In einem Jahr - Rahmengesetz für Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen soll kommen

Mo 28.08.23 | 15:58 Uhr
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Symbolbild: Blick auf ein Hochhaus in Berlin (Quelle: IMAGO/Dirk Sattler)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.08.2023 | Christoph Reinhardt | Bild: IMAGO/Dirk Sattler

Der Senat will in rund einem Jahr ein Rahmengesetz für die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen vorlegen. Das sagte Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) am Montag bei einer Anhörung im Fachausschuss des Abgeordnetenhauses. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werde es die Auftaktsitzung aller an dem Vorhaben beteiligten Senatsverwaltungen geben.

In den ersten Schritten werde es um den Zeitplan für den Gesetzgebungsprozess und um die Struktur des geplanten Vergesellschaftungsrahmengesetzes gehen. An dem Verfahren seien mehrere Senatsverwaltungen beteiligt, die Federführung werde bei der Finanzverwaltung liegen.

Kritik am Rahmengesetzt von mehreren Seiten

Bei einem Volksentscheid im September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wähler für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Eine vom Senat daraufhin eingesetzte Expertenkommission kam nach gut einjähriger Beratung im Juni zu dem Schluss, dass eine solche Vergesellschaftung - also eine Enteignung gegen Entschädigung - juristisch und verfassungsrechtlich möglich wäre. Demnach ermöglicht das Grundgesetz dem Land Berlin, die Vergesellschaftung von Grund und Boden in einem Gesetz zu regeln. Es komme aber auf die konkreten Bedingungen an, ob die Umsetzung tatsächlich mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Die CDU lehnt Vergesellschaftung ab.

Deutliche Kritik an dem Rahmengesetz kam nicht nur von der Opposition und den Initiatoren des Volksentscheids. Letztere warfen dem Senat vor, die Umsetzung weiter zu verschleppen.

Angesichts der anhaltenden Verschlechterung auf dem Berliner Wohnungsmarkt müsse der Senat die 2021 durch den Volksentscheid beschlossenen Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen unverzüglich umsetzen, forderte die Sprecherin der Initiative, Isabella Rogner. Nach dem Votum der Expertenkommission müsse auch dem letzten klar sein, dass eine Vergesellschaftung möglich, notwendig und das beste Mittel gegen die Wohnungskrise sei. "Wohnraum ist ein Grundrecht und kein Spekulationsobjekt." Dem schlossen sich Ausschussmitglieder von Linken und Grünen an.

Vergesellschaftung schafft keinen Wohnraum

Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), hielt dagegen. Aus ihrer Sicht dürfte eine Vergesellschaftung von Wohnraum wegen hoher Entschädigungszahlungen entweder unfinanzierbar oder aber verfassungsrechtlich nicht haltbar sein.

Nach der Arbeit der Expertenkommission seien außerdem viele konkrete Fragen eines solchen Vorgehens ungeklärt, sagte Kern im Ausschuss. Ein Beispiel seien Kredite, die Banken im Falle einer Eigentumsübertragung der Wohnungen kündigen könnten. "Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wohnungen in einer neuen Gesellschaft zu Wunschmieten ist wirtschaftlich nicht darstellbar", gab Kern weiter zu bedenken. Denn auch ein neuer Eigentümer - diskutiert wird über eine Anstalt öffentlichen Rechts – müsse wirtschaftlich arbeiten. Und: "Durch Vergesellschaftung ändert sich nichts am Wohnungsangebot in Berlin."

Professor: Rahmengesetz leuchte auch rechtlich nicht ein

Dass die schwarz-rote Koalition vor der Umsetzung des Volksentscheids ein allgemeines Rahmengesetz dazwischenschalten wolle, das vor einer möglichen Vergesellschaftung von rund 240.000 Wohnungen zunächst zwei Jahre lang durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden soll, leuchte auch aus rechtlicher Sicht "nicht ein", kritisierte auch FU-Professor Florian Rödel aus der Expertenkommission den Zwischenschritt. Sollte das Verfassungsgericht wie erhofft Stellung zu einem notwendigerweise allgemein formulierten Rahmengesetz nehmen, könne die Antwort nur nichtssagend sein: "Sie kriegen verlässliche Aussagen nur für das Umsetzungsgesetz."

Sendung: rbb24, 28.08.2023, 16:00 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Maren Kern singt mal wieder den BBU-Schlager "wirtschaftlich nicht darstellbar" - -die Vergesellschaftung von Grund und Boden wird ihresgleichen eines Besseren lehren.

  2. 10.

    "Eine Vergesellschaftung funktioniert nur zum Ankauf zum Marktwert. Die betreffenden Mieter müssen dann neben der ursprünglichen Miete auch die Kosten einer möglichen Finanzierung zu tragen haben."

    Beides ist blanker Unsinn.

    "Durch diese unsinnige Idee der Vergesellschaftung entsteht keine einzige neue Wohnung. Ebenso bleiben die Mieten nicht stabil. Darüberhinaus werden Investoren aller Art vergrault."

    Und weiter Nebelkerzen geworfen. Es geht um bezahlbaren Wohnraum, nicht um neue Wohnungen.

  3. 9.

    Letztlich ist es völlig egal, was der Professor sagt oder meint. Das letzte Wort haben die Richter in Karlsruhe

    Eine Vergesellschaftung funktioniert nur zum Ankauf zum Marktwert. Die betreffenden Mieter müssen dann neben der ursprünglichen Miete auch die Kosten einer möglichen Finanzierung zu tragen haben.

    Durch diese unsinnige Idee der Vergesellschaftung entsteht keine einzige neue Wohnung. Ebenso bleiben die Mieten nicht stabil. Darüberhinaus werden Investoren aller Art vergrault.

    Diese Idee hat keinen einzigen Gewinner - sie hat nur Verlierer. Aber der Steuerzahler hats ja...

  4. 8.

    Und wieviele neue Wohnungen werden durch die milliardenteure 'Vergesellschaftung' neu entstehen?
    Achja, keine einzige.

  5. 7.

    Oh Mann, wenn das durchgeht, wird auf Dauer keine Wohnung in Berlin gebaut werden. Nicht mal im gehobenen Preissegment. Ich verstehe die Intention hinter der Aktion, aber das ist keine Lösung. Was viele vergessen, unheimlich viele private Vermieter gebaren sich genau wie DW & Co. Und nicht jeder Immobilienfonds ist ein Miethai…

  6. 6.

    Super, endlich mehr WBS Wohnungen für EU Zugereiste aus Osteuropa und den anderen Teilen der Welt

  7. 5.

    Anscheinend hat Berlin viel zu viel Geld und ausserdem brauchen wir keine DDR 2.0.
    Nur Neubau wird helfen, der Preis regelt sich nun mal über Angebot und Nachfrage.
    Eine weitere Möglichkeit wäre endlich Berlin bis zum Berliner Ring auszudehnen.

  8. 4.

    NEEEEEIIIINNNNN!!! Habt ihr keine anderen Probleme als vorhandenen Wohnraum für Milliarden (!) zu kaufen? Boah das kann doch nicht wahr sein....

  9. 3.

    Ich habe heute den Ausschuss im Livestream verfolgt und stimme Ihnen zu.

    Neue Erkenntnisse gab es heute nicht. Jeder kam einfach nochmal zu Wort und teilte seine absolute Überzeugung.

    Sachlich blieben alleine der CDU-Vertreter, der bewusst auf ideologische und persönliche Noten verzichtete und Sachfragen an die geladenen Experten stellte.

    Nicht fehlen Inder Anhörung durfte natürlich eine Vertreterin von DW & Co. enteignen nebst Zuschaueranhang im Saal.

    Entgegen den Gepflogenheiten in der von allen Fraktionen beschlossenen Geschäftsordnung ergriffen die „Zuschauer“ beeinflussende Partei in Form von lauten Beifallstürmen und Zwischenrufen.

    Die federführende Versammlungsleitung hatte heute die Linke inne, diese ließ die „Zuschauer“ gewähren.

    Dies erfolgte bis zu einem freundlichen Hinweis eines AfD-Abgeordneten, die linke Versammlungsleiterin solle bitte für die Einhaltung der selbst beschlossenen Geschäftsordnung sorgen.

    Dies wurde nur widerwillig hingenommen.

  10. 2.

    Wird jetzt noch irgendjemand neue Wohnung bauen?
    Ich zweifle!

  11. 1.

    Der Professor teilte heute ebenfalls mit, dass eine Vergesellschaftung nach Art. 15 GG zum Verkehrswert sicherlich verfassungsgemäß sei.

    Darunter liegende Werte sind laut seiner Auffassung demnach mindestens fraglich und könnten verfassungswidrig sein.

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