Kritik an Asylunterkünften in Brandenburg - Weit ab und kaum Internet
Es gibt Kritik an den Zuständen in einigen Brandenburger Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete. Doch auch die Landkreise und Kommunen stehen vor Herausforderungen. Ein Beispiel aus Märkisch-Oderland. Von Amelie Ernst
Mitten im Wald liegt die Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in Bliesdorf (Märkisch-Oderland) – noch hinter dem Solarpark und dem Gnadenhof für Tiere. 20 Minuten zu Fuß sind es bis zur nächsten Bushaltestelle – etwa alle zwei Stunden fährt hier an Wochentagen der Bus nach Wriezen, Seelow oder Neutrebbin. Tagsüber.
Einkaufen können die derzeit 95 BewohnerInnen der Unterkunft im Ort nichts – sie sind auf den Bus angewiesen. Doch der koste jedes Mal Geld – für die Hin- und für die Rückfahrt, sagt Zahid Sultan (22) aus Afghanistan. "Und zu Fuß sind es etwa fünf Kilometer bis zum nächsten Supermarkt." Auch der Weg zum Sozialamt sei weit und immer mit Kosten verbunden.
Weitere 1.500 Menschen im Landkreis erwartet
Friedmann Hanke (CDU), stellvertretender Landrat im Kreis Märkisch-Oderland und zuständig für Soziales, kann die Kritik der Bewohner:innen nur begrenzt verstehen, wie er sagt. Schließlich lebten in Bliesdorf und Umgebung auch andere Menschen. Man dürfe die Lage nicht schlechtreden. "Man kann nicht grundsätzlich sagen 'Das ist weit ab vom Schuss'. Andererseits ist es nicht das, was sich Flüchtlinge vielleicht erhofft haben. Aber in der Position sind sie auch nicht."
Er sei froh um jede freie Unterkunft für Geflüchtete, sagt Hanke – fast alle Plätze im Landkreis seien derzeit belegt. Auch für dieses Jahr erwartet Hanke nach eigener Aussage weitere 1.500 Menschen, die aufgenommen werden müssten. "Ich weiß nicht, wo ich die Menschen noch unterbringen soll", sagt er. Eine neue Gemeinschaftsunterkunft sei noch im Bau – "ansonsten laufen wir auf Turnhallenunterbringung zu."
Hankes Vorschlag: Erst nach einem erfolgreichen Abschluss des Asylverfahrens sollten die Menschen auf die Landkreise verteilt werden. Nur dann machten auch Integrationsmaßnahmen Sinn, argumentiert er.
Unzufriedenheit mit langsamem Internet
Die Lage und die Busverbindung sind aus Sicht der Bewohner:innen nicht das einzige Problem. Die Hygiene in Bädern und Küchen sei ein Thema - und auch die langsame Internetverbindung in der Bliesdorfer Unterkunft halten Zahid Sultan und andere nach ihren Aussagen für nicht akzeptabel.
Bereichsleiter Marian Klaus vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) räumt ein: Die Bäder und Gemeinschaftsküchen würden zwar regelmäßig gereinigt, aber nicht an den Wochenenden. Und die Sauberkeit hänge auch von den Bewohner:innen selbst ab.
Weiter räumt Klaus ein: Nur mit Ach und Krach könnten E-Mails verschickt werden. "Die Versorgung mit dem Internet ist hier von Anfang an sehr herausfordernd. Nicht nur für die Bewohner:innen, sondern auch für uns und unsere Arbeit", so Klaus. Die LTE-Antennen auf dem Dach des Zweckbaus sorgten mal für schnelleres und mal für weniger schnelles Internet – je nach Wetterlage.
Glasfaser vielleicht noch 2023
Einziger Trost: Den anderen Dorfbewohner:innen gehe es nicht viel besser. Und Abhilfe sei zumindest in Sicht: Noch in diesem Jahr könnte es mit dem Anschluss ans Glasfasernetz klappen, sagt Klaus.
Abgelegene Unterkünfte, schlechte Anbindung, Hygieneprobleme – ist die Situation in Brandenburg besonders extrem? Aus Sicht von Tareq Alaows, dem flüchtlingspolitischen Sprecher der Organisation "Pro Asyl", tun sich einige Brandenburger Landkreise tatsächlich besonders schwer damit, für akzeptable Bedingungen zu sorgen. Oft seien Betroffene in den Unterkünften quasi isoliert.
"Pro Asyl": kein neues Problem
Auch zur Hygiene und zur Betreuung gebe es viele Beschwerden. In manchen Heimen gebe es nur einen Sozialarbeiter für 100 Bewohner:innen. Alaows kritisiert weiter: "Das ist kein Problem, das erst im Februar 2022 entstanden ist. Es gibt Menschen, die seit Jahren in Sammelunterkünften leben. Und das zeigt, dass es einen Mangel an politischem Willen gibt, eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten zu ermöglichen." Manchmal würden Anträge auf Umzug in eine Wohnung sogar ohne Grund abgelehnt, so Alaows. Obwohl das die Gemeinschaftsunterkünfte entlasten würde.
Auf schnelle Verbesserungen können die Geflüchteten in Bliesdorf eher nicht hoffen – im Gegenteil: Der Landkreis will die bestehenden Unterkünfte weiter "nachverdichten" – also dort mehr Menschen unterbringen als eigentlich vorgesehen. Und beim schnellen Internet ist – wie in vielen anderen Regionen Brandenburgs auch – weiter Geduld gefragt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.01.2023, 19:30 Uhr