Missglückte Katastrophenschutzübung - Innensenatorin Spranger betont, im Ernstfall "wären alle sofort dagewesen"

Mo 04.11.24 | 17:34 Uhr
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Archivbild: ABC Training bei der Katastrophenschutzübung zum Erkunden und Dekontaminieren. (Quelle: dpa/Schueler)
Video: rbb24 Abendschau | 04.11.2024 | Axel Walter, Innensenatorin Iris Spranger | Bild: dpa/Schueler

Bei einer Übung in Berlin-Lichtenberg, die einen Chemieunfall simulieren sollte, warteten viele Statisten vergebens auf Rettungskräfte. Innensenatorin Spranger will aufarbeiten, wie die für die Bezirke verpflichtenden Übungen zukünftig besser laufen.

Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will nach der missglückten Katastrophenschutzübung am Samstag in Lichtenberg nicht von einem Scheitern sprechen: "Wenn das ein Ernstfall gewesen wäre, wären alle sofort da gewesen", sagte Spranger dem rbb am Montag. "Dass dann diejenigen, die vor Ort angekommen sind, eine andere Priorität gesetzt haben, weil sie es nicht anders wussten, das kann man verstehen. Deswegen werden wir uns auch nochmal gemeinsam hinsetzen und darüber reden." Im Ernstfall wären aber genug Hilfskräfte einsatzbereit gewesen, so Spranger weiter.

Bezirke zu Übungen verpflichtet

Die Verantwortung für eine solche Übung liegt laut Spranger beim Bezirk. Die Bezirke seien zu solchen Übungen verpflichtet. Sie wolle daher darauf verzichten, Lichtenbergs Katastrophenschutzbeauftragten Philipp Chachée die Schuld zuzuweisen: "Wir müssen aber besprechen, ob die Übungen in dieser Größe stattfinden müssen. Aber aus jeder Übung lassen sich auch Erfahrungen ziehen", so Spranger weiter.

Der Berliner Bezirk Lichtenberg hatte am Wochenende einen Chemieunfall mit rund 70 Verletzten und Todesopfern simuliert. Dutzende Statisten hatten dafür Betroffene dargestellt und teils stundenlang auf dem Boden ausgeharrt. Es sollte getestet werden, ob im Katastrophenfall auch freiwillige Hilfskräfte spontan einsatzfähig wären.

Die zuständigen Organisationen waren darüber aber nicht informiert worden. Deren Einsatzleitungen entschieden daher vor Ort aufgrund anderer Verpflichtungen, keine weiteren Rettungsteams zu schicken. Die Übung wurde nach mehreren Stunden abgebrochen.

Neues Katastrophenschutzzentrum ab 2025

Allerdings sagte Spranger auch, dass der Katastrophenschutz über Jahre vernachlässigt worden sei. Mit dem neuen Katastrophenschutzzentrum des Landes solle sich das ändern. Offiziell nimmt das Zentrum am 1. Januar 2025 den Betrieb auf.

Sendung: rbb24 Abendschau, 04.11.2024, 19:30 Uhr

52 Kommentare

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  1. 52.

    Im Ernstfall wäre eine derartige Lage von Kräften aus dem Regeldienst (BF und FF) bearbeitet worden und es ist fraglich ob im zweiten Abmarsch auf eine BSB zurückgegriffen worden wäre. Eher wären die FF'n in die Abdeckung der entblößten Einsatzbereiche und zur internen Ablöse herangezogen worden. Da stellt sich mir die Frage weshalb hier prioritär auf FF-Kräfte zurückgegriffen werden sollte. Es ist in Berlin nicht wirklich üblich hier von vorn herein eine BSB heranzuziehen, zumal diese rein technisch nicht für derartige lzagen ausgerüstet ist. Worum ging es also eigentlich? Denn wenn ich reale Erkenntnisse gewinnen möchte, muss ich schon bei der Alarmierung realistisch agieren.

  2. 51.

    Bei all den Diskussionen hier Frage ich mich, wie viele hier selbst ein Ehrenamt wie die Feuerwehr bekleiden und eine Ahnung haben, welchen Zeitaufwand das bedeutet. Da ist es ein Minimum an Entgegenkommen der Verantwortlichen, dass die Beeinträchtigung des Familienlebens der Kameraden durch derartige Übungen auf ein unbedingt nötiges Maß reduziert werden. Und im konkreten Fall wäre das deutlich besser gegangen. Wer mich kennt, weiß genau, dass ich sehr für solche Übungen bin und sowas prinzipiell zu selten geübt wird. Aber die meisten Berliner freiwilligen Feuerwehren liegen bei ihren Alarmzahlen jenseits der 200er Marke mit Personalstämmen von im Durchschnitt 30 Mann. Jetzt kann sich jeder mal vor Augen führen, was das für das Arbeits-, Privat- und Familienleben bedeutet. In einem Flächenland hätten Wehren mit derartigen Statistiken längst hauptamtliche Kräfte und deutlich mehr Personal.

  3. 50.

    Wenn es so gemacht wird, wie am Wochenende geschehen. Eine (fiktive)Abfrage der akut verfügbaren Einsatzkräfte für die Alarmierung einer Brandschutz-Bereitschaft (besser als am Wochenende geschehen aber mit einer zu erwartenden Lage und dem anvisierten Einsatzzeitraum, wie bei derartigen abfragen eigentlich üblich), dann Frage ich als betroffener Wehrleiter meine Kameraden ab, wer könnte und melde die Zahlen der Führungsunterstützung zurück und hier wird die Einheit zusammengestellt und ggf. Weiter abgefragt(Abfrage weiterer BSB'n), um auf die benötigte Stärke zu kommen. Wenn das für den Wehrleiter eine reale Abfrage ist, werden auch keine geschönten zahlen gemeldet. Warum man sollte ich das tun, habe ich auch am Samstag nicht getan.

  4. 49.

    "Vorher "? Welchen Namen habe ich denn nicht richtig geschrieben? Ihren? Den wechseln sie zu oft, sorry.

  5. 47.

    Ja hätte man so machen können, aber zumindest bei Frage der Verfügbarkeit so keine realistische Antwort bekommen. Irgendwo hätte irgendwer anfangen die Zahlen der Verfügbarkeit zu schönen (das man nicht kann, könnte ja Folgen haben) und schon sind auf dem Papier immer alle verfügbar gewesen. Und wenn es dann doch mal zum Ernstfall zur "Unzeit" kommt und plötzlich doch nicht das zugesagte Personal in der zugesagten Zeit da ist sind alle ganz betroffen, arbeiten das auf, geloben Besserung und am Ende wird doch nix passieren.
    Von daher führt kein Weg daran vorbei auch mal, so wie am Wochenende, unangekündigt zu alarmieren und abzuwarten wer wann real wirklich auf dem Hof steht.
    Und wenn dann schon eh alle vor Ort sind, dann kann das auch nutzen und gleich eine Übung dranhängen. Da nehmen wenigstens auch die Einsatzkräfte was mit und ärgern sich nicht das man am Ende für nix losgefahren ist.

  6. 46.

    Eine vernünftige Lösung, mit dem Ehrenamt umzugehen wäre gewesen, Kräfteermittlung und Übungsdurchführung getrennt voneinander zu beüben. Man hätte problemlos eine Stärkeabfrage bei den Wehrleitern(an einem zufällig gewählten Datum) durchführen können und damit eine realistische Verfügbarkeit erhalten können und die Durchführung der eigentlichen Übung getrennt davon beüben und vorher ankündigen können. Der Erkenntnisgewinn wäre der gleiche gewesen. Und die beteiligten Einsatzkräfte hätten ihr Leben um diese zusätzliche Übung herumplanen können.Allein die Anzahl an Sondereinsatzmitteln, die bei dieser Übung auf Stunden gebunden sind, macht es sinnvoll diese vorher mit den Beteiligten abzustimmen, unabhängig vom Umgang mit den Beteiligten Ehrenamtlern. Wenn es darum ging ein realistisches Ergebnis der Verfügbarkeit zu erhalten, Frage ich mich ehrlich gesagt, warum die Übung an einem Wochenende in den Ferien durchgeführt wird. Hier spielen mit Sicherheit auch andere Faktoren eine Rolle...

  7. 45.

    „ Ihre Angst versteh ich, sie ist aber ein schlechter Ratgeber! “
    Da haben sie wohl nicht so ganz genau gelesen…. Oder sie drehen öfter mal ihren Blickwinkel… aber egal.
    In meinem Keller ist das übliche Gerümpel… Fahrräder… alte Farbdosen… Werkzeug usw.

    Ich mach mir da einfach wenig bis keine Sorgen aber jeder wie er mag.

  8. 44.

    Man wird niemals mit den üblichen Hilfskräften einen Katastrophenfall abdecken können. Das wäre unbezahlbar und vollkommen überdimensioniert. Im Ernstfall müssen dann auch nicht alle Einsatzkräfte sofort vor Ort sein, die würden sich nur gegenseitig behindern. Die professionellen Rettungskräfte und in Teilen freiwilligen Feuerwehren hätten die Aufgabe, die ersten Maßnahmen einzuleiten, die Lage zu erkunden, möglichst viele Menschen zu retten. Alle nachfolgenden Kräfte sind dann für die Unterstützung notwendig. Verletzte entgegennehmen, sichten, erstversorgen und kategorisieren, die professionellen Kräfte ablösen oder mit weiteren Mitteln unterstützen. Es sind Zahnräder, die ineinander greifen und das hat hier ganz offensichtlich nicht geklappt. Also gilt es die Fehler zu analysieren und daraus zu lernen. An der gescheiterten Übung ist nicht einer allein schuld, es fehlte offenbar das Training und das Bewusstsein, wie wichtig diese Übung ist.

  9. 43.

    "Böse Ehrenamtler die nicht helfen wollen. So ein quatsch." Genau so! Ehrenamtler sind im Fall der Fälle die zweite Angriffswelle, weil die schlicht nicht so schnell am Einsatzort sein können wie die professionellen Helfer und auch oft entweder eine schlechtere technische Ausstattung haben oder im Gegenteil davon eine Spezialausrüstung, die die normalen Hilfsorganisationen nicht haben (zum Beispiel das THW mit seiner schweren Räumtechnik). Diese Kräfte lösen dann die professionellen Helfer ab oder unterstützen sie. Sie können und sollen sie in aller Regel nicht ersetzen, mit Ausnahme der freiwilligen Feuerwehren. Unser Land kann mehr als froh sein, dass Ehrenamtler ihre Freizeit für Dritte opfern und wenn so eine Übung schief geht, dann liegt das an der Organisation im Vorfeld, aber auch vor Ort. Wenn der organisatorische Leiter die Übung nicht behandelt wie einen Ernstfall, dann scheitert sämtliche Vorbereitung.

  10. 42.

    Nochmal, welche Ernstfälle meinen Sie? Die Organisationen sprechen lediglich von "anderen Verpflichtungen". Und selbst wenn so eine andere Verpflichtung "Oma Bräsig per Krankentransport zum Doc bringen (Samstags???)" war, dann sind da an anderer Stelle Dinge schief gelaufen.
    A) Warum fährt sowas ein Ehrenamtler am Wochenende (ja in Berlin läuft in dem Bereich grundsätzlich einiges schief) und B) selbst wenn für den Bereich das Ehrenamt bereits zur Unterstützung gerufen wurde, warum ist eine Person offenbar mehrfach verplant bzw warum konnte man nicht weiteres Personal aktivieren?

  11. 41.

    Der Ernstfall war noch mit dem Zusatz "so klein er auch sein mag," garniert. Das kann auch die Oma Bräsig sein, die auf "ihren" Krankentransport zum Doc wartet. Das Ziel der Übung war "Nach Cachées Vorstellungen sollte das Szenario "Massenanfall an Verstorbenen" geübt werden." und die Lebenden haben Vorrang vor den Toten. Das hat die Einsatzleitung vor Ort erkannt und angesichts des Personaldeckchens der Hilfs- und Rettungsdienste richtig entschieden. Der Nachweis, das man gekonnt hätte, ergibt sich aus der Tatsache der Entscheidung vor Ort. Unter Echtbedingungen wäre hier eine Priorisierung erfolgt. Dies war bei einer Übung mangels Masse nicht angezeigt. Übungsende.

  12. 39.

    Zusätzliches Hauptamt für worst case-Szenarien vorzuhalten kostet und müsste erstmal „rekrutiert“ werden!
    Diese erheblichen Mehrkosten müssten dann als Steuern von allen Steuerzahlern geschultert werden.
    Motivierte und trainierte Freiwillige für Worst Case sind daher eine Alternative. Was Katastrophen sind und wer wofür zuständig ist, regelt das Berliner Katastrophenschutz-Gesetz und die ergänzenden Verordnungen.

  13. 37.

    Ihre Angst versteh ich, sie ist aber ein schlechter Ratgeber! Ich persönliche bleibe cool-realistisch und halte die Augen offen, lese nur seriöse Zeitungen und meide Tiktok, telegram usw. Sollten Sie auch tun!
    Mein Keller ist gefüllt für den Ernstfall ( Überleben für 3 Monate gesichert!).

  14. 35.

    Nein, ich lebe in der Realität… darum auch meine zusätzliche Frage nach den Toten durch Terroranschläge.
    Und die weitere „Frage“ nach den Risiken…. Solange nahezu jeder Bereich mehr Tote verursacht als der Terror in Berlin kann ich ruhig schlafen.
    Aber wie gesagt…. Vergleichen sie mal den Verkehr oder den Haushalt oder was auch immer mit der Anzahl der Toten durch Terroranschläge dann kommen sie vielleicht aus ihrer „Angstblase“ heraus…. Aber bald sind überall die Weihnachtsmärkte geöffnet… da kann man dann wieder erneut Angst haben und nach Videoüberwachung dieser rufen.

  15. 34.

    Von welchem Ernstfall reden sie? Es ist nur von "anderen Verpflichtungen" die Rede, nicht aber davon welche es konkret waren.
    Und auch die Aussage im Ernstfall hätte man gekonnt lassen sich Bezirk und Senat hoffentlich entsprechend nachweisen.
    Und nein, eine geheime Alarmübung ist kein Planungsfehler sondern nötig um gewisse Abläufe, insbesondere bei der Alarmierung, realistisch beüben zu können.

  16. 33.

    Im Ernstfall wären alle tot gewesen…

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