Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" - Expertenkommission soll "Wege" zu Umsetzung von Enteignungen prüfen

Fr 15.10.21 | 17:28 Uhr
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Demonstranten der Bürgerinitiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" stehen vor dem Kurt-Schumacher-Haus, dem Sitz des Berliner SPD-Landesverbandes. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: Inforadio | 15.10.2021 | Stefan Lauchstädt | Bild: dpa/Annette Riedl

Nach dem Ende der Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und Linken in Berlin am Freitag sagte Giffey vor der Presse, dass eine Expertenkommission einberufen werden solle, "um Wege und Möglichkeiten der Umsetzung zu prüfen". Diese werde sich ein Jahr lang damit beschäftigen und dem Senat dann eine Empfehlung abgeben, der Senat entscheide dann, wie damit umgegangen werde. An der Kommission solle auch die Initiaitive beteiligt werden.

Für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin haben sich beim Volksentscheid am 26. September 57,6 Prozent der Wähler ausgesprochen. Das geht aus dem endgültigen Ergebnis hervor, das die Landeswahlleitung am Freitag veröffentlicht hat. Nach dem vorläufigen Ergebnis waren es 56,4 Prozent. Mit Nein stimmten nach den aktuellen Zahlen 39,8 Prozent.

Expertenkommission soll "Möglichkeiten der Umsetzung prüfen"

Insgesamt nahmen 1.798.308 Berlinerinnen und Berliner an der Abstimmung teil, das sind 73,5 Prozent der Stimmberechtigten. Damit ist auch der vorgeschriebene Anteil von mindestens 25 Prozent deutlich überschritten. Der Volksentscheid sei damit wirksam zustande gekommen, so die stellvertretende Landesabstimmungsleiterin, Ulrike Rockmann. Änderungen gegenüber dem vorläufigen Ergebnis hat es der Landeswahlleitung zufolge bei den Zahlen der Teilnehmenden und der ungültigen Stimmen gegeben.

Ein neuer Senat ist laut Beschlusstext aufgefordert, "alle Maßnahmen einzuleiten", die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind, und dazu ein Gesetz zu erarbeiten. Allerdings ist das Votum für die Politik rechtlich nicht bindend.

Dabei geht es grundsätzlich um Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin, soweit sie eine "Gewinnerzielungsabsicht" verfolgen. Diese sollen vergesellschaftet, also gegen Entschädigung enteignet und in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden.

Sendung: Inforadio, 15.10.2021, 11:40 Uhr

30 Kommentare

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  1. 30.

    Die Rechtsgrundlagen für die zitierten Enteignungen treffen nicht für Berlin zu. Der MDR hat am Ende des Artikel dies auch zusammengefasst und hierzu einen gesonderten Artikel gebracht.
    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/enteignung-wohnungskonzerne-berlin-101.html

  2. 29.

    Nun Battista sieht diese Vergesellschaftung, die Sie fälschlicherweise als Enteignung ansehen, als verfassungswidrig. Zudem darf eine Entschädigung nicht unter Marktwert erfolgen und der ist nun mal auf Grund der fehlten Politik des letzten R2G-Senates enorm gestiegen.
    Zudem sollte das Geld besser in Neubauten gesteckt werden, aber da war bei einem geplanten Baugebiet eine schützenswerte Art, bei einem Anderen wollten die Nachbarn ein paar Bäume erhalten etc. Also verfehlte Politik und meinen Sie die Mieten sinken?

  3. 28.

    Spekulative Preise holt sich der Käufer dann von den Mietern zurück, wie bei den zuletzt erworbenen Schrottimmobilien zu befürchten. BIS WANN wird die Expertenkommission eingesetzt? Und warum soll deren Prüfung EIN JAHR dauern? Geht das nicht schneller? Diverse Gutachten liegen doch schon vor. Wird hier auf Zeit gespielt? Schaffen wir leider in dieser Legislaturperiode nicht...

  4. 27.

    "Eigentlich sollten die sich schämen, denn Enteignungen sind meist Bestandteil von Diktaturen."

    Damit kennen sie sich aus. Aber in einer Demokratie, von der sie keine Ahnung haben, sind Enteignungen möglich.

    "Seit 2009 gab es im Freistaat 27 Enteignungen für Autobahnprojekte. Hunderte Enteignungsverfahren laufen aktuell bundesweit. Seit 2009 gab es pro Jahr mindestens 108 bis 153 Enteignungsverfahren für ein Projekt zum Autobahnbau. Bis Mai 2020 waren es insgesamt 1.647 Verfahren, um Grundstücke von Bauern, Firmeninhabern oder Privatleuten zu enteignen. Rund ein Viertel dieser Verfahren wurden auch abgeschlossen, also Eigentümer enteignet. "

    https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/enteignung-haus-grundstueck-staat-zugriff-100.html

  5. 26.

    Ein interessanter Artikel zu Ihrer These:
    https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/streit-um-immobilien-wann-der-staat-eigentuemer-von-grundstuecken-enteignen-darf/24230818.html

  6. 25.

    "Also logische Erklärung. Zuzug stoppen."
    Wie soll denn Ihrer Meinung nach diese Parole rechtlich haltbar und menschlich verträglich in der Realität umgesetzt werden? Bin echt gespannt.

  7. 24.

    Irgendetwas haben sie, so glaube ich, falsch verstanden. Eine Firma muss profitorientiert wirtschaften. Andernfalls geht sie einfach den Orkus runter und die Angestellten sitzen über kurz oder lang auf der Strasse. Das ist, ebenso wie die "schwarze Null", keine Lösung. Zum profitorientierten Wirtschaften gehört somit auch die Bildung von Rücklagen, die ein oder andere Investition in die Firmenstruktur, das Einkaufen von Waren, etc. Es bleiben im günstigsten Fall nicht vorkalkulierte, aber wünschenswerte, Überschüsse übrig. Damit kann man z.B. auch mal was für die Belegschaft "raushauen", was nicht in Tarifverträgen steht. Mir fällt da so Betriebskita, eine "Chillzone", Pausensport oder auch "gleicher Bonus für alle" (auch die Reinigungskraft)ein. Das dürfte einer Sozialverträglichkeit schon recht nahe kommen und wäre auch auf andere Bereiche analog übertragbar. Wie Wucher dagegen definiert wird, können sie gern ergoogeln. Es hat nichts miteinander gemein.

  8. 23.

    Natürlich wird der Staat nach Werttaxen den Sachwert zahlen, nicht irgendeinen spekulativen "Marktwert". Zumindest spielt ein Marktwert nur eine untergeordnete Rolle. Der seinerzeit veranschlagte Kaufpreis wird eher berücksichtigt. Es handelt sich in dem Fall ja um Geld der Allgemeinheit. Und zur weiteren hemmungslosen Bereicherung der Konzerne durch die Mieter muss ja dann nicht auch noch der Steuerzahler eins drauf geben.

  9. 22.

    An die Redaktion der RBB! Wie üblich sie haben den wichtigsten Aspekt der Enteignung auser Betrachtung gelassen - die Enteignung soll "deutlich unter dem Marktwert " sein. Glauben den wirklich diese möchtegern Politiker, dass die Enteigneten es einfach so hinnehmen. Es ist doch eine übliche Nichenlüge um an die Macht zu kommen; ich bin gespannt, ich wünche sogar das die Enteignung statt findet und dass Karlsruhe den Enteignugswert auf den Marktpreis erhöht.

  10. 21.

    In Berlin ist nicht alles machbar, auch wenn man meint, für Berlin müsste immerzu eine "Extrawurst" gebraten werden, weil hier von Interessengruppen aufgestellte gesellschaftliche Regeln gelten sollen.
    Demnächst, dürften dann die Autofahrer, die sich nicht an Regeln halten......., und dann noch.......

  11. 20.

    Und wo wollen sie bezahlbaren Neubau herbekommen? Neubau senkt, bzw. stabilisiert keine Bestandsmieten und darum geht es.

    Skrupellose Vermieter wie die DW haben den Bogen überspannt und dagegen wehren sich die Berliner.

  12. 19.

    .. Der Mietendeckel? Das BVG hat lediglich festgestellt, dass das Land Berlin nicht berechtigt gewesen war, nur der Bund so etwas beschließen kann. Der "Drops ist also noch nicht gelutscht" im Sinne der Wohnungskonzerne. Somit gibt's hierzu nunmehr Rechtssicherheit. Und, es gibt ja Parteien im Bund, die das Problem ins Wahlprogramm schrieben.

  13. 18.

    Respektvollen Umgang in der Stadt? Nur mal paar Schlagzeilen zu "Deutsche Wohnen", die bezeichnend sind:"Dreist... Unverschãmt.. Mieter Vereinen sich gegen Verkauf ihrer Wohnungen an Deutsche Wohnen.. Datenschutz der Mieterdaten wird ignoriert". Die Leute, die sich hier hinstellen und "Deutsche Wohnen" suchen zu verteidigen, da fragt man sich, ob sie vielleicht Aktionäre sind und um sehr hohe Dividenden fürchten, was wiederum beweist, Venova mit deutsche wohnen haben das Ziel der Monopolstellung und nutzen diese schamlos aus. Und da sagt das GG, was schon ewig gültig ist, aber auch die Verfassung der Stadt Berlin, dass eine Enteignung durchaus machbar ist. Nicht umsonst, mit Wissen der Deutsche Wohnen ob der Rechtslage, boten sie ja gleich Wohnungen der Stadt zum Verkauf an. Ubrigens, in der Diskussion stehen ja NUR Enteignungen von Unternehmen mit über 3000 Wohnungen, wenn sie sich nicht an gesellschaftliche Regeln halten....

  14. 17.

    Verstehe nicht die sinnlosen Diskussionen. Jedes Jahr kommen ca. 40 000 Menschen nach Berlin. Das sind meistens potenzielle Wohnungssuchende. Logisch oder? 6000 werden jedes Jahr gebaut. Bis irgendwann alles zugebaut ist. Und dann? Ich glaube kaum das Brandenburg sich Eingemeinden lässt. Also logische Erklärung. Zuzug stoppen.

  15. 16.

    Wer Neubau für 4 € kalt erwartet, liegt daneben. Dich sollten Sie sich mal über das Berliner Modell und über die Neubaumieten der LWU informieren. Altberliner wissen zudem, dass es nich gar nicht so lange her, daß die Angebotsmieten wegen eines Überangebotes an Wohnungen gesunken waren.

  16. 15.

    Es gibt Hinweise, dass die Initiative zur Vergesellschaftung immer stärker von der Interventionistischen Linken unterwandert word. Wie soll dagegen vorgegangen werden und warum ist auch angesichts der Vorkommnisse der vergangenen Nacht nicht geplant, auch den Linksextremusmzs zu bekämpfen? Hat Lederer sich zu stark dagegen gestellt?

  17. 14.

    Die Leute haben ihren Unwillen mit hohen Mieten zum Ausdruck gebracht, niemand will wirklich enteignen. Das sollte man nicht vergessen.

  18. 13.

    Warum soll dann enteignet werden, wenn dies keinen Wohnraum schafft???
    Auf die Miete haben Enteignungen wohl deutlich weniger Auswirkungen als ein ausreichendes Angebot auf dem Markt.
    Aber da ja heute Ideologie wichtiger ist als Praktische Wohnraumschaffung + Effektiver Mieterschutz, muss man sich über nichts mehr wundern.

  19. 12.

    Berlin ist nur noch peinlich, das Wahlchaos noch allgegenwertig, die Mietendeckel - Niederlage noch nicht "verdaut", und für die nächste "Schlappe" wird bereits jetzt ein kostspieliger Grundstein gelegt.
    Der Senat könnte sich mit dem Thema auch ganz anders befassen, aber nein.

  20. 11.

    Was schäumen hier eigentlich alle?? kein Mensch behauptet, dass Enteignung Wohnraum schaftt. Aber sehr wohl Einfluß auf die Miete hat. Eins haben doch die vergangenen Jahre deutlich gezeigt: Weiter so geht nicht. Der MARKT regelt gar nichts. Er führt zur Verdrängung und Armut. Und das muss man beenden. Nicht nur durch Neubau sondern auch durch Enteignung - damit die Stadt für alle da ist. Denn es gibt kein Grundrecht für Reiche.

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