Potsdam-Mittelmark - Wiesenburger kämpfen gegen Umbaupläne für Bahnhofsgebäude

Fr 12.01.24 | 08:31 Uhr
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Kulturbahnhof Wiesenburg - Quelle: bahnhof-am-park.de

Mit viel Engagement haben Wiesenburger Bürger das ehemalige Bahnhofsgebäude saniert und wiederbelebt. Pläne der Bahn könnten jetzt dazu führen, dass der Kreativort abgehängt wird. Von Jacqueline Piwon

Das große rote Backsteingebäude am Wiesenburger Bahnhof ist etwas Besonderes. Zwar gibt es noch viele solcher Bahnhofsgebäude in Brandenburg, aber die meisten stehen leer und verfallen. Nicht in Wiesenburg (Potsdam-Mittelmark). Hier gibt es eine Wartehalle mit Bücherregal und Kickertisch, einen Coworking-Space und ein Café (derzeit jedoch ohne Betreiber).

Im Sommer kann man hier die alte Güterhalle für Veranstaltungen mieten, Tango-Tanzabende finden hier statt. Ein preisgekröntes Projekt in Sachen ländliche Entwicklung. Es ist ein Ort der Begegnung, ein Ort, den die Wiesenburgerinnen und Wiesenburger sich selbst zurückerobert haben.

Vor mehr als zehn Jahren gründeten sie eine Genossenschaft und kauften das Gebäude. Mit viel Engagement, Zeit und Unterstützung der Gemeinde entstand so ein besonderer Ort in der ländlichen Region. Aber Umbaupläne der deutschen Bahn führen in Wiesenburg zu Unmut.

Bahnhoif in Wiesenburg (Bild: rbb/Karsten Zummack)
Bild: rbb/Karsten Zummack

Fester Zaun und Schallschutzwände geplant

Im Moment ist man vom Café oder der Wartehalle aus mit ein paar Schritten auf dem Bahnsteig und kann in den Zug steigen. Der RE7 fährt hier im Stundentakt. Doch wenn die Bahn ihre Umbaupläne umsetzt, werden die Bahnreisenden voraussichtlich einen Umweg von gut 200 Metern in Kauf nehmen müssen, so die Befürchtung.

Denn die Deutsche Bahn plant einen festen Zaun, der die Abfahrgleise vom Bahnhofsgebäude trennt. Auch bis zu 3m hohe Schallschutzwände sind im Plan enthalten. Seit zehn Jahren gibt es die Pläne bei der Bahn, jetzt sollen sie wohl bald umgesetzt werden. Laut Bahnsprecher soll 2026 begonnen werden. Doch die Wiesenburger wollen das verhindern.

Wiesenburger sind frustriert

Dorothee Bornath ist Gründungsmitglied der Genossenschaft des Bahnhofsgebäude. Man habe den Bahnhof ja wiederbelebt, um ihn auch als Bahnhofsgebäude wieder zu nutzen. Die Pläne der Bahn nennt sie "grotesk". Sie sorgt sich um die Attraktivität des Bahnhofsgebäudes und befürchtet, "dass das Empfangsgebäude komplett abgehängt ist".

Auch Horst Reichmann ist seit Jahren hier engagiert. "Wenn man dann hört, dass jetzt Schallschutzwände gebaut werden, die meterhoch sind, macht mich das sehr traurig und frustriert mich", sagt er. Doch die Wiesenburger wollen der Bahn etwas entgegensetzen.

Der Bahn etwas entgegensetzen

In einer Bürgerversammlung am Donnerstagabend wurden Maßnahmen besprochen, wie man der Bahn etwas entgegensetzen kann. Der Plan der Gemeinde: Möglichst viele sogenannte Stellungsnahmen, also Einsprüche zu den Umbauplänen sammeln und diesen Gegenwind dann ans Eisenbahnbundesamt schicken, denn dort liegen die Pläne jetzt zur Prüfung.

An alle Wiesenburger wurden daher schon vor der Veranstaltung fertige Vordrucke verschickt, die sie unterschreiben können. Mehr als 500 Stellungnahmen sind so schon vor der Bürgerversammlung zusammen gekommen.

Hoffnung etwas bewirken zu können

Auch ein breites Netzwerk von Organisationen aus der Region und Unterstützung aus der Landesregierung bekommen die Wiesenburger laut Bürgermeister Marco Beckendorf (Linke). Seine Hoffnung: Bei möglichst viel Gegenwind aus Wiesenburg prüft das Eisenbahnbundesamt die Pläne nochmal genau und könnte die Bahn auffordern, die Pläne zu ändern. Die Hoffnung ist groß in Wiesenburg dem großen Konzern Deutsche Bahn etwas entgegensetzen zu können.

7 Kommentare

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  1. 7.

    "In Richtung Berlin muss man über mehrere Gleise laufen."

    Das wird nach dem geplanten Umbau, wie ihn die Bahn vorhat, auch der Fall sein - nur eben im Zuge des querenden Übergangs entlang der Straße, mithin weiter weg. Im Grunde wird eine nahe Querungsmöglichkeit durch eine, die weiter weg ist, ersetzt und die direkte Querungsmöglichkeit in Höhe des Bahnhofsgebäudes genommen. Darum geht es.

  2. 6.

    Ich fahre mehrmals im Monat von Wiesenburg nach Leipzig und umgekehrt. Ich begrüße den Umbau. In dem Bahnhofsgebäude passiert im Moment überhaupt nichts. Kein Kaffee und im Co-Work Bereich habe ich auch noch nie jemanden gesehen.
    Schaut man sich die Baupläne der Bahn an, ändert sich am Zustieg in Richtung Dessau nichts. Bisher ist der Zugang zu den Bahnsteigen nicht behindertengerecht. In Richtung Berlin muss man über mehrere Gleise laufen.
    Nach dem Umbau ist ein behinderten gerechter Zugang zu den Gleisen möglich. Die 50m Umweg kann wohl fast jeder bewältigen. Ich verstehe den Unmut über den geplanten Umbau nicht.

  3. 5.

    Bin selbst schon in Wiesenburg ein- und ausgestiegen. Fand es wunderbar, dass es einen direkten Zugang zum Bahnhofsgebäude gibt. Wie würden wohl Menschen mit Handicap, mit Rollator, mit Rollstuhl diesen um 200 m verlängerten Weg absolvieren? Für manchen ist das vielleicht schon ein Umstand, der eine Reise unmöglich macht. Vielleicht auch ein Argument gegen die Bahnpläne?

  4. 4.

    Einige, wenn auch recht wenige Beispiele gibt es schon: Die Bahn hatte bspw. vor, den traditionsreichen Namen "Gesundbrunnen" durch "Nordkreuz" zu ersetzen, gemäß der Logik, dass da wo ein Süd-, West- und Ostkreuz existiere, ein Nordkreuz doch logisch wäre.

    Meines Wissens waren es zwei Abgeordnete in Berlin, die die Bahn durch eine profunde Argumentation von derlei Ansinnen abbrachten. Eine davon war, dass außer ein paar Bahnfreaks niemand den Ring herumfährt und somit diese "nichtlogische" Situation allein auf dem Papier /allein in der Datei niemand auffällt. Gesundbrunnen als frühester Technik-Standort und Geburtsstätte von Hertha BSC waren dann u. a. weitere Punkte.

    Da konnte selbst ein Mehdorn nicht mehr gegenhalten. ;-

    Zu was sollte es gut sein, ein existierendes, restauriertes und sehr gut genutztes Bahnhofsgebäude von den eintreffenden und abfahrenden Zügen abzuschneiden?

  5. 3.

    Schallschutzwände haben wir in Finkenheerd auch - an manchen Stellen doppelt. Allerdings ist das ehemalige Empfangsgebäude privatiesiert und trotzdem wohl nicht mehr zu retten.
    Eigentlich schön, daß es auch anders geht - aber wohl nicht mehr lange. Glaube nicht, daß die Bahn sich von irgendwas abbringen lässt. In Eisenhüttenstadt gibt es sogar zwei ehemalige Empfangsgebäude. Selbstverständlich auch "abgehangen" und durch einen zugigen Bahnsteig ersetzt. Bauzeit war von 2016 bis 2021. Für einen "Rückbau".

  6. 2.

    Hier waltet mal wieder der umstandslose Vollzug grundsätzlich sinnvoller Vorschriften bis ins Groteske hinein. Der Bahnhof Wiesenburg liegt am südlichen Endpunkt des Schlossparks Wiesenburg, deshalb seine Lage; nennenswerte Bebauung, die eine Lärmschutzwand auch an dieser Stelle erfordern würde, ist nicht vorhanden.

  7. 1.

    Endlich kommen die 3m hohen Schallschutzwände wir warten schon seit zehn Jahren nun soll 2026 endlich begonnen werden. Wir sind so dankbar. Die 200m Wegstrecke zum alten Bahnhofsgebäude sind doch nun wirklich kein Hindernis.

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