Viele Fälle von Atemwegserkrankungen - Brandenburg will Berlin bei der medizinischen Kinderversorgung helfen
Kinderärzte in Berlin schlagen Alarm: Angesichts stark angestiegener Krankheitsfälle unter Kindern stünden viele Praxen und Stationen vor dem Kollaps. Ähnlich wie schon bei Corona will Brandenburg seinem Nachbarland auch jetzt unter die Arme greifen.
Angesichts der derzeit hohen Zahl von Kindern mit Atemwegserkrankungen wollen Berlin und Brandenburg enger zusammenarbeiten. "Ähnlich wie bei Corona werden bei Bedarf Kliniken länderübergreifend angefragt und Patientinnen und Patienten gegenseitig aufgenommen", sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher am Montag laut einer gemeinsamen Mitteilung mit Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote.
Die Grünen-Politikerinnen forderten eine bessere Finanzierung der Kinderkliniken durch den Bund. Wegen Personalmangels in Kliniken sei die aktuelle Lage "sehr angespannt". Die Rede war von einer "akuten Krisensituation".
Digitale Anwendung soll ergänzt werden
Nonnemacher zufolge ist es daher notwendig, auch Personal aus Erwachsenenstationen auf Kinderstationen einzusetzen. Gote sagte, Kinderkliniken würden weniger dringende Eingriffe möglichst verschieben.
Durch die Häuser geprüft werde auch die Inbetriebnahme von aktuell mangels Personal nicht betriebenen Betten, etwa durch den Einsatz von Teams aus Erwachsenen- und Kinderkrankenpflege. Ähnlich hatte sich am Montag bereits Armaghan Naghipour, Staatssekretärin in der Gesundheuitsverwaltung im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses geäußert.
Eine von Krankenhäusern und Rettungsdiensten genutzte webbasierte Anwendung soll laut Mitteilung nun eine spezielle Ergänzung bekommen: damit schneller sichtbar sei, wo noch freie Intensivbetten für Patienten mit RSV zur Verfügung stehen.
Brandbrief der Kindermediziner in Berlin
RSV steht für Respiratorisches Synzytial-Virus. Der Erreger verursacht derzeit in Deutschland und anderen Ländern viele Infektionen bei Kindern. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren diese zeitweise ausgeblieben. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Als Risikopatienten gelten zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen.
Mehrere Kinderärzteverbände hatten kürzlich in einem Brandbrief an die Gesundheitssenatorin vor "unverantwortbaren Zuständen" in den Kinderarztpraxen sowie in den Krankenhäusern gewarnt. Schon jetzt gebe es Tage, "in denen in keiner der Berliner Kinderkliniken mehr ein freies Bett zu finden ist und Eltern für ihr Neugeborenes keine/n Kinder- und Jugendarzt/-ärztin finden." Wegen der schlechten Versorgungslage kämen Kinder in Berlin schon jetzt zu Schaden, immer häufiger müssten sie nach Brandenburg verlegt werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 5. Dezember 2022, 19:30 Uhr