#Wiegehtesuns? | Berlinerin zieht nach Brandenburg - "Kontakte zu Ur-Biesenthalern haben vor allem unsere Kinder"

Mo 25.09.23 | 06:14 Uhr
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Symbolbild: Kinder springen auf einem Trampolin im Freien. (Quelle: imago images)
Bild: imago images

Als ihr ältestes Kind eingeschult werden soll, zieht Andrea Ewers mit ihrer Familie von Berlin-Pankow nach Brandenburg. Ihnen gefällt es gut, sagt sie. Die Schnittmenge zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen könnte allerdings noch größer sein.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Andrea Ewers (42) ist Architektin und lebt – nach vielen Jahren in Berlin - inzwischen gemeinsam mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Biesenthal (Barnim). Die Kleinstadt liegt nordöstlich von Berlin. Ohne S-Bahn, aber mit einem recht gut funktionierenden Regionalbahn-Anschluss.

Als vor etwa neun Jahren bei meiner ältesten Tochter die Einschulung anstand, hatten wir uns schon länger mit dem Gedanken beschäftigt, uns zu verändern. Also unsere Mietwohnung in Berlin-Pankow, die direkt an einer großen Kreuzung lag, gegen ein Zuhause mit Garten einzutauschen. Die Einschulung schien uns dafür ein guter Zeitpunkt zu sein.

Wir haben zuerst in Berlin nach einem alten Haus geschaut, aber keines gefunden, das für uns in Frage kam. Da haben wir die Fühler weiter ausgestreckt und Biesenthal als Wohnort ins Auge gefasst. Dahin hatten wir auch eine familiäre Bindung, weil meine Schwiegereltern einige Jahre zuvor dorthin gezogen waren. Uns gefielen der Ort selbst und das Umfeld mit den vielen Seen. Ein Teil der Innenstadt steht sogar unter Denkmalschutz, weil es dort so viele alte und sehr schöne Häuser gibt.

Ich selbst bin zusammen mit vier Geschwistern, meinen Eltern, den Großeltern und einem Onkel in einer kleinen Bauernschaft im Münsterland aufgewachsen. Deshalb kann und kenne ich das Landleben.

Wobei Biesenthal im Vergleich zum Münsterland viel weniger ländlich ist. Wir genießen es sehr, die Natur direkt vor der Tür und gleichzeitig die große Stadt weiter in der Nähe zu haben. Und zwar so, dass wir - wann immer es die Zeit zulässt - kulturelles und städtisches Programm mit machen können. Da geht es vor allem darum, einfach die Option dazu zu haben – unabhängig davon, wie oft wir das im trubeligen Familienalltag tatsächlich schaffen.

Wenn man die alteingesessenen Biesenthaler fragen würde, ob wir dazu gehören, könnte das auch anders beantwortet werden

Andrea Ewers

Unser Umzug damals war schon ziemlich aufregend. Auch weil unser Haus nicht ganz fertig war und wir erst einmal recht provisorisch gelebt haben. Wir haben dann gleich zu Anfang über das tägliche Bahnfahren nach Berlin – wir arbeiten nach wie vor beide dort - viele der Menschen kennengelernt, mit denen wir jetzt immer noch in Kontakt sind und die unseren Freundeskreis ausmachen. Tatsächlich haben wir uns in der Bahn kennenglernt, weil sich da zu Stoßzeiten gern dieselben Menschen einfanden. Über die Kita und die Schule kam dann mit der Zeit auch der Kontakt zu anderen Familien hinzu. Meist sind das Menschen, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind wie wir. Die meisten haben sogar einen Berliner Hintergrund und sind ebenfalls rausgezogen. Kontakte zu Ur-Biesenthalern haben vor allem unsere Kinder über die Kita und die Schule. Was ich wichtig und schön finde.

Die Biesenthaler selbst sind uns immer offen und freundlich gegenübergetreten. Wir haben allerdings in einer alten Villengegend gebaut und unser modernes Haus gefällt nicht jedem. So hat unser Haus dafür gesorgt, dass wir ganz unabsichtlich schon vor dem Einzug einen gewissen Bekanntheitsgrad im Ort erlangt haben. Aber es haben zu uns persönlich sehr selten Menschen etwas Negatives gesagt. Einmal hat jemand gemeint, das Haus passe nicht in die Straße. Aber das darf man ja auch so sehen.

Wir haben uns sehr schnell wohlgefühlt in Biesenthal, und auch zugehörig. Wobei man sich da natürlich die Frage stellen muss, wozu man sich zugehörig fühlt. Denn es gibt in diesem Ort sehr viele Menschen, die sich ehrenamtlich in ganz klassischen Vereinen wie dem Fußballverein oder der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Das sind in meiner Wahrnehmung vor allem Menschen, die schon seit Generationen hier leben. Gleichzeitig ziehen viele hierher, die das kulturelle Angebot der Stadt erweitern und sich einsetzen für alle Arten von Begegnungen. Das sind schon zwei unterschiedliche Gruppen. Wenn es gelingt, die Schnittmenge beider Gruppen über Gemeinsamkeiten wie Fußball, Kita und Schule zu vergrößern, würde das mich persönlich sehr freuen.

Unterschiede gehören aber sicher trotzdem einfach dazu - insbesondere zu Orten, die viel Zuzug haben. Ich fühle mich zugehörig – zu meiner Gruppe und zu Biesenthal. Wenn man jetzt die alteingesessenen Biesenthaler fragen würde, ob wir dazugehören, könnte das auch anders beantwortet werden.

Gesprächsprotokoll: Sabine Priess

10 Kommentare

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  1. 10.

    Wie unsozial ist es eigentlich, wenn man unter seinen Möglichkeiten bleibt? Denn es gibt hin und wieder Leute, die sich mehr anstrengen als andere. Und dann lauert in einer Leistungsgesellschaft auch ein Belohnung.

  2. 9.

    Immer dieses Rumgemecker. Wieviel Gemeinden sind Überalterung weil alle weg ziehen. Freuen Sie sich über den Austausch und Mischung. Sie würden vermutlich immer meckern. Haus bauen hat nicht unbedingt was mit reich zu tun. Ich komme aus einer armen Familie und habe mit viel Anstrengung, Doppelbelastung Abendgymnasium gemacht, studiert und nun einen gut bezahlten Job! Oft hat Geld haben auch mit viel Arbeit zu tun und ja, ich weiß nicht jedem ist es vergönnt, aber möglich! Freuen Sie sich Ihres L

  3. 8.

    Es ist ja ein freies Land. Was da mit Berlin und Brandenburg jetzt geschieht, passiert in anderen Städten schon seit Jahrzehnten. Wenn Familien im Speckgürtel wohnen wollen und sich das leisten können, dann ist das ihr gutes Recht.

  4. 7.

    Kinder brauchen Luft zu atmen. Also raus aus der Stadt und ab in den Speckgürtel. Für meine Familie war es die richtige Entscheidung. Wenn die Kinder größer werden, sieht es wieder ganz anders aus. Muss jeder für sich und seinen Geldbeutel entscheiden.

  5. 6.

    Bin Native-Berlinerin und sehe das genauso. Berlin und jetzt Brandenburg werden von "wohlhabenden" Ausswärtigen übervölkert und gewachsene Strukturen werden erdrückt. Die Münsterländerin hätte doch gerne ins Münsterland zurückkehren, sich dort ein Haus bauen können

  6. 5.

    Genau mein Fall... die Biesenthaler haben auf solch "kulturelle Bereicherung" gewiss gewartet...
    So ein typisches Ding die eigenen Ansichten zu überhöhen.
    Schade, dass so ein moderner Protzbau überhaupt genehmigt wurde, wenn er nicht zur umliegenden Bausubstanz passt.
    Ist wie das Hochhaus unter Palmen...

  7. 4.

    Das beste Beispiel für Landflucht. Erst nach Berlin ziehen weil es dort alles so toll und kiezig ist, die Gentrifizierung antreiben und dann festellen ist ja doch alles zu laut. Wir gehen nach Brandenburg und verdrängen dort die Menschen.

  8. 3.

    Muss das schön sein wenn man reich ist und sich mit mehreren KIndern den Bau eines eigenes Hauses leisten kann ...

  9. 2.

    Man könnte da aber auch eine folgerichtige Entwicklung für den Berliner Raum ableiten. Aus Westdeutschland kommend, wurde zunächst der Prenzlauer Berg für sich entdeckt. Dann wurde es dort zu eng also entdeckte man ganz Pankow. Jetzt ist mittlerweile dahingehend Pankow ausgereizt und es wird dann halt nach z.B. Biesenthal gezogen. Da ist es dann wieder ein bisschen wie im Münsterland.

  10. 1.

    Auch im Süden von Brandenburg ist es schön. Gerade die Lausitz hat viel zu bieten. Und Häuser mit Grundstück findet man auch.

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