Parteien - Wahl-Analyse legt tiefe Spaltung der Berliner SPD offen
Flügelkämpfe, persönliche Streits, Gerangel um Macht: Eine von der Berliner SPD in Auftrag gegebene Studie kommt zu keinem guten Ergebnis über das Auftreten der Partei. Für eine Spitzenkraft gibt es besonders schwache Noten. Von Sebastian Schöbel
Eine von der Berliner SPD in Auftrag gegebene Analyse zu den Wahlen 2021 und 2023 stellt der Partei ein teils verheerendes Zeugnis aus. Die Partei sei durch interne Macht- und Flügelkämpfe tief gespalten und zerstritten, schreiben der FU-Politologe Thorsten Faas und die Politikberaterin Jana Faus.
Besonders gravierend sei der ideologische Streit über "linke", "konservative" oder "pragmatische" Politik der SPD, heißt es in der Analyse, die dem rbb vorliegt. Das habe sich unter anderem bei der Entscheidung für die CDU als Koalitionspartner nach der Wiederholungswahl 2023 gezeigt.
Besonders deutliche Kritik an Giffey
Für die Studie nahmen mehr als 1.500 SPD-Mitglieder an einer schriftlichen Befragung über den Zustand der Partei teil, außerdem wurden mit 26 hochrangigen Mitgliedern anonymisierte Interviews geführt. Vor allem deren Aussagen dürften in der SPD nun für Aufsehen sorgen, da sie zum Teil grundsätzliche Probleme vor allem beim Umgang miteinander in der Partei offenlegen. Die Rede ist von persönlichen Streitigkeiten, "Silo-Denken" und Gerangel um Macht.
Besonders kritisch bewertet die Analyse auch die scheidende Landesvorsitzende und ehemalige SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Deren Wahlkämpfe 2021 und 2023 seien von strategischen Fehlern geprägt gewesen. Die rot-grün-rote Koalition habe vor allem unter Giffeys zerrüttetem Verhältnis mit Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch gelitten.
Am 25. Mai wird neue Landesspitze gewählt
Ursprünglich sollte das Papier intern in einer speziellen Kommission ausgewertet und diskutiert werden, um es dann am 21. März offiziell vorzustellen. Doch das sensible Papier wurde an Medienvertreter durchgesteckt, am Dienstag berichtete zuerst die "Morgenpost" darüber.
"Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass die Analyse schon jetzt an die Öffentlichkeit gelangt ist", heißt es nun in einer Email der beiden Kommissionsvorsitzenden Cansel Kiziltepe und Michael Biel an die SPD-Mitglieder. Aus diesem Grund habe der Parteivorstand entschieden, die Analyse frühzeitig allen Parteimitgliedern zur Verfügung zu stellen.
Die verfrühte Veröffentlichung der Analyse platzt mitten hinein in die personelle Neuausrichtung der Berliner SPD. Am 25. Mai soll ein neuer Landesvorstand gewählt werden. Vorab ist eine Mitgliederbefragung über die Kandidatinnen und Kandidaten geplant. Zur Wahl gestellt haben sich drei Teams: Der amtierende SPD-Landeschef Raed Saleh tritt zusammen mit Luise Lehmann an, die ehemalige Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini mit Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel, und die SPD-Frauen-Vorsitzende Jana Bertels mit Kian Niroomand, dem Vorsitzenden der SPD in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Sendung: rbb24, 6.3.2024, 21:45 Uhr