Dahme-Spreewald - Nach Votum gegen Windräder: Gemeinde und Minister nähern sich an

Di 21.11.23 | 22:15 Uhr | Von Markus Woller und Hanno Christ
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Eine 500-Einwohner-Gemeinde im Landschaftsschutzgebiet stellt sich gegen Solar- und Windenergie vor ihrer Haustür und sorgt damit brandenburgweit für Aufsehen. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Eine 500-Einwohner-Gemeinde im Landschaftsschutzgebiet stellt sich gegen den Ausbau von Solar- und Windenergie im Dorf und sorgt brandenburgweit für Aufsehen. Nun kam der Wirtschaftsminister angereist. Von Markus Woller und Hanno Christ

  • Nach der Windrad-Absage aus Münchehofe war die Stimmung zwischen Bürgermeister und Wirtschaftsministerium ist angespannt
  • Bei einem Ortstermin kamen am Dienstag alle Parteien zusammen
  • Der Bürgermeister nutzte die Gelegenheit für Kritik am Auftreten des Windkraft-Investors

Das Votum bei der Einwohnerbefragung in Münchehofe (Dahme-Spreewald) war eindeutig: 64 Prozent der Teilnehmer hatten sich im September gegen Windräder und Solaranlagen auf Gemeindegebiet ausgesprochen. Hintergrund ist das Vorhaben eines Windanlagenbauers, der bis zu acht Windräder auf dem als Landschaftsschutzgebiet geltenden Gemeindeboden aufstellen möchte. Brandenburgweit sorgte die Abstimmung für Aufsehen.

Dass Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) die Münchehofener dafür anschließend öffentlich angezählt hat, das hat Bürgermeister Ralf Irmscher (parteilos) richtig gewurmt. Schließlich bekennt sich die Gemeinde schon seit mehr als zehn Jahren zu ihren ökologischen Zielen, bezieht laut Internetseite nur Ökostrom aus erneuerbaren Energien. Kurzerhand rief Irmscher im Wirtschaftsministerium an und lud Steinbach zum Gespräch ein. Der sagte zu. Am Dienstag kam es nun im alten Pferdestall zum Aufeinandertreffen.

Steinbach wirbt mit finanziellen Vorteilen

Er habe nach der Bürgerbefragung eine ganze Menge Anrufe erhalten, erzählt Irmscher. "Bürgerinitiativen, Bürgermeister aus dem ganzen Land Brandenburg. Viele meinten: 'Gut gemacht'". Inhaltlich steht der Bürgermeister zu dem Beschluss. Besonders die Windkraft soll es zukünftig in Münchehofe nicht geben. "Ich denke, die Gemeindevertretung hält sich dran. Die Mehrheit war gegen Windkraft im Landschaftsschutzgebiet. Dabei bleibt‘s."

Wirtschaftsminister Steinbach hatte nach der Entscheidung im September unterstellt, man habe sich offenbar in der Gemeinde nicht ausreichend über Vorteile wie den Solar- oder Windkraft-Euro informiert, der enorme finanzielle Vorteile bringen würde. Außerdem sei Stromerzeugung Daseinsvorsorge, da könne man nicht immer auf den Nachbarn zeigen. Auch am Dienstag machte er klar: "Dass ich euch für die Entscheidung nicht knutschen kann, das ist vielleicht auch nachzuvollziehen."

Windkraft-Investor gibt sich einsichtig

Auch wenn das Ergebnis der damaligen Entscheidung für niemanden bindend ist, so ist der Minister doch bemüht zu signalisieren, dass das Votum nicht unter den Tisch fallen wird. Leicht machen die Münchehofener es ihm dann damit, dass hier niemand die Notwendigkeit von Veränderungen leugnet. Das "Wie" sei entscheidend.

So hat man in Münchehofe schon 2012 entschieden, Ökogemeinde mit eigenem Energiekonzept zu werden. Grundlastfähige Geothermie, so schwebt hier vielen vor, könnte die Lösung sein. Klimaziele erreichen und Landschaft erhalten, so das Ziel. Der Minister gibt zu, dass ihm so viel Weitblick der Gemeinde bislang nicht bekannt gewesen sei. Alles nur ein Kommunikationsproblem?

Das zumindest scheint es mit dem Investor Energiequelle gegeben zu haben. "Man ist hier als blanker Investor aufgetreten", bemängelt Bürgermeister Irmscher. "Die Frage ist immer, wie man auftritt. Ob von oben herab, oder auf Augenhöhe." Auch hier auf dem platten Land habe man eigene Vorstellungen, wie die Zukunft gestaltet werden soll.

Investor Tilo Reimann von der Firma Energiequelle ist an diesem Abend ebenfalls dabei. Er gibt sich einsichtig. In der Kommunikation sei einiges nicht gut gelaufen. Das wolle man ändern. Zu Reimanns Überraschung sei nämlich vieles von dem, was die Gemeinde sich als Ziel gesetzt habe - Autarkie und grundlastfähige Energie - auch mit der Energiequelle machbar. Vielleicht, so hofft der Investor, komme man ja gemeinsam zu der Einsicht, dass die günstige Windkraft für die Gemeinde doch eine Alternative oder Ergänzung zur teuren Geothermie darstelle.

Bürgermeister: Geld spielt keine Rolle

Steinbachs Argument, dass die Gemeinde finanziell von Solar- und Windenergie profitieren könnte, findet an diesem Abend wenig gehör. "Geld kann man nicht essen", sagt Bürgermeister Irmscher. Investor Reimann glaubt, dass die Gemeinde sich in diesem Punkt noch besinnt. Bis zu 300.000 Euro pro Jahr, so rechnet er vor, könnte Münchehofe durch die Anlagen einnehmen. "Da muss man schon breite Schultern haben, um zu sagen, das brauche ich nicht." Gänzlich abrücken von den Plänen für die Windräder in der Gemeinde will er dann auch nicht.

Der Wirtschaftsminister hingegen macht an diesem Abend klar, dass er das Projekt gegen den Willen der Einwohner nicht forcieren werde. "Ganz klares 'Nein'", antwortet Steinbach auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum. Rein planungsrechtlich stellt sich aber die Frage, wie viel Einfluss das Ministerium wirklich nehmen kann. In Münchehofe hoffen sie, dass sich Steinbachs klare Positionierung am Ende nicht auch als "Kommunikationsproblem" erweisen wird.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 21.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Markus Woller und Hanno Christ

15 Kommentare

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  1. 15.

    Gut das wir mit die höchsten Energiepreise zahlen und verschandeln unsere Heimat.

  2. 14.

    "Dass ich euch für die Entscheidung nicht knutschen kann, das ist vielleicht auch nachzuvollziehen."
    Ja warum denn nicht? Wer ist für wem da?
    Die Münchehofer haben bei den Einnahmen das Wörtchen „könnte“ vernommen? Wir wissen hier alle, was „könnte-Vorreiter“, hier in Brandenburg, dann letztlich bedeutet. Und selbst wenn Geld fließt, so ist es ein erpresserisches Ausspielen der Bewohner von direkt Betroffenen. Da ist die Moral und Einstellung dann durchsichtig.
    Und trotzdem sagen die Leute: Auf das WIE kommt es an. Wenn die Windräder nicht als Dauerlast zu hören sind (Abstand zu Höhe) dann ist vielleicht doch ein Kompromiss möglich: Weniger, dann weiter weg und leistungsstärker?

  3. 13.

    "Dass ich euch für die Entscheidung nicht knutschen kann, das ist vielleicht auch nachzuvollziehen."
    Ja warum denn nicht? Wer ist für wem da?
    Die Münchehofer haben bei den Einnahmen das Wörtchen „könnte“ vernommen? Wir wissen hier alle, was „könnte-Vorreiter“, hier in Brandenburg, dann letztlich bedeutet. Und selbst wenn Geld fließt, so ist es ein erpresserisches Ausspielen der Bewohner von direkt Betroffenen. Da ist die Moral und Einstellung dann durchsichtig.
    Und trotzdem sagen die Leute: Auf das WIE kommt es an. Wenn die Windräder nicht als Dauerlast zu hören sind (Abstand zu Höhe) dann ist vielleicht doch ein Kompromiss möglich: Weniger, dann weiter weg und leistungsstärker?

  4. 12.

    Gibt es dafür auch eine Begründung oder müssen starke Worte genügen?

    Windenergie ist die billigste Energieform, die es in Deutschland gibt. Und wenn Sie keine Zeche wollen, dann verbrauchen Sie doch weniger! Ich bin sicher, dass Sie mit etwas gutem Willen noch eine Menge Einsparmöglichkeiten in Ihrem Haushalt finden, ohne deswegen gleich im Dunkeln hocken zu müssen.

  5. 11.

    Es gab Regionalpläne für Windkraft. Die haben die WKA-Gegner weg geklagt. Wie viele Dankesbriefe der Projektentwickler stapeln sich jetzt bei denen?

  6. 9.

    Warum braucht man Landschaftsschutzgebiete, wenn man sie so einfach aufweichen kann?

    Die Einrichten haben sich sicherlich etwas dabei gedacht.

  7. 8.

    Nähern sich an , oder sollen gekauft werden ?
    Die Zeche zahlt auf alle Fälle der Verbraucher

  8. 7.

    Die Gemeinde würde von Windrädern finanziell profitieren – "aber nicht genug". Bürgermeister Ralf Irmscher ist der Ansicht, dass die Gemeinde stärker von der Windkraft profitieren müsste.

  9. 6.

    „ "Geld kann man nicht essen"

    Landschaftsschutzgebiete auch nicht“

    Landschaftsschutzgebiete als solche nicht, die im Rahmen einer mit den Schutzzielen verträglichen Landwirtschaft gewonnenen Erzeugnisse schon.

  10. 5.

    "Geld kann man nicht essen", sagt Bürgermeister Irmscher. Investor Reimann glaubt, dass die Gemeinde sich in diesem Punkt noch besinnt."
    Wahre Worte! Und wieder wird versucht die Menschen mit Geld zu locken(kaufen).
    Ich kann die Einwohner verstehen und möchte auch keine Propeller vorm Fenster haben, auch nicht in 500m Entfernung.
    Ein Solarfeld ist etwas anderes, das haben wir in Schönefeld auch!

  11. 4.

    Landschaftsschutzgebiete machen nur Sinn, wenn sie tatsächlich schützt.

  12. 3.

    "Nach der Windrad-Absage aus Münchehofe war die Stimmung zwischen Bürgermeister und Wirtschaftsministerium ist angespannt"

    .. also ich habe selbst n doofen Ausdruck, aber das ist mir sogar aufgefallen :D

  13. 2.

    "Geld kann man nicht essen"

    Landschaftsschutzgebiete auch nicht.

  14. 1.

    Es ist bemerkenswert, dass der ganzheitliche ökologische Ansatz, der sich von dem sehr spät angesetzenden "end-of-pipe-Ansatz" (übersetzt: ein Ansatz am Ende des Prozesses) doch sehr unterscheidet, dieser mittlerweile mehr und mehr hinten runterfällt.

    Ökologie im Umfassenden bezieht die Eigenart der Landschaft mit ein, betrachtet die Landschaft nicht nur als bloße "beiläufige, im Zweifelsfall zu vernachlässigende Gegebenheit. Der Schutz landschaftlicher Eigenart war mal ein Grundanliegen der(Bündnis)Grünen. Lange, zu lange scheint es her zu sein.

    Ich bin überzeugt davon, dass ein Ausbau der Windenergie mit wirklich landschaftsbezogenen Anlagen - hier so, dort anders ! - möglich ist, statt entlang einer großindustriellen Folie quasi überall dasselbe zu bauen.

    Lasst Phantasie walten !

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