Geld durch Organisierte Kriminalität - Warum Berlin 2023 so wenig illegales Vermögen eingezogen hat

Mi 21.02.24 | 15:13 Uhr | Von Sabine Müller
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Symbolbild: Beschlagnahmte Geldbündel liegen in einer Tasche.(Quelle:picture alliance/dpa/Landeskriminalamt NRW)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.02.2024 | Sabine Müller | Bild: picture alliance/dpa/Landeskriminalamt NRW

Das Land Berlin hat sein erklärtes Ziel, mehr durch Straftaten erworbenes Vermögen einzuziehen, im vergangenen Jahr deutlich verfehlt. Arbeitet die Justiz etwa nicht ordentlich? Von Sabine Müller

  • Im Jahr 2023 wurde in Berlin illegales Vermögen von 4,9 Millionen Euro eingezogen
  • Angepeilt wurden eigentlich 130 Millionen Euro
  • Die Staatsanwaltschaft verweist auf die Komplexität solcher Einziehungen
  • Zudem gibt es personelle Engpässe bei den zuständigen Ermittlern

Berlins Kriminelle dort treffen, wo es ihnen besonders weh tut, beim Geld. Das hat Justizsenatorin Felor Badenberg als eines ihrer wichtigsten Ziele ausgegeben. Mehr illegal erworbenes Vermögen vor allem der Organisierten Kriminalität soll eingezogen werden - soweit die Theorie.

Die Praxis sieht aber anders aus. Zwar hat die Berliner Justiz im vergangenen Jahr entschieden, dass eine Rekordsumme an Vermögen eingezogen werden sollte - insgesamt fast 130 Millionen Euro. Aber tatsächlich eingezogen wurden nur 4,9 Millionen Euro, sogar weniger als im Jahr davor. Wie kann das sein?

In Berlin gilt das Brutto-Prinzip

Eigentlich scheint die Rechnung klar: Auf der einen Seite stehen die knapp 130 Millionen Euro, die nach Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft eingezogen werden sollten. Und auf der anderen Seite die gerade mal 4,9 Millionen, die letztlich in der Stadtkasse landeten – nicht mal vier Prozent der Gesamtsumme. Das ist kläglich, oder? Falsche Rechnung, sagt Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Strafverfolgungsbehörden. Denn es seien für Berlin gar nicht 130 Millionen Euro zu holen gewesen, sondern deutlich weniger. Unter anderem weist Büchner darauf hin, dass in Berlin das sogenannte Brutto-Prinzip gelte.

Beispiel: Ein Drogendealer kauft für eine Million Euro Drogen und verkauft sie für drei Millionen. Der Mann fliegt auf und auf die Gesamtliste des einzuziehenden Geldes werden drei Millionen geschrieben. Die nicht mehr vorhandene Million, die für den Drogenkauf draufging, wird nicht rausgerechnet. Ein weiterer Punkt, sagt Büchner: das ergaunerte Geld sei oft längst ausgegeben. "Denn wenn wir von den Taten überhaupt erfahren, sind wir schon im zeitlichen Verzug, das heißt: das Geld könnte schon weg sein."

Verfahren zur Vermögenabschöpfung laufen oft jahrelang

Die Justizverwaltung betont zudem: Bevor Geld in die Stadtkasse fließe, würden erstmal mögliche Opfer der Straftaten finanziell entschädigt, das seien oft erhebliche Millionen-Beträge. Und dann noch dies: Verfahren zur Vermögenabschöpfung liefen oft jahrelang, da könne man nicht genau sagen, wann Geld reinkomme. Einzelne Zahlen aus einzelnen Jahren solle man deshalb nicht als Erfolg oder Misserfolg werten, so Badenberg.

Der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg erkennt an, dass Vermögensabschöpfung ein schwieriges Geschäft ist: "Weil auch die kriminelle Seite, die Organisierte Kriminalität, besser darin wird, ihre Vermögenswerte zu verschleiern und dem Zugriff der Staatsanwaltschaft zu entziehen."

Probleme mit Krypto-Währungen

Schlüsselburg, sonst oft sehr kritisch unterwegs, bewertet die Arbeit der Staatsanwaltschaft als gut und lobt die Senatorin dafür, dass mehr Personal für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität inklusive Vermögenseinziehung bewilligt wurde. Allerdings ist ein Großteil der mehr als drei Dutzend neuen Stellen noch nicht besetzt:

"Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass wir die Personaldecke einfrieren auf dem jetzigen Niveau oder Gott bewahre auch noch absenken, da gibt’s ja auch Diskussionen aufgrund der schwierigen Haushaltssituation. Das darf auf keinen Fall passieren", sagt Schlüsselburg.

Kritik übt der Linken-Abgeordnete, weil eine Zentralstelle der Berliner Staatsanwaltschaft, die schon 2018 eingerichtet wurde, um beschlagnahmte Krypto-Währungen von Kriminellen zu verwerten, bisher nicht wirklich arbeitsfähig ist. Denn noch fehlt eine Partner-Bank, bei der das Krypto-Geld in Euro eingewechselt werden kann. Ein Vertragsabschluss stehe aber unmittelbar bevor, beruhigt Justiz-Sprecher Büchner - und ergänzt: "Das Geld haben wir ja. Es ist nach wie vor vorhanden, es ist von uns blockiert. Insofern brennt da nichts an."

Vorhersagen sind schwierig

Das vergangene Jahr hat gezeigt, wie schwierig es ist, vorherzusagen, wie viel Geld Berlin aus der Einziehung von illegalem Vermögen einnehmen kann. Die rot-grün-rote Regierung, die den Haushalt für 2023 verantwortete, hatte mit zehn Millionen gerechnet, letztlich wurden es eben nur knapp halb so viel.

Justizsenatorin Felor Badenberg bleibt trotzdem optimistisch. 25 Millionen Euro Einnahmen hat sie für dieses und nächstes Jahr angesetzt und auf die Frage, ob sie weiter davon ausgehe, dass dies erreichbar sei, antwortet die Verwaltung kurz und knapp: Ja.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.02.2024, 9 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

13 Kommentare

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  1. 13.

    Die Antwort auf Ihre Frage ist leicht zu beantworten : Nichts !

  2. 12.

    Oft sind es Datenschutzgründe, fehlende bundesweite oder sogar europaweite Vernetzungen, um schneller und effektiver arbeiten zu können. Wenn es um die Kriminalitätsbekämpfung geht, auch präventiv, wünschte ich mir manchmal amerikanische Verhältnisse. Es ist ja längst keine Fiktion, was in heutiger digitaler Zeit eigentlich alles möglich wäre. Personelle Engpässe könnten beseitigt werden, indem man einfach besser digital vernetzt wäre und Menschen beschäftigt, die das Digitale leben. Berlin und Deutschland wäre nicht nur in der Kriminaltätsbekämpfung ein großes Stück weiter, sondern könnte mehr illegal erworbenes Geld einziehen. Tja, wenn da nicht wieder der Datenschutz wäre und jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kochen würde. Viele Köche verderben den Brei, heißt es. Und wir schießen uns damit also immer wieder freiwillig ins Knie.

  3. 11.

    Für Ermittler ist kein Geld da, aber Herr Wegner und seine Freundin schaffen einfach mal grundlos Stabsstellen für ihre Freunde die dann mit jeweils 10.000 Euro Gehalt dotiert sind. Was hat Herr Wegner in Bezug auf Sicherheit, Strafverfolgung und Ordnung in der Stadt in seinem Amt als Bürgermeister bis jetzt geleistet, außer öffentlichkeitswirksam durch den Görlitzer Park zu spazieren und was von Mauern zu erzählen?

  4. 10.

    Wenn sich die Aufregung über die Wannsee-Konferenz 2.0 und millionenfache Vertreibung gelegt hat, könnte man im gleichen Stil eine neue Kampagne gegen kriminelle Machenschaften starten. Das müsste doch noch mehr Menschen auf die Straße bringen ?!

  5. 9.

    aber niemand da sein wird, der diese Entscheidungen auch vollstreckt. Immer mehr Rechtspfleger verlassen wegen schlechter Bezahlung und noch schlechteren Arbeitsbedingungen nämlich den Vollstreckungsbereich der Staatsanwaltschaft Berlin. Da sollte der RBB einmal nachhaken und nicht immer nur die Staatsanwaltschaft mit Staatsanwälten gleichsetzen bzw. die Justizsenatorin danach befragen.

  6. 8.

    Es wird in diesem Zusammenhang leider immer vergessen, dass zusätzliche Stellen bei den Staatsanwälten erst einmal gar nichts bewirken, denn egal wieviele Verfahren durch diese eingeleitet oder zu einem rechtskräftigen Abschluss geführt werden, für die Einziehung sind die Rechtspfleger in der Vollstreckung zuständig. Diese kleine Gruppe findet jedoch selten bis nie Beachtung, nicht mal bei der Justizsenatorin. So wird es kommen, dass zwar immer mehr Einziehungsentscheidungen abgeurteilt werden,

  7. 7.

    Wenn Politiker die Einnahmen, die aus den Straftaten resultieren im Haushalt einplanen und zwar bevor diese Straftaten begangen worden sind, würde es nicht mehr Sinn machen an das Gewissen der Straftäter zu appellieren, damit diese sich mehr anstrengen? Jede(r) sollte doch einen Beitrag leisten.
    Aber Scherze beiseite.
    Das Wunschdenken der Politiker und die Tatsache dass es ohne Proteste und Hinterfragen vom Bürger hingenommen erstaunt mich immer wieder.

  8. 6.

    25 Millionen sind ein Witz nahe an der vorsätzlichen Volksverdummung, Gewinne in Milliardenhöhe werden verschleiert, siehe Benko u. Co, siehe die Maskendealer von CSU / CDU aus der Coronazeit usw usw, Durchsuchungen von Shisha-Bars werden ins Schaufenster gestellt, auch da wird sicherlich gegen geltendes Recht verstoßen, aber wenn mann die Grossen vorsätzlich oder mangels Mut laufen lässt ist das beschämend, peinlich, und nicht rechtsstaatlich.

  9. 5.

    Wir haben gerade selbst erlebt wie die Staatsanwaltschaft ermittelt … schlecht ist noch geprahlt. Aber bei uns ging es ja auch nicht um Millionen sondern nur darum das alte Leute ausgenommen werden.

  10. 4.

    Im überproportional vertretenen linksgrünen Berliner Milieu sind alle aus Überzeugung und ideologisch grundehrlich. Die paar Spitzbuben fallen da gar nicht ins Gewicht. Besonders linke und linksliberale Akademiker im reiferen Alter stehen wirtschaftlich gut da, und haben kein Grund krumme Dinger zu drehen. Da alle brav ihre Steuern bezahlen, kann man ein wenig Schwund verschmerzen. Außerdem kann man mit ein paar Millionen, wo doch nur noch in Milliarden gerechnet wird, auch gar nichts großartig bewegen, wie man am geplanten Kanzelamt-Anbau sehen kann.

  11. 3.

    Was wird denn mit dem eingezogen Geld gemacht? Das würde mich sehr interessieren

  12. 2.

    Die schaffen es nicht mal legales Vermögen einzuziehen.... nach alter Westberliner Manier die Republik zahlt schon für uns.... mit nihilistischer Arbeitsmoral wird das nix...

  13. 1.

    kann auch keiner mehr finden...

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