Eckpunkte für Neuorganisation -
Der Berliner Senat hat am Dienstag über Eckpunkte beraten, um die Verwaltungsstrukturen neu zu organisieren und die Landesbehörden besser aufzustellen. IT- und Verwaltungsstaatssekretär Ralf Kleindiek (SPD) kündigte am Dienstag an, dass sich der Senat bis Januar auf Eckpunkte für entsprechende Gesetzesänderungen verständigen wolle. Kleindiek sprach vom weitreichendsten Reformvorhaben seit der Bezirksreform von 2001.
Einheitliche Standards für Dienstleistungen
Ein Ziel der Reform sei es, klare Verantwortlichkeiten zu schaffen, betonte der Staatssekretär. So müsse genau definiert werden, für welche Aufgaben das Land allein zuständig sei. Daneben gebe es Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung, die nach einheitlichen Standards von den Bezirken im Auftrag des Landes wahrgenommen werden sollten. Dazu zählten die Dienstleitungen der Bürgerämter. "Reine" Bezirksaufgaben wären in dieser Systematik etwa Leistungen im Jugendbereich oder in der örtlichen Kulturpolitik, die die Bezirke nach lokalen Bedarfen eigenverantwortlich erbringen könnten.
In diesem Zusammenhang betonte Kleindiek, dass als Grundprinzip gelten müsse: Wer Aufgaben übernehme, bekomme dafür auch die notwendigen finanziellen Mittel. Die Verwaltung brauche insgesamt eine "neue Kultur" des Möglichmachens. Kleindiek nannte hier das Instrument der "Genehmigungsfiktion". Wenn ein Amt nicht innerhalb einer gesetzten Frist eine angefragte Genehmigung erteile, dann gelte diese Genehmigung automatisch als erteilt.
Verfassungsänderung nur mit Opposition machbar
Für diesen Teil seiner Reformvorschläge seien lediglich einfache Gesetzesänderungen notwendig, zeigte sich Kleindiek optimistisch. Die rot-grün-rote Koalition hat unter anderem verabredet, dafür das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz (AZG) anzupassen beziehungsweise zu ersetzen. Für weitergehende Verbesserungen müsste die Verfassung des Landes geändert werden. Dazu braucht es die Opposition, da nur so die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zusammenkommt.
Als Beispiel für weitreichende Änderungen nannte der IT- und Verwaltungsstaatssekretär die Richtlinienkompetenz für Bezirksbürgermeister und die Einführung des politischen Bezirksamts. Im politischen Bezirksamt würde die Mehrheit der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auch das Bezirksamt wählen – genau so wie das Abgeordnetenhaus den Senat wählt. Derzeit ist das Bezirksamt ein Kollegium, in dem alle großen Fraktionen in einer BVV anteilig Mitglieder haben.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nannte das politische Bezirksamt einen "echten Game-Changer", weil dann klarer werde, wer in den Bezirken für die jeweilige Politik die Verantwortung trage.
Lob vom IHK-Präsidenten
Kleindiek sprachtsich auch dafür aus, dem Senat eine umfassende Fachaufsicht über die Bezirke zu geben. Damit könnten Prozesse deutlich beschleunigt werden und reine Managementaufgaben "entpolitisiert" werden, begründet er seinen Vorschlag. Erforderlich wäre dafür ebenfalls eine Änderung der Verfassung.
Lobende Worte für das Reform-Paket kamen aus der Wirtschaft. "Endlich lässt der Senat Mut zu einer echten Verwaltungsreform erkennen und nimmt die Berliner Landesverfassung mit in den Blick", sagte der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, Sebastian Stietzel.
Nicht zufrieden zeigt sich dagegen die oppositionelle FDP. "Der rot-grün-rote Senat frickelt weiterhin am Status Quo herum", kritisierte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.11.2022, 19:30 Uhr