Landesparteitag in Schönefeld - Am Flughafen will die SPD ins Superwahljahr durchstarten

Sa 25.11.23 | 08:10 Uhr | Von Nico Hecht
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Symbolbild: Ein Glas Wasser steht neben den Mikrofonen auf dem Rednerpult. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 25.11.2023 | Nico Hecht | Bild: dpa/Soeren Stache

Brandenburgs Sozialdemokraten sind in jüngsten Wahlumfragen abgestürzt. Auf ihrem Parteitag am Samstag in Schönefeld wollen sie sich trotzdem als Wohlstandsmotor präsentieren. Von Nico Hecht

  • Parteivorstandswahl soll Zeichen der Geschlossenheit senden
  • Sozialdemokraten wollen sich als Stabilitätsanker präsentieren
  • Landes-SPD macht Bundespolitik für schlechte Umfragewerte verantwortlich

Die Datenlage ist eindeutig. Kurz nach der Bundestagswahl 2021 kam die Brandenburger SPD noch auf ein Umfragehoch von 34 Prozent. Seitdem ging es bergab. Beim rbb-BrandenburgTrend im September kam die Partei nur noch auf 20 Prozent, 12 Prozentpunkte hinter der AfD, die zum ersten Mal ganz vorne lag.

Dass es nicht noch weiter bergab ging, dürfte vor allem an einer Person liegen: Ministerpräsident Dietmar Woidke ist in der Umfrage weiterhin der bekannteste und beliebteste Politiker im Bundesland.

"Keiner, der nur schrill vor der Presse herumspringt"

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Daniel Keller, sagt, das habe sich Woidke erarbeitet. "Er ist keiner, der nur schrill vor der Presse herumspringt, sondern mit Verantwortung für Stabilität gesorgt hat." Keller hofft deswegen auf ein gutes Wahlergebnis für den Landeschef bei der turnusmäßigen Vorstandswahl – und damit auf ein Signal der Geschlossenheit.

Die Chancen dafür stehen schon deswegen recht gut, weil Woidke wie auch Generalsekretär David Kolesnyk und die beiden stellvertretenden Vorsitzenden, Finanzministerin Katrin Lange und die Veltener Bürgermeisterin Ines Hübner, ohne Gegenkandidaten zur Wiederwahl antreten. Trotzdem sei die Wahl alles andere als eine Nebensache. Schließlich bestimme die Partei, sagt Generalsekretär Kolesnyk, das Vorstandsteam für das Superwahljahr 2024 mit Kommunal-, Europa- und Landtagswahl. Und für die Bundestagswahl im Jahr darauf.

Leitantrag als Erfolgsbilanz der SPD-Regierungszeit

Kontinuität beim SPD-Personal als Signal für Stabilität insgesamt im Land, so will Kolesnyk die Vorstandswahl verstanden wissen. Auch der Leitantrag sende diese Botschaft. Er trägt den Titel: "Weil es um Brandenburg geht – Mit Vertrauen, Verständnis und Zuversicht die Antworten für Brandenburgs Zukunft geben."

Darin zieht die Partei eine Bilanz ihrer 33 Regierungsjahre. Dabei würden die wirtschaftlichen Erfolge der SPD geführten Landesregierung für sich sprechen: Einerseits beim Ansiedeln neuer Industriefirmen wie dem E-Autobauer Tesla, andererseits beim Einsatz für den Erhalt von Arbeitsplätzen wie beim Aus des Windanlagenbauers Vestas in Lauchhammer, deren Mitarbeiter der Batteriehersteller SVolt übernommen hätte. Diesen Kurs, legt der Leitantrag nahe, wird die Partei stabil halten, zumal die aktuellen Wirtschaftsdaten auch keinen Kurswechsel nahelegen würden, sagt Landtagsfraktionschef Keller.

Für das erste Halbjahr 2023 steht für Brandenburg mit sechs Prozent sogar das mit Abstand größte Wirtschaftswachstum aller Bundesländer zu Buche. Aus Parteikreisen kommt zudem ein Hinweis auf eine von der Partei in Auftrag gegebene Studie. Die zeige, dass die Brandenburger in Wirtschaftsfragen mittlerweile auch eher der SPD als der CDU vertrauen würden.

SPD in Brandenburg will Bundestrend trotzen

Darin wird vielleicht auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Parteifreunde bestätigen. Er ist als Brandenburger Bundestagabgeordneter in engem Kontakt mit dem Landesverband und wird die Eröffnungsrede in Schönefeld halten. Vielleicht eine Hypothek? Denn niemand steht so sehr für die Bundespolitik wie Scholz. Und die macht Brandenburgs Generalsekretär Kolesnyk verantwortlich für die schlechten Umfragewerte seines Landesverbands.

Aber Kolesnyk gibt sich betont gelassen. Denn auch der rbb-BrandenburgTrend hätte ja gezeigt, die wichtigsten Fragen für die Wähler zum Umfragezeitpunkt im September seien Bundesthemen gewesen: Die Debatte um das Heizungsgesetz, Zuwanderung und Flucht, der Ukraine-Krieg und Inflation. Die landespolitischen Themen würden erst ein, zwei Monate vor den Wahlen ins Bewusstsein der Menschen treten. Dann werde sich der Bundestrend umdrehen, so Kolesnyk.

Neue Töne bei Migrationspolitik

Bei der Migrationspolitik steht die SPD allerdings vor einem Kurswechsel. Fett markiert ist dafür im Leitantrag, dass die irreguläre Migration eingedämmt werden müsse, der Missbrauch des Asylrechts bekämpft und mehr abgeschoben werden müsse. Die SPD will außerdem die Bezahlkarte für Flüchtlinge statt Bargeld, um die Flucht nach Deutschland unattraktiver zu machen. Dass die SPD hier auf AfD-Töne umschwenke, sei falsch, meint Landtagsfraktionschef Keller. Man dürfe nicht den Fehler machen, diese Themen zu wenig zu beleuchten.

Vielmehr gelte es, bei der Migrationspolitik mit vernünftiger Sachpolitik Populisten entgegenzutreten.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Nico Hecht

15 Kommentare

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  1. 15.

    Na und? Nehmen sie vll. für jedes Stück Kuchen einen neuen Heber?

  2. 14.

    Das ist eben die Mentalität aus dem Dorfkonsum. Wenn der Kuchen alle ist, reicht auch 'ne Marmeladenstulle.
    Man reicht das Messer zum Schmieren einfach weiter.

  3. 13.

    Erstaunlich ist, daß diese Politik trotz allem dazu gereicht hat, seit 1990 den Ministerpräsidenten zu stellen und allein oder in einer Koalition zu regieren.

  4. 12.

    Typisch für bevorstehende Wahlen. Plötzlich kommen die warmen Gedanken und Selbstbeweihräucherung bei der SPD durch, und das Chaos geht weiter. Selbsterhaltungstrieb und Machtgeilheit sind das Markenzeichen der SPD. Bildungsmisere seit 20 Jahren, Vernachlässigung der Potsdam fernen Regionen, Desaster im Gesundheitswesen, BER, Cargolifter, Lausitzring, Chipfabrik, Fehler bei der Abwasserregelung, Reduzierung bei der Polizei, Streichung bei kita und Schulen usw. Das alles sind " Erfolge" der SPD, an die ich mich erinnere. Aber lustig finde ich, dass sie ausgerechnet am BER Gelände, so nenne ich Schönefeld, durchstarten wollen.

  5. 11.

    ns geht um die Einordnung der Migrantenpolitik durch des ehemaligen Bundesrichter Hans-Jürgen Papier.

  6. 10.

    Jedem dies erzählen, was er oder sie hören will - um dann gewählt zu werden.

    Vor Wahlen und im Krieg soll am meisten gelogen werden.

    Es wäre schön gewesen, wenn diese Regierung unter SPD-beteiligung endlich mal gegen die Inflation arbeiten würde. Energie, Mieten, Lebensmittel usw..alles wird teurer. Alle wollen mehr Geld. Dadurch wird längerfristig alles noch teurer. Ich seh keinen schlüssigen Plan der Regierung für mehr bezahlbare Wohnungen und gegen die Inflation.

  7. 9.

    Ich möchte, daß Brandenburger Schüler bei Pisa Tests nicht mehr Letzter oder Vorletzte sind. Die SPD hat ueber Jahrzehnte bewiesen, dass sie mir diesen Wunsch nicht erfüllen kann.

  8. 8.

    Nie mehr Grüne als Partner

  9. 7.

    Dieser Befund ist nun eine Binsenweisheit. Ich denke Keller gehts da eher um Debatten zu echten Lösungen, als um flache einfache Rechte Pseudolösungen auch und gerade in Zeiten einer wachsenden Rechten.
    Das Thema Asyl und Migration ist etwas komplexer und damit komplizierter als einfache populistische Stammtischparolen in der Kneipe und „Lösungsvorschläge“ der AfD.

  10. 6.

    Halblinks, halbgrün = SPD? Das wird nix.

  11. 5.

    "Dass die SPD hier auf AfD-Töne umschwenke, sei falsch, meint Landtagsfraktionschef Keller. ". Welche Position Herr Keller zur Migration hat, ist dem Beitrag nicht zu entnehmen. Herr Keller weiß nur, dass da irgendetwas falsch ist. Der ehemalige Bundesrichter Hans-Jürgen Papier scheint es da genauer zu wissen:

    „Asylrecht dient zweckentfremdet als Türöffner für illegale, rechtswidrige Migration“

    https://www.welt.de/politik/deutschland/plus248702418/Hans-Juergen-Papier-Asylrecht-dient-zweckentfremdet-als-Tueroeffner-fuer-illegale-rechtswidrige-Migration.html

  12. 4.

    Die Wende zu einer realistischen Migrationspolitik wird erstens von der Bundes-SPD nur halbherzig unterstützt und sie kommt in Brandenburg viel zu spät. Da wählen die Brandenburger nach aktuellen Umfragen besser das "gesicherte" Original.

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/09/brandenburgtrend-afd-brandenburg-umfrage-september-23.html

  13. 3.

    Es ist immer so. Wenn die Umfragewerte schlecht sind. Dann spricht man immer mehr zu sich selber statt sich zu öffnen. Andere sind Schuld? Was ist, wenn die Brandenburger keine Stabilität, im Sinne von Letzter, bei den wichtigsten Kennzahlen, wollen? Vielleicht wollen die auch mal Erster und Geber statt „könnte-Vorreiter“ sein? Vielleicht wollen die endlich Chancengleichheit, Beförderungsmöglichkeiten, gleiche Arbeitszeiten und Stellenausschreibungen die auch ostdeutschen Biographien Chancen geben? Das ausgerechnet eine Location, die für Standortfehlentscheidung und Flugplatzbaudesaster, typisch für Brandenburg, unter der SPD steht, ist vermutlich vor lauter anmutender Borniertheit gar nicht aufgefallen?

  14. 2.

    "Die landespolitischen Themen würden erst ein, zwei Monate vor den Wahlen ins Bewusstsein der Menschen treten."
    Aha, na da bin ich ja gespannt mit welchen Erfolgen aus den letzten 5 Jahren die Landesregierung punkten möchte?
    "Bei der Migrationspolitik steht die SPD allerdings vor einem Kurswechsel."
    Na klar, man möchte, würde, will, plant usw usw, das wird immer vor Wahlen erzählt!
    Und nach der Wahl sind dann die Koalitionspartner, der Bund oder die EU daran Schuld das man davon nix umsetzen kann.

  15. 1.

    Sich in einer Zeit wo so viele Veränderungen wie selten in der Geschichte dringend nötig sind als Stabilitätsanker zu vermarkten…

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