Parteien - Wahl-Analyse legt tiefe Spaltung der Berliner SPD offen

Mi 06.03.24 | 18:31 Uhr
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Archivbild: Die Vorsitzenden der SPD Berlin Franziska Giffey und Raed Saleh beim Abschluss-Wahlkampf in Berlin am 09.02.2024.(Quelle: picture alliance/Christoph Soeder)
Bild: picture alliance / Christoph Soeder

Flügelkämpfe, persönliche Streits, Gerangel um Macht: Eine von der Berliner SPD in Auftrag gegebene Studie kommt zu keinem guten Ergebnis über das Auftreten der Partei. Für eine Spitzenkraft gibt es besonders schwache Noten. Von Sebastian Schöbel

Eine von der Berliner SPD in Auftrag gegebene Analyse zu den Wahlen 2021 und 2023 stellt der Partei ein teils verheerendes Zeugnis aus. Die Partei sei durch interne Macht- und Flügelkämpfe tief gespalten und zerstritten, schreiben der FU-Politologe Thorsten Faas und die Politikberaterin Jana Faus.

Besonders gravierend sei der ideologische Streit über "linke", "konservative" oder "pragmatische" Politik der SPD, heißt es in der Analyse, die dem rbb vorliegt. Das habe sich unter anderem bei der Entscheidung für die CDU als Koalitionspartner nach der Wiederholungswahl 2023 gezeigt.

Besonders deutliche Kritik an Giffey

Für die Studie nahmen mehr als 1.500 SPD-Mitglieder an einer schriftlichen Befragung über den Zustand der Partei teil, außerdem wurden mit 26 hochrangigen Mitgliedern anonymisierte Interviews geführt. Vor allem deren Aussagen dürften in der SPD nun für Aufsehen sorgen, da sie zum Teil grundsätzliche Probleme vor allem beim Umgang miteinander in der Partei offenlegen. Die Rede ist von persönlichen Streitigkeiten, "Silo-Denken" und Gerangel um Macht.

Besonders kritisch bewertet die Analyse auch die scheidende Landesvorsitzende und ehemalige SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Deren Wahlkämpfe 2021 und 2023 seien von strategischen Fehlern geprägt gewesen. Die rot-grün-rote Koalition habe vor allem unter Giffeys zerrüttetem Verhältnis mit Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch gelitten.

Am 25. Mai wird neue Landesspitze gewählt

Ursprünglich sollte das Papier intern in einer speziellen Kommission ausgewertet und diskutiert werden, um es dann am 21. März offiziell vorzustellen. Doch das sensible Papier wurde an Medienvertreter durchgesteckt, am Dienstag berichtete zuerst die "Morgenpost" darüber.

"Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass die Analyse schon jetzt an die Öffentlichkeit gelangt ist", heißt es nun in einer Email der beiden Kommissionsvorsitzenden Cansel Kiziltepe und Michael Biel an die SPD-Mitglieder. Aus diesem Grund habe der Parteivorstand entschieden, die Analyse frühzeitig allen Parteimitgliedern zur Verfügung zu stellen.

Die verfrühte Veröffentlichung der Analyse platzt mitten hinein in die personelle Neuausrichtung der Berliner SPD. Am 25. Mai soll ein neuer Landesvorstand gewählt werden. Vorab ist eine Mitgliederbefragung über die Kandidatinnen und Kandidaten geplant. Zur Wahl gestellt haben sich drei Teams: Der amtierende SPD-Landeschef Raed Saleh tritt zusammen mit Luise Lehmann an, die ehemalige Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini mit Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel, und die SPD-Frauen-Vorsitzende Jana Bertels mit Kian Niroomand, dem Vorsitzenden der SPD in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Sendung: rbb24, 6.3.2024, 21:45 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Jarasch kann sich ja gerne als Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz dazu geäußert haben, zuständig war sie nicht.

    Das war Geisel als Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in Berlin.

  2. 36.

    "Legt Brandenburg und Berlin zusammen und schon gibt es in der SPD ein paar Probleme weniger!"
    Das lehnten die Bürger glücklicherweise schon vor Jahren ab und das ist auch gut so!

  3. 35.

    Jarasch war die zuständige Politikerin.

    "13.08.21 –
    Zur Jury-Entscheidung für einen Entwurf zum Pankower Tor erklärt Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin:

    "Hier gilt buchstäblich: Was lange währt, wird endlich gut. Wo ursprünglich vor allem Möbelhäuser und Parkplätze entstehen sollten, wird jetzt ein Stadtquartier mit dringend benötigten Wohnungen, Schulen und viel Mehrwert für die Pankower entstehen. Das ist ein sozial-ökologisches Modellprojekt für ganz Berlin. Hier zeigt sich: Berlin muss selber aktiv einen Rahmen vorgeben, damit das gebaut wird, was in dieser Stadt gebraucht wird. "

    Jarasch und ihr Modellprojekt für ganz Berlin kam in Verzug. Stand heute, wann gebaut wird, ist offen.

  4. 34.

    "13.08.21 –
    Zur Jury-Entscheidung für einen Entwurf zum Pankower Tor erklärt Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin:

    "Hier gilt buchstäblich: Was lange währt, wird endlich gut. Wo ursprünglich vor allem Möbelhäuser und Parkplätze entstehen sollten, wird jetzt ein Stadtquartier mit dringend benötigten Wohnungen, Schulen und viel Mehrwert für die Pankower entstehen. Das ist ein sozial-ökologisches Modellprojekt für ganz Berlin. Hier zeigt sich: Berlin muss selber aktiv einen Rahmen vorgeben, damit das gebaut wird, was in dieser Stadt gebraucht wird. "

    Jarasch und ihr Modellprojekt für ganz Berlin kam in Verzug. Stand heute, wann gebaut wird, ist offen.

  5. 33.

    In der Wirtschaft? Dann gnade uns Gott bei solchem Führungskräften die noch nicht einmal die Kompetenz für Lokalpolitik haben! Legt Brandenburg und Berlin zusammen und schon gibt es in der SPD ein paar Probleme weniger!

  6. 32.

    Exakt das ist auch mein Problem als ehemaliger SPD-Wähler. Niemand weiß, was er bekommen würde. In meinem Fall ist mir das Risiko zu groß, dass am Ende der linke, ideologisch-dogmatische Flügel gewinnt. Da könnte ich auch gleich grün / links wählen. Verstehe sowieso nicht, warum es diesen extrem linken Flügel bei der SPD gibt und Unterstützer nicht gleich in den anderen genannten Parteien "anheuern". In meinem Bekanntenkreis ist es auch genau der Flügel, der die SPD gesamtheitlich unwählbar macht! Aber ja, das mag woanders anders sein, Bubble und so.

  7. 31.

    Gute Nacht? Ob die noch schlafen können, wage ich zu bezweifeln. Das Märchen vom Fischer und seiner Frau trifft es eher, Ende bekannt.

  8. 30.

    Als wenn sie jemals sPD gewählt hätten... und was hat Jarasch mit dem Bauprojekt Pankower Tor zu tun?

  9. 29.

    Es geht vielen so wie mir: Die SPD ist für mich nicht mehr wählbar. Was wählt man, wenn man die SPD wählt? Grün-Linken Aufguss? Bei dem schlechten Verhältnis zwischen der Grünen Jarrasch und SPD-Giffey sehe ich allerdings den größeren Anteil der Zerrüttung bei Jarrasch. Deswegen ist es gut, dass die Grünen aus der Regierung verschwunden sind. Jarrasch' Vorstellungen von "Straßenmöbeln" in der Friedrichstraße sind noch in guter Erinnerung. In der Sache hat Jarrasch so gut wie nichts bewegt, wenn ich beispielsweise an das Bauprojekt Pankower Tor denke.

  10. 28.

    Kein Wunder, dass Deutschland bei so einer Denkweise zur Mittelmäßigkeit verkommt. Wenn das der Anspruch an unsere gewählten Leader ist, dann gute Nacht.

  11. 27.

    Quo vadis SPD?
    Die Probleme der Partei könnten auch im Herbst in Brandenburg noch von Bedeutung werden.
    In Thüringen und Sachsen bewegt sich die Partei ja schon auf die 5% zu.

  12. 26.

    Ach, die SPD ist tief gespalten? Sowas aber auch ...

  13. 25.

    Um die Zukunft zu meistern, bedarf es politische Entscheidungen, die teilweise „utopisch“ sind. Verkehrswende, Klimawende usw. Das löst kein konservativer Politiker. Und Frau Giffey schon gar nicht.

  14. 24.

    Viele Köche verderben den Brei, aber wenigstens hat die SPD kein nachgewiesenes Korruptionsproblem. Ist doch auch schon was.

  15. 23.

    Wie sehr enttäuscht wird man bei der SPD erstmal sein, wenn man bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl unter zehn Prozent landet,

  16. 22.

    Ach ja, die alte Leier: Aus dem "gespaltene-SPD-Beitrag" Grünen-Bashing machen...

  17. 21.

    Es ist schon spannend, dass gleich eine Interpretation von den Durchstechern mitgeliefert wird. In wessen Interesse das wohl war?
    Vergessen wurde bei der Auslegung offenbar, dass Frau Giffey als eine der wenigen versucht hat, die Linie der SPD in der R-R-G-Koalisation beizubehalten, anstatt die Partei gesichtslos hinter den Grünen verschwinden zu lassen.
    Und wem bon den Mitgliedern die SPD nicht links genug ist, für den gibt es sicher Angebote in der existierenden Parteienlandschaft.

  18. 20.

    Sehe ich genauso. Frau jarrasch war der Part, der immer das Gegenteil wollte. Schon vergessen? Die Grünen waren doch immer dagegen, jetzt auch wieder.

  19. 19.

    Armer August Bebel, Ferdinand Lassalle. Herbert Wehner. Nach Willy Brand ein zielloser Haufen

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