Hohe Zahl an erkrankten Kindern - Berliner Kinderkliniken verschieben laut Gesundheitssenatorin planbare Operationen
Stark steigende Fälle von Atemwegserkrankungen bei Kindern führen zu einer angespannten Lage in Berliner Kinderkliniken. Nun sollen laut Gesundheitssenatorin Gote weniger akute Eingriffe verschoben werden.
Angesichts der starken Belastung der Berliner Kinderkliniken durch eine Vielzahl von Atemwegserkrankungen sollen weniger dringende Eingriffe möglichst verschoben werden. Ziel sei, die Versorgung einer zunehmenden Anzahl von kritisch kranken Kindern deutlich zu verbessern. Das hat Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) nach Angaben ihres Sprechers mit den Chefärztinnen und -ärzten der Krankenhäuser verabredet.
Die Kliniken sollten zudem prüfen, ob sie Betten, die wegen akuten Pflegekräftemangels stillgelegt sind, durch den Einsatz von sogenannten "mixed Teams" aus Erwachsenen- und Kinderkrankenpflegenden wieder in Betrieb nehmen können. Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung werde außerdem versucht, die Sprechzeiten der Kinderarztpraxen insbesondere über Weihnachten und Silvester auszuweiten, sagte Gotes Sprecher Hans-Christoph Keller am Samstag dem rbb.
"Sehen das Leben unserer Kinder massiv bedroht"
Zuvor hatten mehrere Kinderärzteverbände in einem Brandbrief an die Gesundheitssenatorin vor "unverantwortbaren Zuständen" in den Kinderarztpraxen sowie in den Krankenhäusern gewarnt. Schon jetzt gebe es Tage, "in denen in keiner der Berliner Kinderkliniken mehr ein freies Bett zu finden ist und Eltern für ihr Neugeborenes keine/n Kinder- und Jugendarzt/-ärztin finden", heißt es in dem Schreiben, das dem rbb vorliegt. Wegen der schlechten Versorgungslage kämen Kinder in Berlin schon jetzt zu Schaden. "Wir sehen die Gesundheit und auch das Leben unserer Kinder und Jugendlichen massiv bedroht", schrieben Vertreter der Berliner Gesellschaft für Pädiatrie, des Berufsverbandes der Kinderärzte, des Verbandes der leitenden Kinder- und Jugendärzte sowie der Initiative Berliner Kinderkliniken.
Die Verbände kritisierten auch Gesundheitssenatorin Ulrike Gote direkt. Obwohl sie schon lange auf die prekäre Lage aufmerksam machten, habe sich bisher "wenig bis gar nichts getan." Trotz mehrfacher Anfragen sei Gote bislang nicht zu einem persönlichen Gespräch bereit gewesen.
Gote sieht Bund in der Verantwortung
"Selbstverständlich ist die Senatorin kurzfristig zu weiteren Gesprächen bereit", erklärte ihr Sprecher am Samstag. Für die aktuelle Belastung der Kinderkliniken und -praxen macht Gote "die strukturelle Unterfinanzierung der Kinder- und Jugendmedizin in Verantwortung des Bundesgesundheitsministeriums" verantwortlich.
Die Kinderärzteverbände hatten in ihrem Brief unter anderem beklagt, dass es wegen des Pflegemangels zu andauernden Bettenschließungen auf den Kinderstationen komme. Deshalb müssten kritisch kranke Kinder in benachbarte Bundesländer transportiert werden, schrieben die Mediziner. Zudem seien die Rettungsstellen immer wieder überlaufen. Ein Grund für die schwierige Lage sei, dass in Berlin keine Ausbildungsgänge für spezialisierte Kinderkrankenpflegekräfte existierten.
Gesundheitssenatorin Gote wies erneut daraufhin, dass die Charité in Absprache mit ihrer Verwaltung kurzfristig eine zentrale Koordinierungsstelle für die stationäre Versorgung auf den Berliner Kinderstationen aufbauen werde. Eine solche Koordinierungsrolle hatte die Universitätsklinik auch auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie übernommen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 04.12.2022, 19:30 Uhr