Ergebnisse einer Bertelsmann-Studie - In Brandenburg und Berlin fehlen 20.000 Kitaplätze und 35.000 Fachkräfte
Auch im nächsten Jahr fehlen in der Region tausende Kitaplätze. Zudem müssten viele tausend Pädagogen eingestellt werden, um dem Bedarf gerecht zu werden, geht aus einer Studie hervor. In Brandenburg ist demnach die Lage noch prekärer als in Berlin.
In Berlin und Brandenburg fehlen nach wie vor tausende Kita-Plätze und zigtausende pädagogische Fachkräfte. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die am Donnerstag veröffentlicht worden ist.
Der Studie zufolge fehlen in Berlin trotz des massiven Kita-Ausbaus im nächsten Jahr rund 17.000 Kita-Plätze. Um den Betreuungsbedarf zu decken, müssten weitere 3.800 Fachkräfte eingestellt werden, wie aus dem Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme Stiftung hervorgeht. Dadurch entstünden zusätzliche Personalkosten von rund 174 Millionen Euro jährlich. Betriebs- und mögliche Baukosten für die neuen Kita-Plätze kämen hinzu.
In Brandenburg fehlen demnach im nächsten Jahr bis zu 2.900 Kita-Plätze. Die dafür erforderlichen 550 Fachkräfte ließen sich mit intensiven Anstrengungen bis 2023 möglicherweise gewinnen, wie aus dem Ländermonitoring hervorgeht. Demnach entstünden dadurch zusätzliche Personalkosten von 26,3 Millionen Euro jährlich, zuzüglich Betriebs- und mögliche Baukosten für die neuen Kita-Plätze.
Berlin will Kita-Plätze auf 200.000 aufstocken
In Berlin seien die Kita-Plätze momentan zu knapp 95 Prozent ausgelastet, teilte die Bildungsverwaltung am Donnerstag mit. Aus ihren Daten ergebe sich, dass rechnerisch rund 9.000 Plätze unbesetzt seien. Rund 8.000 müssten demnach für das neue Jahr geschaffen werden, gemessen an der Prognose der Bertelsmann-Stiftung.
Das Angebot werde kontinuierlich ausgebaut. Ziel sei es, die derzeit 182.000 Plätze um weitere 18.000 bis 2025/26 in Berlin auszubauen. Laut dem Landeselternausschuss Kita finden immer wieder Eltern keine Kita-Plätze, trotz bis zu 30 Bewerbungen. In manchen Regionen sei die Suche schwieriger als in anderen. Offen ist aus seiner Sicht, ob es für die freien Kita-Plätze die nötigen Erzieherinnen gibt.
Personalschlüssel in Brandenburg noch ungünstiger als in Berlin
Doch fehlende Plätze sind in beiden Bundesländern nicht das einzige Problem. Korrekturbedarf gibt es auch bei der Betreuungsabdeckung. Laut Studie werden 77 Prozent der Kita-Kinder in Berlin in Gruppen betreut, deren Personalausstattung nicht kindgerecht ist - bundesweit liegt der Wert bei 68 Prozent. In den Krippengruppen liegt der Personalschlüssel bei 1 zu 5,1. Das bedeutet, dass eine Kita-Kraft in Vollzeit für mehr als fünf Kinder verantwortlich ist. Das sei deutlich ungünstiger als der Bundeswert von 1 zu 3,9 und verfehle auch das von der Bertelsmann-Stiftung empfohlene Verhältnis von 1 zu 3.
In den Berliner Kindergartengruppen sei der Personalschlüssel mit 1 zu 7,7 besser als der Bundeswert von 1 zu 8,4 und nah an dem empfohlenen Wert der Stiftung (1 zu 7,5). Um die empfohlene Betreuung zu gewährleisten, seien zusätzlich zu den 3.800 Kräften für die fehlenden Kita-Plätze weitere 20.400 Kräfte nötig. Die entstehenden zusätzlichen Personalkosten für alle 24.200 Fachkräfte bezifferte Bertelsmann auf rund 1,1 Milliarden Euro jährlich.
In Brandenburg ist die Betreuungssituation noch ungünstiger: Laut Studie werden hier 86 Prozent der Kita-Kinder in Gruppen betreut, deren Personalausstattung nicht kindgerecht ist. In den Krippengruppen liegt der Personalschlüssel bei 1 zu 5,1. In den Kindergartengruppen sei der Personalschlüssel mit 1 zu 9,6 ebenfalls deutlich ungünstiger als der Bundeswert. Neben den 550 Kräften für die fehlenden Kita-Plätze seien hier weitere 10.950 Kräfte nötig, so die Studie. Die für alle 11.500 Kräfte entstehenden zusätzlichen Personalkosten bezifferte die Studie auf über 550 Millionen Euro jährlich.
Forderung nach politischen Reformen
"Die größte Hürde auf dem Weg zu genügend Plätzen sowie kindgerechten Personalschlüsseln in den Kitas bleibt der Fachkräftemangel", sagt Kathrin Bock-Famulla, Expertin für frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung. Das aktuelle Ländermonitoring zeige, dass auch im nächsten Jahr in Berlin viele Familien Schwierigkeiten bei der Betreuung ihrer Kinder haben werden: "Schon das fehlende Personal für den notwendigen Platzausbau ist bis 2023 nicht zu gewinnen und zu qualifizieren."
An die Brandenburger Landesregierung appellierte Bock-Famulla, es brauche dringend gesetzliche Reformen, um die Voraussetzungen für die Einstellung von mehr Personal in den Kitas zu schaffen. Das neue Kita-Qualitätsgesetz sehe vor, dass der Bund 2023 und 2024 jeweils bis zu zwei Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung in allen Bundesländern bereitstellt. Diese Bundesmittel sollten vor allem für eine bessere Personalausstattung verwendet werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.10.2022, 8:00 Uhr