280 Einrichtungen potentiell betroffen - Seit Montag fünf Tage Warnstreik in kommunalen Berliner Kitas
Der Konflikt zwischen Verdi und dem Berliner Senat mit seinen Kita-Eigenbetrieben ist verfahren - und die Woche dürfte die Kluft noch erweitern: Bis einschließlich Freitag hat die Gewerkschaft zum Warnstreik aufgerufen - 35.000 Kinder sind betroffen.
In Berlin hat am Montagmorgen ein Warnstreik in den kommunalen Kitas begonnen. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu dem fünftägigen Warnstreik in den Berliner Kita-Eigenbetrieben aufgerufen. 280 städtische Kitas mit etwa 35.000 Kindern sind davon potentiell betroffen. Parallel zu dem Ausstand finden an den kommenden Tagen auch Kundgebungen der Gewerkschaft statt.
Der Berliner Senat verweigere weiterhin die Aufnahme von Verhandlungen über einen Tarifvertrag für pädagogische Qualität und Entlastung für die Kita-Eigenbetriebe, teilte Verdi mit. Dies sei ein "Schlag ins Gesicht der streikenden pädagogischen Fachkräfte, die sich für den Erhalt ihres Berufs einsetzen".
Kita-Eigenbetriebe starten Online-Petition gegen Streiks
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hatte Verdi zuletzt scharf kritisiert und von "Sinnlosstreiks auf dem Rücken der Kinder und Eltern" gesprochen. Nach seinen Angaben kann das Land Berlin nicht über einen entsprechenden Tarifvertrag verhandeln, mit dem Verdi unter anderem Regelungen zu Gruppengrößen und zum Ausgleich von Belastungen festschreiben will. Evers argumentiert, Berlin sei Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und könne deshalb in solchen tarifrechtlichen Fragen nicht allein entscheiden. Die TdL bestätigt das. Verdi kritisiert diese Haltung als nicht glaubwürdig.
Familien- und Jugendstaatssekretär Falko Liecke (CDU) kritisierte am Montagmorgen im rbb24 Inforadio, die Gewerkschaft Verdi trage den Streit auf dem Rücken der Eltern aus. Er bekräftigte die Haltung des Senats, wonach das Land Berlin als Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder keine eigenen Verhandlungen führen kann. "Wir können nicht einfach Tarifverhandlungen mit regionalen Gewerkschaften machen", so Liecke weiter. Das werde ignoriert von der Gewerkschaft Verdi. Zudem gebe es einen durch das Kita-Fördergesetz festgelegten Personalschlüssel.
Vier der fünf städtischen Eigenbetriebe starteten am Freitag eine gemeinsame Online-Petition mit dem Titel "Stoppt die Berliner Kita-Streiks!". In dem Begründungstext heißt es, die Tarifforderungen von Verdi seien weder praxistauglich noch umsetzbar. Sie richteten sich an die falschen Adressaten, da die bestreikten Kitas nicht die Tarifpartner seien. "Inhaltlich gefährden die Verdi-Forderungen die Gleichwertigkeit der Betreuungsangebote in Berlin. Ein separater Tarifvertrag würde unmittelbar zu einer weiteren Spaltung der Kita-Anbieter führen", heißt es in dem Text weiter.
VBE: "Ausstieg aus Tarifgemeinschaft kann kein Gewerkschaftler wollen"
Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Berlin kritisierte Verdi für den Streik und hält diesen eigenen Angaben zufolge für unzweckmäßig: Bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas seien unbedingt notwendig, der VBE Berlin sei aber "entschieden der Ansicht, dass eine entsprechende tarifvertragliche Regelung nicht erreichbar ist", teilte der Verband mit. Der Tarifvertrag könne nur geändert werden, wenn Berlin wieder aus der Tarifgemeinschaft ausscheidet. "Das kann niemand, erst recht kein Gewerkschaftler, wollen." Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien es schlechtere Zeiten gewesen, als Berlin nicht Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Länder war.
Auch der Berliner "Landeselternausschuss Kita" (Leak) übte Kritik an Verdi aus. Vorstandsmitglied Alexandra Bunar-Leyke sagte am Montag auf radioeins vom rbb, es sei nicht möglich, dass die Aktion zu Ergebnissen führt. Die Forderungen, etwa nach mehr Erzieherinnen und Erziehern in den Kitas, könnten nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen erfüllt werden. Zudem fehle es an Personal, um die geforderte Fachkraft-Kind-Relation umzusetzen.
Im Rahmen des Warnstreiks sind laut Verdi an jedem Tag andere Aktionsschwerpunkte vorgesehen, so am Montag mit einer Kundgebung vor der CDU-Zentrale und vor dem Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf. Für Dienstag ist eine Kundgebung vor dem Sitz der Geschäftsleitung des Eigenbetriebs Kindergärten City angekündigt. Deren Geschäftsleitung bat Verdi nun in einem offenen Brief, einen anderen Ort zu wählen, da dort eine Notbetreuung stattfinde, und die Kinder bereits jetzt unter den Folgen des Streiks litten. Die Kindergärten City seien darüber hinaus weder Tarifpartei noch Adressat der Forderungen.
165.000 Kinder in Kitas freier Träger, 35.000 in städtischen Kitas
Nach Angaben des Senats gibt es berlinweit rund 2.900 Kitas, die oft von freien Trägern betrieben werden. Dort werden rund 165.000 Kinder betreut. Der Warnstreik betrifft die etwa 280 städtischen Kitas. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder.
Sendung: rbb24 Inforadio, 07.07.2024, 23 Uhr
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