Märkisch-Oderland - Warum scheidende Kreistagsabgeordnete gestellte Tablets behalten dürfen

Di 25.06.24 | 12:13 Uhr
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Ein Schüler der achten Klasse tippt in einer Schule auf einem iPad. (Quelle: dpa-Bildfunk/Rolf Vennenbernd )
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Audio: Antenne Brandenburg | 25.06.2024 | Philipp Gerstner | Bild: dpa-Bildfunk/Rolf Vennenbernd

Tablets sind in der Kommunalpolitik inzwischen unverzichtbar. Während Märkisch-Oderland weiter selbst Geräte ausgibt, zahlen einige Landkreise jetzt Pauschalen für den Kauf. Eltern fordern das auch für Schulen.

Auch in den Ostbrandenburger Kreistagen wird mittlerweile digital gearbeitet. Anträge und Unterlagen werden längst nicht mehr per Post versendet. Das macht die Arbeit für die Abgeordneten effizienter und komfortabler.

Damit jedes Kreistagsmitglied Zugriff auf alle Unterlagen hat, bekommen die Abgeordneten beispielsweise in Märkisch-Oderland zum Amtsantritt ein Tablet vom Landkreis gestellt. Bis zu 65 Tablets sind pro Wahlperiode im Umlauf, heißt es auf Anfrage, 57 davon sind in den Händen von Abgeordneten. Kostenpunkt: 780 Euro pro Stück, für ein Ipad der zehnten Generation mit 64 Gigabyte Speicher.

Geräte nach fünf Jahren überaltet

Das klinge im ersten Moment teuer, doch würden dadurch allein beim Papierdruck jedes Jahr tausende Euro gespart, so die Verwaltung. Doch was passiert mit den Geräten, wenn sich der Kreistag neu bildet? Die letzte Sitzung des bisherigen Kreistages in Märkisch-Oderland war am 29. Mai. Dort hieß es, dass die Abgeordneten die Tablets behalten dürfen, auch die scheidenden.

Schon jetzt sind neue Geräte für den kommenden Kreistag bestellt. Warum die alten Tablets nicht weitergegeben werden können, begründet der Pressesprecher von Märkisch-Oderland, Thomas Berendt so: "Ehrlicherweise haben die Tablets ihre Lebensgrenze erreicht. Die sind jetzt fünf bis sechs Jahre alt. Die Akkus lassen nach, müssen ständig geladen werden. Dazu kommt, dass der Support für verschiedene Software-Varianten eingestellt wird und sich damit auch Sicherheitslücken auftun. So schön es auch wäre, die Geräte weiter zu nutzen, macht das mit Aufwand und Nutzen keinen Sinn."

Auch in der Kreisverwaltung habe man keine Verwendung für die Geräte, so Berendt weiter. Somit gehen die Tablets in den Privatbesitz der Abgeordneten über. Eine Ablösesumme muss in Märkisch-Oderland nicht bezahlt werden.

Aufwandsentschädigungen in anderen Landkreisen

Das Gleiche gilt im Landkreis Oder-Spree. Auch dort sind die Tablets nach fünf Jahren abgeschrieben und bleiben bei den Kreistagsmitglieder, teilte eine Sprecherin mit. Nur wer sein Amt vorzeitig verlässt, müsse sein Gerät zurückgeben oder eine Ablösesumme zahlen. Nun wurden die Regelungen aber verändert. Statt eigene Geräte auszugeben, erhalten die Abgeordneten den Angaben zufolge für die Anschaffung von Notebooks oder Tablets eine einmalige Aufwandsentschädigung in Höhe von 500 Euro. Nach Auszahlung müsse dann ein Nachweis für die Verwendung des Geldes beim Kreis vorgelegt werden.

Im Barnim müssen die Abgeordneten ihre ausgehändigten Tablets dagegen wieder zurückgeben. Die Geräte könnten so schon bald in der Verwaltung oder im Ehrenamt weitergenutzt werden, heißt es aus der Verwaltung dem rbb gegenüber. Doch auch hier werden ab jetzt keine Geräte mehr gestellt, sondern wie in Oder-Spree Pauschalen von 500 Euro oder eine Aufwandsentschädigung von zehn Euro pro Monat gezahlt.

Im Oderland wolle man dagegen auch weiter an eigenen Geräten festhalten, sagt Sprecher Behrendt. Denn die würden durch die kreiseigene Informationstechnik betreut. Dadurch seien die Politiker bei Software und Sicherheit immer auf dem neuesten Stand.

Kreiselternrat fordert bezahlte Geräte auch für Schulen

Dagmar Wilde vom Kreiselternrat Märkisch-Oderland findet es nicht gut, dass die Kreistagsmitglieder die teuren Geräte quasi geschenkt bekommen. Sie fordert, dass der Landkreis dann auch Tablets für Schülerinnen und Schüler bezahlen sollte. "Die Eltern finden das ungerecht, da sie die Geräte für ihre Kinder selbst finanzieren müssen", sagt Wilde. "Uns ist es natürlich sehr wichtig, dass die Lernmittel-Freiheit eingehalten wird und die Kinder vom Landkreis genauso ausgestattet werden wie die Abgeordneten im Kreistag." Der Kreiselternrat habe deshalb bereits einen Brief an den Kreistag gesendet, um auf die Ungleichbehandlung aufmerksam zu machen.

Zumindest die alten Geräte in der Schule einzusetzen, halten sowohl der Landkreis Barnim als auch der Landkreis Märkisch-Oderland nicht für sinnvoll. "Es hilft den Kindern oder den Lehrern ja nichts, wenn sie Technik bekommen, die völlig veraltet ist oder schon Gebrauchsspuren hat", sagt Märkisch-Oderlands Kreissprecher Thomas Berendt. "Oder der Akku nicht mehr einen ganzen Tag durchhält, sondern nur noch eine halbe Stunde. Von daher ist es ein schöner Gedanke, aber er scheitert leider an der Realität."

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.06.2024, 14:10 Uhr

Mit Material von Philipp Gerstner

4 Kommentare

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  1. 4.

    Ende der Lernmittelfreiheit? Testet MOL die Akzeptanz?
    Laut der Kultusministerkonferenz sind Arbeitsmaterialien, die SuS für den Unterricht brauchen, Lernmittel. Dazu gehören Schulbücher, Taschenrechner, Zirkel und Zeichengeräte. Lehrmittel sind dagegen die Unterrichtsmittel, die zur Ausstattung der Schule gehören, wie z.B. Landkarten oder Materialien für den naturwissenschaftlichen Unterricht. Nach dem Brandenburgischen Schulgesetz (BbgSchulG) sind Lernmittel Schulbücher und andere dem gleichen Zweck dienende Unterrichtsmittel, die für SuS bestimmt sind. Dass die an den Gymnasien in MOL vorgeschriebenen iPads keine Lernmittel sein sollen, ist nicht nachvollziehbar begründet und eine Finanzierung durch die Eltern somit sehr fragwürdig. Bildung sollte zukunftsweisend sein, ein Standortfaktor, ein Entwicklungsmotor und ein Schlüssel, um am Puls der Zeit zu bleiben. Chancengleichheit abzubauen kann nicht der Weg sein.

  2. 3.

    Abgeordnete erhalten Ersatz für Auslagen und Verdienstausfälle, um sicherzustellen, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit finanziell ausgeglichen ist, ohne dass sie daraus einen Vorteil ziehen. Eine Entschädigung darf keine verdeckte Alimentation darstellen und muss sich auf den Ausgleich von Nachteilen beschränken. Die Zahlung mtl. Pauschalen und die Bereitstellung von Tablets sind grds. zulässig. Im Landkreis MOL erhalten Kreistagsabgeordnete 320 Euro mtl., 30 Euro pro Sitzung, 0,30 Euro/Kilometer und ein Tablet. Vorsitzende erhalten eine zusätzliche mtl. Pauschale. Nach Ablauf der Wahlperiode werden den Abgeordneten die Tablets dann noch zusätzlich unentgeltlich überlassen, wenn man das richtig liest. Einen Marktwert haben die Geräte auf jeden Fall noch. Aktuell muss davon ausgegangen werden, dass die Abgeordneten die Tablets nicht aus den Pauschalen selbst finanzieren können, da diese für sonstige Kosten verwendet werden, sonst wären sie zu hoch und ggf. unzulässig. Aber die Schenkung?

  3. 2.

    Acer Iconia W1 und W3 10 Jahre alte Tablets - für 4K-Po.. nicht geeignet - aber fürs Surfen und schreiben - und die richtige SW-Version gekauft läuft auch noch W10 ohne Probleme und Office-Pakete - und die Kreistagsabgeordneten sind sicher nicht so mobil, dass sie, wie im Fernsehen, obwohl zu Hause o. im Büro immer sinnlos zu sehen, ohne Stromstecker arbeiten. Aber das ist in ÖD u. Schulen u. Politik eben Anpassung an das üblich menschliche - wenn ich es nicht zahle - her mit dem Besten von Tic und Pflaume - ach so - sind die dann steuerwerter Vorteil? ;-) Bei uns sind solche Kosten übrigens in dem Bürgergeld mit drin PC u. SW 5 Jahre - rechne .....

  4. 1.

    Der LK MOL ist per Landesverfassung durch die Lernmittelfreiheit zur Übernahme der Kosten für digitale Endgeräte verpflichtet. Dieser Verpflichtung kommt er nicht nach, aus Kostengründen. Man verpflichtet die Eltern derzeit, an allen Gymnasien diese teuren Geräte anzuschaffen. Das mag für einige Gutverdienende nicht entscheidend sein, für andere sind es aber Bezahlschranken für den Zugang zu Bildung. Wahlfreiheit gibt es nicht, Apple muss sein!

    Bei den Abgeordneten ist das Geld plötzlich vorhanden, obwohl diese bereits eine monatliche Aufwandsentschädigung erhalten.

    Auch 5 Jahre alte Geräte haben einen Marktwert. Die Schuleltern müssen die Geräte bei Miete am Ende jedenfalls käuflich erwerben. Kosten dafür sind heute noch unklar, da nicht vertraglich geregelt.


    Schön, dass man die Geräte im Barnim für gute Zwecke oder in der Verwaltung nutzt.

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