Sofortprogramm des schwarz-roten Berliner Senats - Viel Prosa, wenig Konkretes

So 11.06.23 | 20:42 Uhr | Von Ute Schuhmacher
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Mitglieder der Berliner Regierung bei einer Senatsklausur in der Uckermark. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Video: rbb24 Abendschau | 11.06.2023 | Dorit Knieling | Kai Wegner | Bild: dpa/Fabian Sommer

Bei Senatsklausuren sollen neue Pläne geschmiedet und der Teamgeist gestärkt werden. Den Teamgeist lobte Berlin Regierender Bürgermeister in den höchsten Tönen. Was die Pläne angeht, kam es auf die Zwischentöne an. Von Ute Schuhmacher

Eine neue Regierung sieht sich immer genötigt, Tempo zu machen, konkretes vorzulegen. Um das zu tun, reiste die schwarz-rote Berliner Regierung zur Senatsklausur nach Döllnsee in die Schorfheide. Strahlend verkündete Kai Wegner (CDU) anschließend, man habe 52 ganz konkrete Maßnahmen beschlossen, damit die Stadt spürbar besser funktioniert.

Beim Blick auf die 52 Punkte beschränkten sich so einige auf das, was schon im Koalitionsvertrag stand. So verspricht die Koalition auch im Sofortprogramm das Fernwärmenetz der Stadt kaufen zu wollen, entschieden gegen Organisierte Kriminalität vorzugehen, den Schul- und Kitabau zu beschleunigen, für das 29-Euro-Ticket zu kämpfen und einiges mehr. Aber das Sofortprogramm besteht nicht nur aus Bekanntem, Ankündigungen von zu gründenden Arbeitskreisen oder Papieren und Plänen an denen man arbeiten will. Ein paar Neuigkeiten sind schon dabei.

Sondervermögen Klimaschutz ab 2025 einsetzbar

Das geplante neue Fünf-Milliarden-Euro-Sondervermögen für den Klimaschutz soll beispielsweise nächstes Jahr konkrete Projekte fördern können. Der Termin ist neu. Wer erwartet hatte, dass da dieses Jahr noch etwas passiert, dem erklärte Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU), dass Berlin das Programm innerhalb eines halben Jahres ausarbeiten wolle. Das sei schnell, andere Bundesländer brauchen für so etwas nach seinen Worten doppelt so viel Zeit. Der Gesetzentwurf für das Sondervermögen Klimaschutz soll im Juli vorliegen, zusammen mit dem Doppelhaushalt für 2024/25.

Ganz konkret wurde nach der Senatsklausur Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Sie kündigte an, dass in Zukunft nicht nur Mieterinnen und Mieter, sondern auch Eigenheim- und Kleingartenbesitzer sich den Kauf eines sogenannten Balkonsolarmoduls fördern lassen können. Halbkonkret wird der neue Senat zu den Bürgerämtern. Berlins Regierender Bürgermeister hofft, dass bis Jahresende ein Bürgeramtstermin innerhalb von 14 Tagen zu haben sein wird. Eine Zusage ist das noch nicht. Wegner glaubt aber daran, dass das klappt, weil die Digitalisierung der Verwaltung vorankomme. Beispielsweise sollen ab Oktober alle Meldebescheinigungen komplett digital beantragt werden können. Explizit dankte Wegner an der Stelle der Vorgängerregierung für ihre Vorarbeit in Sachen Digitalisierung der Verwaltung.

Problem der Geflüchtetenunterbringung längst nicht gelöst

Wie Berlin die Geflüchteten unterbringen kann, die weiterhin in die Hauptstadt kommen, war auch ein wichtiges Klausurthema. Hier setzt die Koalition weiter darauf, zusammen mit den Bezirken mehr Standorte für sogenannte Modulare Ergänzungsbauten (MUF) zu finden. Ein Ziel, an dem seit 2015 bereits drei Regierungen gearbeitet hatten – mit mäßigem Erfolg. Gerade mal ein Drittel der während der ersten Flüchtlingskrise vorgesehenen MUF-Standorte sind inzwischen realisiert.

Sozialsenatorin Cancel Kiziltepe (SPD) und Berlins Regierender Bürgermeister versprechen sich dennoch viel von der kürzlich eingerichteten Taskforce für Geflüchtete. Hier wollen sie gemeinsam mit den Bezirken Lösungen finden und Standorte vereinbaren. Über ein ähnliches Modell hatte das während der ersten Flüchtlingswelle der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) versucht. Zentraler Krisenstab hieß das damals. Das Problem bleibt weiterhin weit davon entfernt, gelöst zu sein.

Lieber Leichtbauhallen als Hotel- oder Hostelkauf

Keine gute Idee findet die schwarz-rote Koalition den Vorschlag der Grünen, dass das Land Berlin Hotels und Hostels aufkaufen soll, um Geflüchtete unterzubringen. Bisher werden sie angemietet. "Das Land ist kein Hotelbetreiber", wischte Berlins Finanzsenator den Vorschlag weg und stichelt Richtung Grüne, die ihre Oppositionsrolle wohl noch nicht gefunden hätten. Auch Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) wollte den wichtigen Tourismus nicht durch Aufkäufe von Hotels behindern. Grüne und Linken bedauerten das sehr. Sie sehen es als notwendig an, um alle Geflüchteten unterbringen zu können.

Die Koalition erwarteten in diesem Jahr noch 10.000 bis 12.000 Geflüchtete. Die sollten im Notfall lieber in Großunterkünften (Leichtbauhallen) untergebracht werden. Und die könnten laut Sozialsenatorin Kiziltepe beispielsweise in Tegel entstehen. Weitere Orte nannte sie nicht.

Im Herbst will der Senat überprüfen, wie er mit seinen Plänen vorangekommen ist. Dann ist er auch über 100 Tage im Amt. Die Hoffnung bleibt, dass es dann konkreter wird.

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.06.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Ute Schuhmacher

27 Kommentare

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  1. 27.

    Kai Wegner ruft zum Klassetreffen und alle sind fröhlich.

  2. 26.

    "Das da noch Trauer mitschwingt, ist für die linksgrünen Medien verständlich, aber am 12.Febuar entschieden die Berliner anders."

    Das behaupten die rechtsbraunen Demagogen zumindest....

  3. 25.

    Nun sollte sich auch der RBB durchringen, dass Wählervotum zu akzeptieren.
    RotGrünDunkelrot wurde zum Glück für die Berliner abgewählt.
    Das da noch Trauer mitschwingt, ist für die linksgrünen Medien verständlich, aber am 12.Febuar entschieden die Berliner anders.

  4. 24.

    Berlin, du bist so ruhig seit dem Senatswechsel."
    Das kommt wohl daher, die die ansonsten hyperaktiven Dauermeckerer vorübergehend ihr gewohntes Feindbild verloren haben.

  5. 23.

    Weniger zu berichten? Oder nur nicht in der märkischen Provinz angekommen?

    Ein rassistischer Wahlkampf mit Positionen der rechtsextremen AfD, ein Bestechungsskandal, Umbau der Justiz zu einer Gesinnungsjustiz nach bayrischen Vorbild und eine Bau- und Immobilienwirtschaftslobbyistin die ihren Auftraggebern volle Kassen beschert.

  6. 22.

    Berlin, du bist so ruhig seit dem Senatswechsel.

    Medien haben weniger zu berichten, was spaltet.

  7. 20.

    Die breite Mitte, die erwartet eine funktionierende Verwaltung und einer prosperierender Hauptstadt, wo man sicher und schnell von A nach B gelangt, wo Kindern eine gute Bildung geboten wird, wo auftauchte Probleme konstruktiv und zeitnach gelöst werden etc.

  8. 19.

    "Schwarz-Rot hat abgewirtschaftet und sollte zurücktreten!"
    CDU/SPD haben ja grad mal angefangen. Die Koalition ist zum Erfolg verdammt, ansonsten finden sie sich bei der nächsten Wahl hart an der 5% Hürde!
    Haben sie ein wenig Geduld, gut Ding will Weile haben.

  9. 18.

    Was ist die "Politik für die breiite Mitte"?"
    Und wie breit muß man sein um zur Mitte zu gehören?

  10. 17.

    Rechtspopulisten gehören nicht nach Berlin und bei der nächsten Wahl werden sie auch wieder verlieren.

  11. 16.

    Nennen Sie doch mal drei Dinge, die die Grünen in Berlin verboten haben. Sollte Ihnen ja leicht fallen, wenn Sie von Verbotsorgien reden.

  12. 15.

    Bisher ist Schwarz Rot aber immer noch 100x besser als RGR."
    Was haben die denn bisher getan um so ein überschwängliches Lob zu verdienen?

  13. 12.

    Ich habe noch nie in meinen fast 50 Jahren, na gut, die ersten 18 müssen abgezogen werden, CDU gewählt noch mit ihr sympathisiert. Mit Kohl aufgewachsen, Diepgen, Metkel. Alle nicht vergessen. Unter Schröder sogar mal die Grünen gewählt. Aber Frau Jaraschs Grüne mich dazu gebracht, CDU zu wählen. Kein Fehler. Ging vielen offenbar genau so. Auch auf Bundesebne.

  14. 11.

    Eigenartig; auf Landesebene zurücktreten fordern und auf Bundesebene über den grünen Klee loben. Was in Berlin die Vornamen sind (CDU), sind auf Bundesebene geschmacklose Witze über Flüchtlinge (SPD). Auf beiden Ebenen bekleckern sich die Grünen eher mit Ver-, Entschuldigung, Unausgegorenem. Die Linken zicken gerade mit sich selbst rum und spielen auf Bundesebene keine Mandoline. Da ich Ihnen die verbleibenden Schattierungen einfach nicht zutraue, bleibt die Frage - Was wollen sie dann? Maoam?

  15. 10.

    " Erste Schritte sieht man schon, endlich Politik für die breite Mitte und nicht für Träumer."

    Wo bitte sehen Sie das ?? Neben der Verwaltung und dem Wohnungsbau ist für mich der Ausbau des ÖPNV mit Abstand das wichtigste und da kann ich bisher nicht viel Fortschritte erkennen und was die Friedrichstraße angeht fallen wir von einem Extrem ins andere !! Frau Jarasch von den Grünen hat nicht besonders professionell und teilweise arrogant gehandelt und Frau Schreiner von der CDU tut genau das gleiche nur umgekehrt anstatt ein Mittelweg zu finden bzw. einen Weg der breiten Mitte . Ein Dirk Stettner von der CDU tritt vor kurzen in einer rbb Sendung zum Thema Verkehr auf um den Mund sehr voll zu nehmen und den Grünen zu erklären das diese in den letzten Jahren so gut wie nichts getan haben beim ÖPNV Ausbau was sicher nicht ganz verkehrt ist aber die CDU muss zumindest 2 x 2 km neue Tram Linien ( Wista II und Turmstraße I ) toppen was immerhin unter den Grünen gebaut wurde .

  16. 9.

    Also wieder nichts konkretes. Man kommt um das Gefühl nicht herum, dass es in der Koalition wirklich nicht stimmt und die tatsächlich keinen gemeinsamen Nenner finden. Die Angst scheint auch zu groß, dass die Koalition bei kritischen Fragen zerfallen könnte. Also spricht man einfach nicht drüber.

    Ich bin kein Fan von Schwarz-Rot aber sorge mich schon, dass in den nächsten zwei Jahren einfach gar nichts zusammenkommt, weil es einfach keine Einigkeit und gemeinsames Programm gibt.

  17. 8.

    Die fangen doch gerade erst an!
    Wie sie beschwingt vor dem Haus stehen, dass erinnert ganz klar an die Les Humphries Singers.
    Groovy. Nur dass der Les mehr Haare hatte.
    Aber das macht nichts, was zählt ist die message: together, sportlich und modern, so ist der neue Senat.
    Aber das mit dem Pingpong kann man noch verbessern!
    Ansonsten: Rock on!

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