Übung in Berlin-Lichtenberg - Innenverwaltung kündigt Aufarbeitung von abgebrochener Katastrophenschutzübung an

So 03.11.24 | 15:05 Uhr
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Archivbild:02.11.2024, Berlin: Beobachtende Polizeibeamte und Hilfskräfte warten auf ein Übungsszenario für eine Katastrophenschutzübung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht.(Quelle:dpa/K.Nietfeld)
Audio: radioeins vom rbb | 03.11.2024 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa

Der Berliner Bezirk Lichtenberg wollte in einer Übung einen Chemieunfall simulieren. Die Statisten lagen bereits auf dem Boden - doch es kamen keine Rettungskräfte. Die Senatsinnenverwaltung hat nun eine Aufarbeitung angekündigt.

Nach der vorzeitig abgebrochenen Katastrophenschutzübung im Berliner Bezirk Lichtenberg am Samstag hat die Senatsverwaltung für Inneres eine Aufarbeitung angekündigt. "Die vom Bezirk Lichtenberg durchgeführte Übung muss nachbereitet und ausgewertet werden, um Optimierungen für künftige Übungen zu identifizieren. Die Innenverwaltung wird sich daran natürlich beteiligen", sagte die Sprecherin Sabine Beikler dem rbb.

Nach den aktuellen Erkenntnissen, die ihr vorlägen, hatte der Bezirk Lichtenberg die Übung nur "unspezifisch" im November 2023 und im Februar 2024 an die Senatsverwaltung für Inneres gemeldet. Danach habe der Bezirk keine weiteren Hinweise an die Innenverwaltung gegeben oder Absprachen mit ihr getroffen - und nach aktuellem Stand "offenbar auch nicht mit der Feuerwehr oder den Hilfsorganisationen", so die Sprecherin.

Innenverwaltung: "Keine Schuldzuweisungen"

Eine Zustimmung der Innenverwaltung für eine Katastrophenschutzübung des Bezirks sei aber rechtlich auch nicht nötig. Philipp Cachée sei als Lichtenbergs Katastrophenschutzbeauftragter "für die Übung verantwortlich" gewesen. "Er muss die Beteiligten vor Ort instruieren - ob und wie er das getan hat, kann ich nicht beurteilen", sagte Beikler. Sie betonte aber auch: "Es soll keine Schuldzuweisungen geben." Die Katastrophenschutzübung bezeichnete sie aus Sicht der Innenverwaltung als "erstmal erfolgreich, weil alle dagewesen sind".

Die Sprecherin verwies zudem auf den Plan des Senats für ein neues Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement (KBK), das ab Januar 2025 den Betrieb in der Innenverwaltung aufnehmen soll. Das KBK solle künftig unter anderem dafür sorgen, in solche Übungen besser eingebunden zu sein.

Einsatzkräfte nicht erschienen

Die Katastrophenschutzübung in Alt-Friedrichsfelde war am Samstag nach mehrstündigen Verspätungen abgebrochen worden - offenbar infolge einer Kommunikationspanne. Die Hilfsorganisationen, die bei einem simulierten Chemieunfall eingreifen sollten, hatten keine Einsatzkräfte geschickt. Warum genau, ließ sich vor Ort nicht klären.

Laut der Deutschen Presse-Agentur hatte es Schwierigkeiten gegeben, freiwillig organisierte Dienste ausreichend zu mobilisieren, sagten Behördenvertreter, die den vorher geheim gehaltenen Ablauf beobachteten. Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichtsmedizin, Bestattungsunternehmen, das Gesundheitsamt, die Landespolizei und die Bundeswehr waren als Beobachter vor Ort oder hätten im weiteren Verlauf der Übung eine Rolle spielen sollen. Der Katastrophenschutzbeauftragte Philipp Cachée stand für ein offizielles Statement nicht zur Verfügung.

"Probleme deutlich geworden, Erkenntnisse gewonnen"

Nach Beobachtungen von rbb-Reportern lagen die angeforderten 75 Statisten bereits als vermeintliche Opfer auf dem Boden. Wer aber nicht zur Übung kam, waren die Rettungskräfte der Hilfsorganisationen - also wurde die Übung nach mehreren Stunden abgebrochen. Cachée erklärte später, es seien Probleme deutlich geworden, aber auch Erkenntnisse gewonnen worden. Konkretere Angaben machte er nicht.

Als Beobachter beteiligte Sicherheitsbehörden erklärten, wenn Kräfte wie die Berufsfeuerwehr, Polizei oder auch die Bundeswehr in Amtshilfe getestet würden, sei ein ganz anderes Ergebnis und kurzfristige Reaktion auf eine Lage zu erwarten. Darauf war allerdings bewusst verzichtet worden, um den sogenannten Grundschutz in Berlin nicht zu beschränken und weil eine Abstützung auf Freiwilligenorganisationen in großen Lagen getestet werden sollte.

Die Analyse der Probleme bei der abgebrochenen Übung könnte am Montag auch eine Rolle im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses spielen.

Sendung: radioeins vom rbb, 03.11.2024, 16:00 Uhr

74 Kommentare

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  1. 74.

    Genau das wollte ich damit sagen, das ist eben nicht rechtlich fixiert!

  2. 73.

    Gott sei Dank leben Sie in Hamburg... wo alles so perfekt ist.
    an Kommentar 55 ....Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Danke

  3. 72.

    Steht alles im Artikel.

    "Philipp Cachée sei als Lichtenbergs Katastrophenschutzbeauftragter "für die Übung verantwortlich" gewesen. "Er muss die Beteiligten vor Ort instruieren - ob und wie er das getan hat, kann ich nicht beurteilen", sagte Beikler. "

  4. 71.

    Welcher angebliche hauptberufliche Katastrophenschutzbeauftragte soll das denn sein? Zu welcher Berliner Behörde gehört er oder sie?

  5. 70.

    Ein Beispiel welches keines ist, denn HH und B sind nicht miteinander vergleichbar. HH hatte keine von der cDU verursachte Milliardenpleite und auch keine Folgen der Wiedervereinigung.

    HH schwimmt dermaßen im Geld, die können sich glatt zwei Milliardenpleiten leisten. Und macht es auch. Deren BER heißt Elbphilharmonie.

  6. 69.

    @Günter hat ein positives Beispiel dargestellt, was ist daran denn verkehrt?

  7. 68.

    Moment, also zumindest die Arbeitgeber sollten an der Stelle raus sein. Wenn das Bezirksamt die Übung organisiert, sollte auch eine entsprechende Freistellungspflicht bestehen inkl Übernahme der Lohnkosten durch den Bezirk.

  8. 67.

    Finde ich gut, was zur Vorbereitung der Ehrenamtlichen im Kommentar geschrieben wird.
    Die (Fach-)Beobachter oder auch der Organisator der Übung müssen sich hingegen die eine oder andere Frage gefallen lassen: Das Übungsszenario sollte ein Chemieunfall sein. Damit wird das Szenario sehr umfangreich und es braucht wesentlich mehr als einen Verletztensammelplatz, Betreuungsplätze u.ä., welche die Hilfsorganisationen professionell quasi aus dem Stand eingerichtet bekommen (das haben diese auch schon mehrfach bewiesen).
    Bei einem Chemieunfall braucht es definitiv die Gefahrengutkomponente, die überhaupt erst ein Herankommen an die Verletzten ermöglicht - sonst legen sich die eingetroffenen Helfer möglicherweise gleich direkt daneben.
    Warum ist davon nichts zu lesen? Wurden diese Einheiten in der Übung möglicherweise komplett vergessen?
    Im Ernstfall lassen sich diese Komponenten alarmieren - im Übungsfall braucht es Vorlaufzeiten.

  9. 66.

    "Bis hier die Menschen recht " unfreundlich" reagieren. wird es dank der linksgrünen Mehrheit noch Lichtjahre dauern."

    So ein Unsinn aus der rechtsbraunen Ecke. Es gibt tatsächlich eine Mehrheit, die im Gegensatz zu ihnen an unsere Demokratie glauben und vertrauen. In einer rechtsbraunen Diktatur wie sie ihnen vorschwebt hätten sie von dieser Panne dank gleichgeschalteter Medien überhaupt nicht erfahren.

    Was bislang bekannt ist geht die schwere Panne auf die Kappe einer Person die ihren Job etwas zu leicht genommen hat.

    "Philipp Cachée sei als Lichtenbergs Katastrophenschutzbeauftragter "für die Übung verantwortlich" gewesen. "Er muss die Beteiligten vor Ort instruieren - ob und wie er das getan hat, kann ich nicht beurteilen", sagte Beikler. "

  10. 65.

    Sie haben aber schon bemerkt, das es hier nicht um Hamburg geht, sondern um die Bundeshauptstadt?

  11. 64.

    Es ist relativ einfach, bisher hat das BA Lichtenberg, wenn Hilfe angefordert wurde, auch immer die nötige Hilfe erhalten. Wenn man aber den KatSchutz nicht mobil hält, Einsatzmittel nicht oder unzureichend zur Verfügung stehen, so dass bspw das DRK eigene Mittel aufwendet und dann auch noch die Ehrenamtlichen Kräfte nicht die selbe rechtliche Stellung (zum Thema Freistellung) haben wie die Freiwilligen Feuerwehren, dann darf man sich nicht wundern, dass bei unangekündigten Übungen keine Ehrenamtlichen kommen. Dies toleriert weder ein Arbeitgeber noch die Kunden der HiOrgs, welche an diesem Tag Einsatzkräfte zur Absicherung ihrer Veranstaltungen gebucht haben. Diese Buchungen, sind allerdings dringend notwendig um die auflaufenden Kosten zu decken.

  12. 63.

    Zum Glück werden alle KatS Übungen in Hamburg von der Innenbehörde organisiert, die Bezirke haben dann ihre regionalen Stäbe zu besetzen und dürfen dann erst agieren.
    Wie sagte ihr ehem. Bürgermeister Müller, ich beneide Hamburg über die klaren Strukturen, erst die Behörden, dann die Bezirke .

  13. 62.

    Lichtjahre sind übrigens eine räumliche, keine zeitliche Maßeinheit. Nur zur Verständnishilfe.

  14. 61.

    Sicherlich ist es anstrengend alles zu organisieren. Aber es fängt ja im Kleinen an: Jeder sollte zu Hause wenigstens einen Erste Hilfe Kasten haben, in den Firmen und Betrieben könnten mehr Erste Hilfe Kurse angeboten werden, die arbeitsvertraglich verpflichtet werden... es gibt so viele Möglichkeiten...und wenn das Geld fehlt ? Eben mal sich bescheiden, keine grüne Fanmeile... keine halbe Stadt sperren für irgendwelche Politiker... Verantwortung übernehmen für sich selbst und seine Mitmenschen.
    Schönen Wochenstart

  15. 60.

    Es war nur eine Übung. Gott stehe uns bei, wenn mal der Ernstfall eintritt.

  16. 58.

    Woher wissen Sie das die alarmierten Ehrenamtlichen gar nicht für so eine Lage vorbereitet waren / sind? Solche Übungen werden durchaus auf die Fähigkeiten der Einheiten die üben sollen abgestimmt. Von daher ist davon auszugehen das die alarmierten Kräfte sehr wohl die Lage hätten bewältigen können.
    Und ja, Ehrenamt hat andere Vorlaufzeiten. Aber auch die kann ich in einer Übung einplanen und entsprechend abgestimmt die Alarmierung auslösen.

  17. 57.

    Sehr schön auf den Punkt gebracht.
    Schauen wir welche Erkenntnisse an das Licht kommen.
    Um dann was zu verändern, besser zu werden.

  18. 56.

    Ja, nu ist das schief gelaufen. Aus Fehlern lernen. Zügig. Nochmal das Ganze. Hämisch rumblaffen ist schnell. Manchmal klappt es halt nicht so wie es soll. Ursachen klären. Im Ernstfall ist dafür wenig Zeit. Siehe Spanien.

  19. 55.

    Nicht rumjammern und mit dem Finger zeigen: Fehler suchen, Ursachen erkennen, abstellen, nächstes Mal besser machen. Dafür ist eine Übung ja da.

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