Umwidmung von 200 Lehrerstellen - Brandenburger Bildungsminister nimmt umstrittene Pläne für Lehrer zurück

Sa 13.05.23 | 15:47 Uhr
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Symbolbild: Kinder sitzen am 22.08.2022 am ersten Schultag nach den Sommerferien in ihrem Klassenraum in der Schiebell-Grundschule Drebkau im Spree-Neiße-Kreis. (Quelle: dpa-Bildfunk/Frank Hammerschmidt)
Audio: Antenne Brandenburg | 13.05.2023 | Robin Marienfeld | Bild: dpa-Bildfunk/Frank Hammerschmidt

Brandenburgs neuer Bildungsminister Steffen Freiberg schlägt einen neuen Kurs gegen den Lehrkräftemangel ein. Die umstrittene Umwidmung von Lehrstellen ist vom Tisch, dafür sollen Pädagogen motiviert werden, später in Rente zu gehen.

Der Brandenburger Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hat am Samstag einen Katalog von Maßnahmen vorgestellt, wie er dem Lehrermangel begegnen will. Gleichzeitig kassierte er einen umstrittenen Vorschlag seiner Vorgängerin Britta Ernst, 200 Pädagogenstellen für Schulassistenzen und Sozialarbeiter umzuwidmen.

Im kommenden Schuljahr müssten in Brandenburg 1.800 Lehrkräfte neu eingestellt werden. Weil so viele Pädagogen und Seiteneinsteiger auf dem Markt kaum zu gewinnen sind, wollte Ernst 200 unbesetzte Lehrerstellen anderweitig vergeben. Dies hätte zur Folge gehabt, dass an den Schulen zusätzliche Angebote wie Förderunterricht oder Ganztagsangebote gestrichen werden müssten. Weil dies auch in der eigenen SPD-Fraktion im Landtag und bei den mitregierenden Grünen auf Widerstand stieß, war Ernst Mitte April zurückgetreten.

Lehrer sollen später in Rente gehen

Freiberg kündigte nun an, anders vorgehen zu wollen. So sollten Pädagogen motiviert werden, später in Rente zu gehen. Dafür solle die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte ab dem vollendeten 63. Lebensjahr um maximal zehn Stunden reduziert werden, erklärte Freiberg am Samstag.

Viele Lehrkräfte gehen in Vorruhestand

Jedes Jahr erreichten in Brandenburg etwa 600 Lehrkräfte das 63. Lebensjahr, erklärte der Minister am Samstag auf einer Konferenz. Wenn mehr als die Hälfte dieser Pädagogen das Angebot annehme, sei bereits viel gewonnen, denn derzeit gingen rund 80 Prozent der Brandenburger Lehrkräfte vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand.

Mit einer Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung - auf bis zu 17 Stunden an Grundschulen und 15 an weiterführenden Schulen - sollen die Pädagogen motiviert werden, bis zum regulären Renteneintritt im Schuldienst zu bleiben. Sie könnten in der verbleibenden Zeit dann beispielsweise Referendare beraten oder die Schulleitung unterstützen.

Mehr Personal für Schulämter

Schulen sollen zudem künftig finanzielle Mittel in einem gewissen Umfang in eigner Regie für ergänzende Unterrichtsangebote, Assistenzen oder etwa Schulsozialarbeit einsetzen können.

Auch bei der Schulverwaltung in Brandenburg will Freiberg nachsteuern: Um Stellen zügiger zu besetzen und Bewerberinnen und Bewerber für den Brandenburger Schuldienst besser zu betreuen, könnten auch die vier staatlichen Schulämter mit zusätzlichem Personal rechnen. Mit einer besseren Betreuung solle die Abwanderung von Lehrkräften in andere Bundesländer verhindert werden, so Freiberg. Für eine zügigere Digitalisierung des Unterrichts werde auch das landeseigene Fortbildungsinstitut LISUM ausgebaut.

Außerdem soll mit einer großangelegten Werbekampagne in den sozialen Medien im ganzen deutschsprachigen Raum um ausgebildete Lehrkräfte und Seiteneinsteiger aus anderen Berufen geworben werden, kündigte Freiberg an. Dafür soll ein Etat von zwei Millionen Euro jeweils in diesem und im kommenden Jahr eingesetzt werden.

Linke sieht Kritik bestätigt

Die bildungspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion in Brandenburg, Kathrin Dannenberg, sah die Linie ihrer Partei in der Debatte bestätigt. "Unsere Forderung, ältere Lehrer, also 63 plus, zu entlasten hat ebenso Eingang in den neuen Plan gefunden, wie die von uns verlangte bundesweite Werbekampagne", erklärte Danneberg am Samstag in einer Mitteilung.

"Noch im März wurden wir für unsere Forderungen spöttisch kritisiert und alle entsprechenden Anträge durch die Kenia-Loalition im Landtag abgelehnt." Nun bleibe abzuwarten, ob die Landesregierung ihre Pläne unbürokratisch umsetze.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 13.05.2023, 19:30 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Wer es überhaupt als Lehrer bis 63 schafft, ist meist völlig fertig und ausgebrannt. Ihr Gejammer zeigt wie wenig Ahnung Sie davon haben wie sehr diese Arbeit, wenn man sie Jahrzehnte macht, an der Substanz zerrt.

  2. 25.

    Ältere kann man nur mit Privilegien locken. Denn die haben als Jüngere auch mehr für die Älteren mitarbeiten müssen. Z.B. Mehr Vertretungsstunden abgeleistet. Nun ist man selber dran...

    Bestechlich ist man so: Weniger (Vertretungs)Stunden für das gleiche Geld. Was nicht geht: Referendarstundenbetreuung mit einer Stunde Anrechnung und tatsächlich 3 Stunden mit Vor- und Nachbereitung aufgewendet. Und genau das droht, bei diesem Ministervorschlag. Die Ergebnisse werden zeigen...

  3. 24.

    Ich glaube nicht, dass es viele der älteren Lehrkräfte in Erwägung ziehen werden, dass Angebot anzunehmen. Stattdessen sollte man das Referendariat verändern und jungen Studierenden nach dem Studium schneller die Möglichkeit bieten, Geld zu verdienen. Die Anzahl der Plätze im Studienseminar sind noch immer ein Nadelöhr, das das tatsächliche Ankommen im Beruf verzögert. Berufsbegleitendes Referendariat für Seiteneinsteiger UND Lehramtsstudenten, damit diese schneller in den Schulen ankommen.

  4. 23.

    …oder es war einfach eine Situation, die auf Konflikten intern basierte und aus diesem Grund erstmal nicht kommuniziert werden durfte. Die Schulleitung hat nicht immer alles zu entscheiden und wird oft in der Luft hängen gelassen.

  5. 22.

    Ich sprach von organisatorischem Versäumnis der Schulleitung in ihrem konkreten Fall, weil…
    Die Verabschiedung der ehemal. Klassenlehrerin und Einsetzung einer neuen obliegt der Schulleitung.
    Sicher wäre es auch nett gewesen von der alten Klassenlehrerin, sich bei den Eltern zu verabschieden und die neue zu erwähnen. Das ist aber eine freiwillige Nettigkeit der alten und neuen Klassenlehrerin. Wenns nicht so nett funktioniert hat, stimmt da was mit den Ansprüchen, Verlangen und / oder Verhalten aller Beteiligten (Schule, Lehrer, Kinder, Eltern) zueinander was nicht.

  6. 21.

    Mein Beitrag war eine Antwort auf @Chris MOL und ich meinte "Ansehen" anstatt "Respekt". Natürlich muss man sich Respekt nicht verdienen.
    Lg.

  7. 20.

    Na klar und wieder wird die Ausrede "Überlastung" benutzt. Immer das gleiche... Also wollen sie mir sagen, dass die Lehrerin Zeit hat, mehrere rote Einträge pro Woche an Mitschüler von meinem Kind, zu schreiben. Für absolute Nichtigkeiten, wie z.B. "Ihr Kind hat heute kein Linial dabei", aber es nicht schafft eine Mail an die Eltern im Verteiler zu schreiben. Aber hey Ausreden finden ist ja leichter.

  8. 19.

    >“ Aber leider geht Respekt und Anstand immer mehr verloren.......“
    Liegt das am Bildungssystem? Liegts am häuslichen Umfeld? Liegts an der aktuellen Gsellschaftsentwicklung?
    Fragen über Fragen… ;-)

  9. 18.

    Das muss am Schulsystem liegen... :-(

    Blüte: Ergänzung: Alle Referendare ohne Zeitverzug in den Schuldienst übernehmen und bezahlen. Studienlänge begrenzen/ermöglichen: Die Studienregelzeit ist kostbar als sie zu verschwenden. Jeder Monat zählt.

  10. 17.

    Ich weiss nicht warum man sich Respekt erarbeiten muss. Es sollte selbstverständlich sein. Aber leider geht Respekt und Anstand immer mehr verloren.......

  11. 16.

    Lustig, wie in den 90ern und Nullerjahren die Referendare auf der Straße standen und wenn sie doch eine Stelle an einer Brennpunkt Schule ergattert hatten, dann wurden sie nach Strich und Faden fertig gemacht und gemobbt.

  12. 15.

    Also ich schaffe es, 6 mal 45 Minuten durchzuarbeiten und nach den Stunden die Räume zu wechseln, Pausenufsicht zwei Mal die Woche zu absolvieren, mich zum und vom Sport umzuziehen,…..so daß ich immer die Erste im Unterrichtsraum und vorbereitet bin. Laut Arbeitsgesetz steht mir nach 6 Stunden Arbeit eine 30 minütige Pause zu. Wenn ich also an 5 Wochentagen jeweils 6 Stunden hintereinander durchziehe, liege ich weit über meinem Pflichtbudget. Ich will keine Frei-, Spring- oder sonstwie genannten Stunden zwischen meinen Unterrichten. Mich würde solch ein Stundenplan sehr entlasten.

  13. 14.

    Genau, bei angestellten Lehrern ist das anders. Warum nur ? Schließlich schuften die genauso viel wie die verbeamteten Kollegen. Ist Verbeamtung vielleicht doch nicht das Allheilmittel?

  14. 13.

    Bleib mir weg mit lückenlosen Stundenplänen. Ich will auch mal sinnvoll Pause machen, und zwar mehr als nur 15-20 Minuten Hofpause. Laut Arbeitsrecht sind Pausenzeiten vorgeschrieben für Arbeitnehmer, nur bei uns darf das ignoriert werden.

  15. 12.

    Sowas halte ich für ein organisatorisches Versäumnis der Schulleitung. Und zeigt eigentlich gut, wie überlastet mit allen Wünschen von allen Seiten und auch unorganisiert unser Bildungssystem ist.

  16. 11.

    Klar, es ist immer einfach auf andere zu zeigen und jetzt sind es wieder die Eltern.
    An der Schule meines Kindes (3kl.)hat die neue Klassenlehrerin es nicht für nötig gehalten, den Eltern mitzuteilen das die alte Klassenlehrerin die Schule verlassen hat. Erst 3 Wochen später haben wir dazu eine Mail erhalten, besten Dank. Immerhin hat sie sich bei uns vorgestellt, 4 Wochen nach Schuljahresbeginn per Mail, 2 Tage vor der Elternversammlung und joar die Stimmung war dementsprechend schlecht und ungehalten auf Seiten der Eltern.
    Wenn Lehrer mehr Respekt erhalten möchten, dann sollten sie dafür auch was tun!
    Liebe Grüße

  17. 10.

    Vorgestern Maßnahmenpaket A, gestern B und heute C. Vielleicht sollten einmal die wirklichen Ursachen für den Lehrermangel hinterfragt werden und diese reduziert werden. Hierzu gehört auch das Ansehen des Berufes ein Lehrer zu sein, mehr zu stärken. Viele Eltern geben früh ihre Kinder mit der Einstellung in der Schule ab, so für heute bin ich für die gesamte weitere Erziehung der Kinder nicht mehr zuständig. Ansonsten Ignoranz! Welch ein Irrweg! Hinzu kommen die anderen bekannten Probleme.

  18. 9.

    Die Nutzung von Teams wäre super, auch weil eine moderne, funktionierende digitale Ausstattung junge Leute anzieht. Die derzeit genutzten Plattformen sehen schon optisch eher aus wie den 90er Jahren entsprungen.
    Die Schule meiner Kinder nutzt Iserv. Das ist leider umständlich und macht keinen Spaß. Daraus folgt, dass wir alle einen Zugang haben und es trotzdem kein Lehrer nutzt. So kann Digitalisierung nicht gelingen. Es wird von den Beteiligten nur angenommen werden, wenn es eine Erleichterung auf beiden Seiten darstellt.
    Konferenzen über Teams abzuhalten ist sinnvoll. Millardenschwere Geschäfte werden online abgeschlossen und für simple Eltern- oder Lehrerkonferenzen soll dies nicht möglich sein?

  19. 7.

    Alternativ:
    LISUM auflösen und die Lehrer zurück an die Schulen.
    Bürokratieabbau: Sachbearbeiter der Verwaltung dürfen nicht mehr hemmungslos digital aufbereitete Daten abfragen (Eingabearbeit von Statistikdaten sind keine Lehrerarbeit).
    Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Absichtlich geplante Freistunden, damit Vertreterreserven geschaffen werden, sind abzustellen. Lückenlose Stundenpläne!
    Schulkonferenzen dürfen per Teams abgehalten werden. Am Abend sind alle im Homeoffice statt zur Schule zu müssen.
    Vertretungsstunden müsen bezahlt statt verrechnet werden.
    Mit den Verlagen sind Einkaufsgespräche zentral zu führen, für digitale Unterrichtsmaterialien, statt weiter die Einkommen zu belasten.
    Der Wohnort von Lehrern sollte eine größere Rolle bei der Stellenbesetzung haben statt Pendelverkehre zu produzieren.
    Die Schulämter sind ganz abzuschaffen, statt aufzustocken für „Betreuung“. Sie sind unnütz. Schon immer. (Nicht die Leute/Lehrer)

  20. 6.

    Super!!!! Wenn man die Verwaltung ( Schulämter) mit Personal aufbläht, bringt das sicherlich eine Entspannung im Praxisbetrieb der Schulen! Vor allem sind Schulämter und ihr Personal in den seltensten Fällen hilfreich für den Schulbetrieb. Widersinnige Maßnahmen!

  21. 5.

    Lol. Klingt nicht danach, dass plötzlich Menschen mit Lehrerausbildung ausreichend vorhanden sind.
    Viel Glück bei der Stellenbesetzung
    Das Problem lernunwilliger oder gar sozial missratener Kinder/Jugendlicher dürfte wohl Gründe haben, die man in der Schule kaum lösen kann.

  22. 4.

    Es werden sorgfältig die ursächlichen Probleme nicht genannt, warum beispielsweis jetzt Sozialarbeiter in nie vorher bekanntem Ausmaße erforderlich sind.

  23. 3.

    Das mit dem mehr Arbeiten bis zur Regelarbeitsgrenze wir nicht funktionieren. Die Lehrer sind einfach fertig und sehnen sich nach der Pensionierung. Es hat einen Grund, dass nur 20% bis zum Schluss arbeiten. Wenn dann die A13-Pension lockt, kann man es keinem verdenken. Bei angestellten Lehrern mag es anders sein.
    Die 2-Millionen-Kampagne zur Gewinnung von ausgebildeten Lehrern heisst nicht anderes, als dass man anderen Bundesländern die Lehrkräfte abwerben will. Die wollen ihrerseits auch Lehrer haben; das wird noch spannend, wohin sich dieser Überbietungswettbewerb entwickelt.

  24. 2.

    "Laut Freiberg sollen Schulen nun mit einem eigenen Budget ausgestattet werden, über das sie Sozialarbeiter oder Assistenten beschäftigen können. " Warum ist jetzt plötzlich soviel Nichtlehrerpersonal an den Schulen erforderlich? Von meiner Schulzeit kenne ich das nicht. Wozu so viele Sozialarbeiter? Warum ist die Schülerschaft problematischer geworden?

  25. 1.

    Das ist der große Wurf? Die fehlenden Stellen bleiben aber.

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