbeitet haben. Überlagerungen der Gebäude zeigten ebenso wie die gefundene Keramik eine Nutzung über mehrere Generationen. Ausgehend von den bestatteten Herrschern decke das einen Zeitraum von etwa 200 Jahren ab.
Seit März 2023 wird im Rahmen des Kooperationsprojektes "Siedlungsumfeld Seddin" des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums sowie des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen das Gelände nahe des Seddiner "Königsgrabes" erforscht.
Das Highlight des vergangenen Jahres war die sensationelle Entdeckung der "Halle des Königs", eines monumentalen Gebäudes aus der Zeit von König Hinz. Vieles in der großen Versammlungshalle deutete auf den sagenumwobenen König Hinz in der Prignitz hin, der nur wenige Meter entfernt – ebenfalls im 9. Jahrhundert vor Christus – im nur wenige Meter entfernten Königsgrab bestattet worden sein soll.
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Ich glaube, es gibt kein anderes. Gehörte verwaltungstechnisch nicht immer zu Sachsen-Anhalt, sondern früher zum Landkreis Westprignitz und historisch zur Prignitz.
Warum sollten auch dort nicht schon Menschen vor langer Zeit gelebt haben?Und man denkt Brandenburger sind Lausitzer (Halbsachsen/Sachsen) oder Polen? Nach einem solchen Kommentar würde ich Ihnen empfehlen sich etwas genauer mit der Thematik zu befassen.
16.
Kennt Jemand noch die ORF Sendereihe: die Brandenburger. Chronik eines Landes, von und mit Kurt Böwe ???
Dort wurde sehr viel Geschichte unserer Brandenburger Vorfahren aus Nordwest/Westbrandenburg vermittelt.
Leider wird im heutigen Brandenburg/Berlin, die Herkunft, vieler Hunderttausender Menschen und deren Vorfahren in Brandenburg und Berlin, ziemlich unter den Teppich gekehrt, Viele Grüße.
Irgendwo im Nordwesten/Westen Brandenburgs - ist aber noch in der Planungsphase, LG.
Sie wissen ja selbst, der Strukturwandel in der Lausitz, verbraucht so viele Milliarden - da muß halt erst einmal geschaut werden, ob überhaupt noch etwas Geld übrig bleibt.
Zur Siedlungsgeschichte der Region hat das Prignitz-Museum in Havelberg eine ständige Ausstellung. Bis was über die neuen Funde kommt, wird es aber bestimmt noch dauern. Zum Königsgrab von Seddin googeln sie einfach mal. Es ist in der Nähe von Groß Pankow.
Für mich wäre eine bessere Frage : Waren, die Vorfahren in den Randregionen auch schon Blau oder waren die Braun ?
Rot, waren die Leute dichter an Berlin ran, denke Ich mal.
Das ist gut, das endlich ein richtiges Museum, für den Nordwesten und Westen Brandenburgs gebaut wird - damit unsere Ur-Brandenburger/innen, nicht vergessen werden - Das ist richtig Toll !!!
Und auch, das ein Museum für Moderne Kunst, gleich mit integriert wird, ist super.
Im Westen/Nordwesten müsste aber auch noch eine richtig große Slawenburg zum Bsp. wiederaufgebaut werden - damit man sehen kann, wie die alten Brandenburger, gelebt haben, LG.
Das Museum für Altertumsgeschichte und gleichzeitig für Moderne Kunst wird für 235 Millionen Euro, gerade in Westbrandenburg gebaut.
Das wird eines der modernsten Museen in ganz Europa.
Wurde ja auch mal Zeit, das in den Westen/Nordwesten Brandenburgs, mal richtige Millionen, investiert werden, Viele Grüße.
7.
Donnerwetter das wär doch mal nen wochenendausflug wert
Gibts dazu irgendwo ne Ausstellung oder Museum ?
Das ist der eindeutige Beweis : Früher, haben in der Prignitz mal Menschen gelebt.
Vielleicht sogar Brandenburger:innen ???
Heute kennt man Brandenburger:innen gar nicht mehr.
Heutzutage denkt man doch : Brandenburger sind Lausitzer(Halbsachsen/Sachsen) oder Polen.
5.
Toll gemacht. Archäologische Arbeit vom feinsten. Freue mich mit allen Beteiligten. Hoffe auf interessante Funde, die uns das Leben in dieser Zeit, dieser Gemeinschaft, nahe bringen.