Immobilie in der Kastanienallee - Berliner Genossenschaftsprojekt "k12" steht vor dem Aus
In der Berliner Kastanienallee 12 leben 100 Menschen in 55 Mietwohnungen. Die Eigentümer wollen das Areal zum fairen Preis an die Genossenschaft der Bewohner verkaufen. Doch die niedrigen Mieten könnten einer Förderung im Weg stehen. Von Michael Hölzen
Berlin-Prenzlauer Berg, Kastanienallee 12. Hier leben 100 Menschen in 55 Wohnungen mit sehr niedrigem Standard, Ofenheizung und Außentoilette. In den Treppenhäusern riecht es immer noch nach DDR. Die Miete ist der Wohnqualität entsprechend sehr niedrig, doch damit könnte es bald vorbei sein.
Zwei Brüder haben das Areal geerbt, jetzt drücken die Schulden, die durch Erbschaft aufgelaufen sind. Die Eigentümer könnten einfach zum Höchstpreis an Spekulanten verkaufen, ein Millionengeschäft wäre ihnen sicher. Die Brüder sind aber bereit, das Areal zu fairen Bedingungen an die jetzigen Mieter zu verkaufen.
Dafür läuft aber am kommenden Mittwoch die Frist ab: Sollte es bis dahin zu keiner Einigung kommen, käme der Wohnkomplex doch noch meistbietend unter den Hammer.
Mithilfe der Genossenschaft "Selbstbau e.G." wollen die Bewohner der Kastanienallee 12 das Projekt sozialverträglich entwickeln lassen. Die "Selbstbau e.G." braucht aber für Ankauf, Instandsetzung und Modernisierung Darlehen des Berliner Senats - und genau da fangen die Probleme an.
Billige Mieten gefährden die Wirtschaftlichkeit
Seit drei Jahren gibt es Bemühungen, ein genossenschaftliches Modell für die "k12" zu entwickeln, aber der rot-grün-rote Senat zweifelt auch wegen der billigen Mieten an der Wirtschaftlichkeit des Genossenschaftsplanes. Pro Quadratmeter fallen nur drei Euro Miete an. Die Einnahmen seien damit nicht hoch genug - die Förderrichtlinien schreiben aber vor, dass ein Gesamtkonzept wirtschaftlich tragfähig sein muss.
Klaus Mindrup, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter, engagiert sich seit Jahren für genossenschaftliches Wohnen in Berlin, und er hält die Bedenken seitens des Senats für unbegründet: "Die Selbstbau gibt es seit 32 Jahren, das wäre das 30. Haus, das sie entwickeln würden. Die kennen sich wirklich aus."
Instandhaltung ist nicht förderfähig
Ein weiterer Stolperstein ist der Gesamtzustand der Häuser. In drei der vier eng hintereinanderstehenden Wohnblöcke ist jahrzehntelang nichts investiert worden, bröckelnde Fassaden und ein maroder Gesamtzustand sind die Folge. Gelder für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sehen die Förderrichtlinien aber gar nicht vor. Noch nicht. An einem Programm zur Förderung genau dieser Bereiche arbeitet die Politik gerade noch.
Die Grüne Daniela Billig ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis 8, zu dem auch die "k12" gehört. Sie drängt die rot-grün-roten Senatskollegen zum Handeln: "In Fällen wie diesen, wo Eigentümer verkaufen wollen, sollte das Land Berlin einspringen und die Häuser auch kaufen und auf diese Weise Fehler aus der Vergangenheit ausbügeln."
Allerdings hat Berlin das nicht alleine in der Hand. Ein Teil der benötigten Fördermittel käme aus Töpfen des Bundes, was die nötigen Entscheidungen zusätzlich verkompliziert.
Die Uhr tickt für die "k12"
Das Land Berlin hat sich in der Wohnungspolitik bereits mehrfach eine blutige Nase geholt - Stichwort "Mietendeckel" oder "Diese eG". Das Pochen des Senats auf eine sichere Rechtsgrundlage ist also nachvollziehbar. Andererseits bietet sich hier die einmalige Gelegenheit, ein kleines Stück Berlin dem sehr angespannten Berliner Wohnungs- und Immobilienmarkt zu entziehen.
Kommt es bis Mittwochabend (30.11.) zu keiner Einigung, ist die Genossenschaftsidee für die "k12" vom Tisch. Die Vision des rot-grün-roten Senats, sozialverträgliches Wohnen in der Stadt zu ermöglichen, hätte damit an Strahlkraft verloren.
Sendung: rbb24 Abendschau, 26. November 2022, 19:30 Uhr