Soldat über Zeitenwende - "Wir reden täglich über den Krieg"

Di 27.02.24 | 06:05 Uhr | Von Markus Woller & Michael Schon
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Brandenburger Bundeswehr Hauptmann Thilo. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 23.02.24 | Autor: Michael Schon | Bild: rbb

Vor zwei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Die Bundeswehr rückt seitdem in den Blickpunkt. Was hat sich für Soldaten verändert? Ein Brandenburger Hauptmann und seine Ehefrau berichten von ihrer ganz persönlichen Zeitenwende. Von Markus Woller und Michael Schon

Es ist nicht das erste Mal, dass Bundeswehrhauptmann Thilo* Teil einer Zeitenwende ist. 2008 verteidigte er Deutschlands Sicherheit noch am Hindukusch, wie es damals hieß. Die Erinnerungen an diese Zeit hat der Hauptmann aufbewahrt. Sie liegen in einem Album daheim: Bilder von der flirrenden Sonne der afghanischen Wüste, vom Essen in der provisorischen Messe mit den Kameraden, von nächtlichen Einsätzen auf dem Stützpunkt mit Thilos Sonder-Desinfektionseinheit. Damals war Thilo 24 Jahre alt. Einer von zwei längeren Auslandseinsätzen für den Brandenburger.

24. Februar 2022 - Ehefrau gerät in Panik

"Diese Zeiten sind vorbei", sagt Thilo nüchtern. Nicht nur für ihn, sondern für die ganze Bundeswehr. Heute spielen Auslandseinsätze in fremden Ländern und für fremde Länder kaum noch eine Rolle. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor zwei Jahren gehe es nun um die eigene Landes- und Bündnisverteidigung. Ein Krieg, nicht weit entfernt. Das habe die Familie geschockt, erinnert seine Thilos Frau Juliane.

"Ich wusste, das wird hart für uns werden", erzählt sie. "Ich wusste, wir sind in der Nato und dass es einen Bündnisfall geben kann." Ein so naher Krieg aber habe dann Panik bei ihr ausgelöst. Als Frau eines Soldaten seien die Ängste noch ein Stück realer.

Übungen für Bündnisfall

Beruhigt seien sie und die Kinder aber, weil ihr Mann im Lagedienst tätig sei. Das heißt, Arbeit vom Büro aus. Im Landeskommando in der Potsdamer Havellandkaserne.

Die Auswirkungen des Krieges hat Thilo dabei dennoch jeden Tag vor Augen. Momentan überwacht er unter anderem die Bewegungen von Nato-Truppen für das Großmanöver "Steadfast Defender". 90.000 Soldaten üben den Bündnisfall und müssen Richtung Osten gelotst werden - auch durch Brandenburg. "Wir reden täglich über den Krieg in der Ukraine", sagt der Hauptmann. "Verwundung und Tod, welches Leid die Familien in der Ukraine erfahren, das ist uns als Soldaten noch einmal deutlich bewusster als normalen Bürgern."

Blick auf Bundeswehr hat sich geändert

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz vor zwei Jahren beschworene "Zeitenwende" spürt er hier am Standort seit einem Jahr, so der 40-Jährige. Es gebe nun neue Kleidung, neues Material. Kürzlich sei auch sein Kampfrucksack ausgetauscht worden. Wie es bei schwerem Gerät oder Waffen aussieht, das kann er nicht sagen. Nur so viel: "Meine Meinung ist, dass das in der Politik angekommen ist. Jetzt geht es um die Umsetzung mit den Rüstungskonzernen." Da gebe es noch Handlungsbedarf.

Die Bundewehr sei aber auf dem Weg, eine andere zu werden, so viel sei klar. Auch die Außenwahrnehmung der Truppe sei inzwischen eine andere, so der Hauptmann. Wenn er im Feldanzug auf der Straße unterwegs sei, werde er freundlich angesprochen. "Ich war gerade gestern erst im Feldanzug einkaufen Feldanzug und da gibt es dann jetzt auch immer mal Menschen, die mich grüßen, obwohl ich sie gar nicht kenne. Ach Mensch, ein Soldat heißt es dann häufiger. Da gibt es dann schon mehr Austausch als früher."

Generell sei das Interesse viel größer als beispielsweise bei seinen Auslandseinsätzen im Kosovo und in Afghanistan. Der Krieg in der Ukraine sei den Leuten näher, auch weil er medial präsenter sei. Auch in der Schule seines Sohnes spreche man über den Krieg. Sein großer Sohn geht in die vierte Klasse. "Er hat nachgefragt: 'Mensch Papa, musst Du denn da auch in den Krieg?'". Er versuche, seinen Sohn dann zu beruhigen und zu versichern, dass er aktuell nicht gehen müsse. Langfristig garantieren kann das kein Soldat. Erst recht nicht in dieser Zeit.

(*) Hinweis der Redaktion: Zum Schutz des Soldaten und auf Bitten der Bundeswehr haben wir auf die Nennung des Nachnamens verzichtet. Während des Interviews war ein Presseoffizier der Bundeswehr zugegen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 23.02.2024, 19:30 Uhr

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Beitrag von Markus Woller & Michael Schon

55 Kommentare

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  1. 55.

    Deswegen hätte ich ihm die Dummheit ja nicht zugetraut. Macron will ablenken, womit macht man das am besten? Mit Säbelrasseln.

    So alt, so dumm. Es darf eben nicht auf einen Einsatz der NATO hinauslaufen, es sei denn der Bündnisfall tritt ein (den es streng genommen schon gegeben hat, verirrte Raketen auf Polen).

    Das weiß Macron.

    " Macron glaubt immer noch, dass Frankreich eine Großmacht ist. Wie wenige beherrscht er die Kunst, zu sich selbst aufzublicken. Hoch zum Präsidenten, der ganz oben über all dem kleinlichen Hickhack um Waffengattungen thront. Damit quälen die Deutschen sich.

    Stattdessen hält Macron lieber große Reden und spekuliert einfach mal laut in die Öffentlichkeit hinein, dass man außer Waffen ja auch noch Menschen in die Schlacht gegen Putin werfen könnte. Wenn man nur will - diesen Vorbehalt immerhin hat Macron gemacht und gesagt, dass es für seinen Vorstoß im Westen im Moment noch keinen Konsens gibt."

  2. 54.

    Der Mann ist garantiert nicht dumm. Wie kommen Sie zu dieser abwertenden Beurteilung ? Er hat eine Top-Ausbildung. Im Prinzip hat er die Stellung und die Optionen wie ein Großmeister beim Schach analysiert, durch gerechnet und daraus seine Schlüsse gezogen. Die sind natürlich nicht schön, aber als ein Ergebnis durchaus nachvollziehbar. Es wird wahrscheinlich auf einen Einsatz der NATO hinauslaufen, wenn man nicht wortbrüchig werden, Putin seinen Weg fortsetzt und nicht einlenkt. Wer soll denn der Ukraine zum Sieg verhelfen, wenn dass das finale Ziel der Endsieg ist ?

  3. 53.

    Hallo Immanuel!

    Die russischen Fernsehsender wurden nicht wegen Propaganda oder Ähnliches minimiert, sondern weil Unterlagen nicht vollständig waren ( auch bei westlichen Sendern, die eigenartiger Weise heute noch zu empfangen sind )!?

    Ich bin kein Fan von etwas das auch einen Teil meiner Verwandtschaft treffen könnte die vor Ort lebt, nur lag die Schuld bei 2 politischen Systemen ( Eins welches die russische Föderation erbaute, das Andere welches die Ukraine teils Russischer Seite enteignete )!

    Raten Sie mal, Welche Seite was getan hat???

  4. 52.

    Macron will von seinen und Frankreichs Problemen ablenken. Der Vorschlag, der keiner ist, wird selbstverständlich von interessierter Seite dankbar aufgenommen.

    So eine ausgesprochene Dummheit hätte ich Macron nicht zugetraut.

  5. 51.

    Wie Recht Sie haben. Wir müssen alles tun um unsere Demokratie zu erhalten. Egal wie schwer es ist oder wird. Solche Leute wie Putin und Co dürfen nie wieder an die Macht.

  6. 50.

    Das ist nicht ihr Ernst oder? Die Unterstützung für den syrischen Diktator ist ihnen unbekannt? Glaube ich nicht.

  7. 49.

    Wann wird endlich Frieden ohne Waffen geschaffen ? Die Vorstellung, dass keiner zum Krieg hingeht, wurde schon eingelöst. Besonders die Grünen sind da ganz konsequent. Alle sitzen im warmen Wohnzimmer und halten lieber Maulaffen feil. Macron hat schon die zukünftige Richtung angedeutet. Vielleicht etwas zu früh, denn es muss noch bei den anderen , wie Strack-Zimmermann, etwas reifen. Wenn aber die Versprechungen ernst gemeint sind, wird es wohl in letzter Konsequenz so kommen müssen. Oberst Kiesewetter, Hofreiter und andere in Uniform bringen den Russen bei,
    zu verlieren !

  8. 48.

    Die EX NVA Offiziere sind jetzt in der AFD? Können Sie Ihre Behauptung mit Zahlen und Fakten belegen? Oder gehen bei Ihnen alle Feindbilder geistig zu einer Einheit über?

  9. 47.

    Bitte klären Sie mich im Zusammenhang Russland/Syrien auf.

  10. 46.

    Sie stellen die Ostdeutschen in ein schlechtes Licht, was schreiben Sie denn da, nirgends hat irgendjemand das behauptet, was sie hier verkünden. Der Ostdeutsche braucht etwas länger um zu begreifen, dass die Vergangenheit nur noch Vergangenheit ist und man mit der Wahl der AfD vielleicht wieder ähnliche, anheimelnde Unterordnung erfährt, wie damals, weil es doch so schön war.
    Wer mit der Freiheit nichts anfangen kann, wählt AfD. Nichts aus der Geschichte gelernt, absolut nichts.

  11. 45.

    Ich glaube, wenn das (flächenmäßig) größte Land der Erde von "Heim-ins-Reich" zu "Reich-ins-Heim" für den Woschd und seine Kamarilla umschwenken würde, wäre das Leben vieler Soldaten in nah und fern entspannter.

  12. 43.

    Schade, das auch im Zusammenhang mit diesem Krieg gleichzeitig die im "Osten " von Ihnen als Menschen ohne eigenes Denkvermögen dargestellt werden. Wer ist denn hier ewig gestrig? Ich bin einfach nur froh, jeden Morgen wieder aufzuwachen, ohne alles verloren zu haben.

  13. 42.

    Schade, das auch im Zusammenhang mit diesem Krieg gleichzeitig die im "Osten " von Ihnen als Menschen ohne eigenes Denkvermögen dargestellt werden. Wer ist denn hier ewig gestrig? Ich bin einfach nur froh, jeden Morgen wieder aufzuwachen, ohne alles verloren zu haben.

  14. 41.

    @Jüngstes Gericht, selten so einen gut passenden Kommentar gelesen wie Ihrer.
    Ich gestehe, ich hatte lange nach den 24.Febr. 2022 zu Verhandlungen und Kompromisse wegen Frieden geraten, inzwischen musste ich erkennen, bei Putin ist es schier unmöglich.
    Ihre Ansicht “, passt zu der Ansicht einer Online- Keniazeitung aus dem Jahr 2022: „ Der alte Mann sollte besser mit seinen Enkel am Beach spielen statt Krieg spielen…“Zitat.
    Ja, der Osten braucht noch länger um klar zu erkennen, wenn überhaupt!



  15. 40.

    "Macron schließt Einsatz von Bodentruppen nicht aus" - titelt tagesschau.de
    Dann ist die Diskussion über die Taurus-Marschflugkörper hinfällig.
    Die Bundeswehr bedient sich der Pläne, die im Museum der Deutschen Geschichte liegen und wir Bürger?
    Dem bleibt die Frage, wann wer wo die A-Bombe einsetzt.
    Mich kotzt der Krieg, der nicht der unser ist, an.

  16. 39.

    Liebe Foristi, es gibt keinen Frieden, nur weil ihr Frieden ruft. Den gibt es nur, wenn ihr euren Frieden verteidigt. Es gibt keine Verhandlungen, wenn der Aggressor das nicht will, vielleicht im Kreml nachfragen. Das Erwachen manch eines Ostdeutschen sollte etwas länger dauern, denn manch einer hat noch das Wort Druschba im Ohr.
    Nun ruft aber keiner mehr Druschba, sondern schickte uns fiktiv lieber Raketen auf Berlin, so geäußert.
    Das muss rhetorisch für alle verständlich sein. Russland hat uns zum Feind erklärt. Der hybride mediale Krieg gegen unsere Demokratie läuft ja, der hybride Krieg mit der Migration auch, da hat der verlängerte Arm Putins nämlich auch gleich ein Thema. Die AfD arbeitet als verlängerter Arm Putins.
    Also gegen uns. Macht endlich die Augen auf, ihr Friedenstäubchen.

  17. 38.

    Gerade im Osten können Menschen noch nicht klar erkennen, in welcher Situation wir uns befinden. Putin würde hier durchmarschieren, wenn es die NATO nicht gäbe. Unser aller Leben ist dem Mann komplett egal. Da geht es um Macht und Größenwahn, um Unmenschlichkeit, um Gnadenlosigkeit. Deshalb gibt es ja Demokratien, deshalb sind Demokratien so wichtig für das friedliche Miteinander, weil da nie ein Verrückter machen kann, was er allein will und wer nicht mitmacht, einfach umgebracht wird.
    Das schöne Miteinander in einer friedlichen Welt scheint vorbei, die Vergangenheit holt uns ein. Ein einziger alter Mann nimmt sich das Recht heraus, anderen Menschen das Land streitig zu machen, Kinder und Frauen und Alte zu töten. Dem jüngsten Gericht wird er ganz sicher nicht entgehen.

  18. 37.

    "Auch wenn die Charta der Vereinten Nationen nach wie vor eine Feindstaatenklausel enthält, sieht die Bundesrepublik laut Veröffentlichungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aufgrund der einschlägigen Resolution der UN-Generalversammlung (2005) zu einem gesonderten Verfahren keinen Anlass. "

    "Die AfD dringt immer wieder auf Reformen der Charta der Vereinten Nationen. So forderte sie die Bundesregierung in einem Antrag Ende Oktober 2020 unter anderem dazu auf, sich beharrlich für die Streichung der Feindstaatenklausel aus der Charta der Vereinten Nationen einzusetzen."

    Daher weht also der Wind. Macht nix, sind nur Koko Lores, ähhh... Kinkerlitzchen, nicht wahr?

  19. 36.

    Vielleicht haben viele noch nicht mitbekommen, Putin hasst uns, hetzt gegen uns und schreibt Geschichtsbücher um, wie die Hamas, Erdogan, Hitler. Manipulation durch Falschinformation. Wer eine Gruppe dazu bringt, eine andere von Kindesbeinen an zu hassen, der manipuliert diese Gesellschaften gegen Freiheit und Weltoffenheit. So sind jene Diktatoren, Autokraten die Marionettenspieler, die die Fäden in der Hand haben. Ob über Religion oder ethnische Abgrenzung, bei vielen Menschen fruchtet dieser Keim. Freidenkende leben in diesen Gesellschaften gefährlich. Ich sehe in Putin etwas Vergangenes, etwas sehr Böses, und wir sollten diese, uns alle bedrohende Gefahr auch so benennen, damit jeder sich dessen bewusst wird, welche Bedrohung es tatsächlich unausgesprochen gibt.

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